Gefängnismuseum Pawiak

Muzeum Więzienia Pawiak


In Warschau erinnert seit 1965 das Gefängnismuseum Pawiak an die etwa 100.000 Menschen, die dort im gleichnamigen Gefängnis während der deutschen Besatzung von 1939 bis 1944 inhaftiert waren.

Geschichte

Das Warschauer Gefängnis Pawiak wurde 1830 bis 1835 gebaut, als sich dieser Teil Polens unter Kontrolle des russischen Zarenreichs befand. Als nach dem Ersten Weltkrieg Polen unabhängig wurde, war Pawiak – so benannt nach der Straße, an der es sich befand – Untersuchungsgefängnis. Nach dem Angriff der Wehrmacht auf Polen und dem Einmarsch deutscher Truppen in Warschau im Herbst 1939 wurde es zum Hauptgefängnis der Gestapo. Das Pawiak-Gefängnis war dem Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD unterstellt, die Wachmannschaften bildeten SS-Leute und ukrainische Hilfspolizisten. Obwohl das Gefängnis mitten im 1940 eingerichteten Warschauer Ghetto lag, waren die meisten Inhaftierten nichtjüdische Polen aus Warschau und dem gesamten Generalgouvernement, darunter viele Angehörige des Widerstands und der polnischen Intelligenz. Neben dem Männergefängnis gab es in Pawiak auch eine Frauenabteilung, die »Serbia« genannt wurde.
Das Gefängnis Pawiak war für die brutale Behandlung der Häftlinge berüchtigt. Viele der bis zu 100.000 Häftlinge, die sich zwischen 1939 und 1944 das Gefängnis durchliefen, wurden nach ihrer Verhaftung erschossen oder zu Tode gefoltert. Etwa 60.000 Häftlinge wurden in andere Gefängnisse und Konzentrationslager transportiert. Während des Warschauer Aufstands (August bis Oktober 1944), löste die SS das Gefängnis auf: Am 21. August 1944 ermordeten SS-Leute die letzten Häftlinge und sprengten das Gebäude in die Luft.

Opfergruppen

Das Gestapo-Gefängnis Pawiak in Warschau durchliefen während der deutschen Besatzung bis zu 100.000 Menschen. Viele dieser polnischen politischen Häftlinge wurden in andere Gefängnisse und Konzentrationslager deportiert. Mindestens 32.000 Menschen wurden während ihrer Haft in Pawiak ermordet. Nur wenige Tausend überlebten ihre gesamte Haft.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Auf den Ruinen des gesprengten Gefängnisses wurde 1965 ein flaches Gebäude errichtet, in dem sich seitdem das Gefängnismuseum befindet. Auf dem Gelände des ehemaligen Gefängnisses stehen noch einige Überreste des Gebäudes sowie mehrere Gedenksteine. Ebenfalls dort erinnert ein Baum an die Opfer: Nach dem Krieg hatten Angehörige von Opfern an einer Ulme Gedenktafeln angebracht. Als dieser Baum abstarb, wurde 2005 eine Bronzenachbildung aufgestellt.
Als zentraler Ort der Verfolgung von politischen Gefangenen hat das ehemalige Gefängnis Pawiak enorme symbolische Bedeutung für Polen. So hat auch der polnische Papst Johannes Paul II während einer Pilgerfahrt 1983 die Gedenkstätte besucht. Seit 1990 ist das Museum als Abteilung dem Warschauer Unabhängigkeitsmuseum untergeordnet.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Aleja Jana Pawła II befindet sich ein Gedenkstein für die Opfer des Frauengefängnisses »Serbia«.

Öffnungszeiten

Mittwochs bis sonntags 10.00 bis 17.00
Montags und dienstags geschlossen

Kontakt

http://muzeum-niepodleglosci.pl/pawiak/

pawiak@muzeumniepodleglosci.art.pl

+48 (0) 22 831 131 7

ul. Dzielna 24/26
00-162 Warszawa