Denkmal für die ermordeten Juden in Kirowograd

Пам'ятник євреям - жертвам нацизму


In der Stadt Kropywnyzkyj (bis 2016: Kirowograd) erinnert ein Denkmal und eine Gedenktafel an die ermordeten Juden von Kirowograd. Die Denkzeichen liegen nah beieinander und aller Wahrscheinlichkeit nach in der Nähe der Massenerschießungsstätten.

Geschichte

Kropywnyzkyj ist eine Industriestadt in der Zentralukraine. Die Stadt wurde 1754 unter dem Namen Elisabethgrad gegründet. In sowjetischer Zeit wurde sie zu Ehren eines ermordeten sowjetischen Politikers in Kirowograd umbenannt. 2016 erhielt sie ihren heutigen Namen nach einem ukrainischen Schriftsteller und Dramatiker.
Juden lebten in der Stadt ab Mitte des 18. Jahrhunderts. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es antisemitische Ausschreitungen, viele Juden verließen die Stadt. 1939 hatte die Stadt etwa 100.000 Einwohner, davon etwa 15.000 Juden.
Die deutsche Wehrmacht besetzte die Stadt am 14. August 1941. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich noch etwa 40 Prozent der jüdischen Bevölkerung in der Stadt auf – ein Großteil floh zuvor in den Osten oder schloss sich der Roten Armee an.
Die deutschen Besatzer registrierten an die 5.000 Juden in der Stadt. Zudem stellten sie eine ukrainische Schutzpolizei auf, die an allen antijüdischen »Aktionen« aktiv teilnahm. In den ersten zwei Monaten ermordeten Einheiten des Sonderkommandos 4b mehrere hundert Juden. Opfer waren vor allem Angehörige der gebildeten Oberschicht. Die arbeitsfähigen jüdischen Männer wurden im Arbeitslager Kuschewka südöstlich der Stadt interniert. Mitglieder der deutschen Feldgendarmerie und der SS ermordeten im Laufe des Monats alle internierten Juden in einem Panzergraben auf dem Gelände der ehemaligen Festungsanlage Sankt Elizabeth.
Ende September 1941 ermordete das Polizeibataillon 304 die in der Stadt verbliebenen jüdischen Kinder, Frauen und Männer. Sie wurden gezwungen, sich an unterschiedlichen Orten in der Stadt zu versammeln unter dem Vorwand, sie würden nach Odessa umgesiedelt. Anschließend wurden sie mit Lastwägen zu einem Panzergraben am Ende der Rowenskaja-Straße gefahren, dort ermordet und verscharrt.
Juden, die erst später gefasst wurden, ermordete der SD im Gefängnis in der heutigen Kamarowa-Straße nordwestlich der anderen Mordstätten. Sie wurden ebenfalls in einem Panzergraben unweit des Gefängnisgeländes verscharrt.

Opfergruppen

Vom Ende August bis 12. September 1941 ermordeten Einheiten des Sonderkommandos 4b bis zu 750 Juden. Der Zeitpunkt der Ermordung und die Opferzahl der Juden des Arbeitslagers Kuschevka sind umstritten. Vermutlich wurden am 19. September 1941 etwa 370 männliche Juden von Mitgliedern des SS und der deutschen Feldgendarmerie ermordet. Die größte »Aktion« fand am 30. September 1941 statt. Das Polizeibataillon 304 ermordete bis zu 4.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer. Juden die den Massenerschießungen entgingen, wurden gefasst und am SD Gefängnis ermordet. Bis zu 150 jüdische Kriegsgefangene wurden im Stalag 305 im Ort Adabasch ermordet. An allen Aktionen war die ukrainische Schutzpolizei beteiligt.
Nach Angeben sowjetischer Behörden ermordeten die Deutschen zwischen August und September 1941 in Kirowograd 5.000 Juden.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Kirowograd wurde am 8. Januar 1944 durch die Rote Armee befreit. Weniger als ein Dutzend Juden überlebten die deutsche Besatzung. 1970 lebten wieder an die 10.000 Juden in der Stadt.
1988 wurde eine Gedenktafel vor dem ehemaligen Gefängnis der SD enthüllt, wo sich heute eine Hautklinik befindet. Das Denkmal besteht aus einem Granitstein, an dem eine Marmorplatte angebracht ist, die an 2.000 ermordete sowjetische Opfer erinnert. Dass es sich bei den Opfern um Juden handelte, blieb auf den Denkmälern bis zum Ende der Sowjetunion unerwähnt.
Die Synagoge wurde 1957 von der sowjetischen Verwaltung wegen Baufälligkeit geschlossen und erst wieder 1991 auf Initiative der jüdischen Gemeinde eröffnet. In der Synagoge befindet sich das Museum »Elizabethgrader Juden«.
Im gleichen Jahr wurde ein Denkmal in Erinnerung an die ermordeten Juden von Kirowograd errichtet. Der untere Teil des Denkmals besteht aus zwei Dreiecken, die jeweils so angeordnet sind, dass sie von oben betrachtet einen Davidstern darstellen. An den Seiten erinnert die ukrainische, russische und hebräische Inschrift an die jüdischen Opfer, die zwischen 1941 und 1945 an dieser Stelle ermordet wurden. Der obere Teil besteht aus einer eckigen Säule, deren Seiten am unteren Teil mit Basreliefs verziert sind. Auf diesen sind jeweils zwei Handflächen, zwei Vögel und Ornamente eingraviert. Das Denkmal ist 6,5 Meter hoch.
2005 wurde ein Gedenkstein auf dem Platz vor der Synagoge aufgestellt. Die russische Inschrift erinnert an die Juden, die sich vor ihrer Ermordung auf diesem Platz versammeln mussten. Auf dem Stein ist auch ein Bibelzitat auf Hebräisch eingraviert.
Ein weiteres Mahnmal befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Sankt-Elisabeth-Festung. Die Gedenktafel erinnert laut Inschrift an 50.000 sowjetische Einwohner die zwischen 1941 und 1944 ermordet wurden und an dieser Stelle begraben sein sollen.
Alle Denkmäler befinden sich im Stadtzentrum.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

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