Stalag XVII B Krems-Gneixendorf

Stalag XVII B Krems-Gneixendorf


Im Stadtteil Gneixendorf im niederösterreichischen Krems an der Donau erinnern seit 2000 vier Gedenktafeln und mehrere Gedenksteine an das Schicksal der Häftlinge im ehemaligen Kriegsgefangenenlager »Stalag XVII B«.

Geschichte

1939 ließ die Wehrmacht im Gneixendorf in der Nähe von Krems an der Donau das Mannschaftsstammlager »Stalag« XVII B errichten. Es war eines der größten Kriegsgefangenenlager im deutschen Reichsgebiet.
Im Verlauf des Krieges waren in dem Lager zeitweise bis zu 66.000 Kriegsgefangene inhaftiert. Unter ihnen waren vor allem Franzosen, Belgier, Serben, Polen, Briten, sowjetische und italienische Gefangene. Außerdem befanden sich 4.000 Angehörige der amerikanischen Luftwaffe im Lager. Die Mehrzahl von ihnen leistete Zwangsarbeit in einem der zahlreichen Arbeitskommandos. Sie mussten Arbeiten in der regionalen Land- und Forstwirtschaft, im Bergbau, in Industrie und Gewerbe oder im Bauwesen verrichten.
Die sowjetischen Gefangenen litten unter besonders schlechten Bedingungen. Unter ihnen waren bei Weitem die meisten Todesopfer zu beklagen. Etwa 1.640 wurden auf dem Lagerfriedhof »Waldfriedhof Krems-Gneixendorf« beerdigt. Auch einige Kriegsgefangene anderer Nationalitäten wurden hier beigesetzt.
Mit dem Herannahen der Roten Armee Anfang April 1945 trieben die Wachmannschaften alle gehfähigen Lagerinsassen auf einen Fußmarsch in das dreihundert Kilometer entfernte Auffanglager Weilhartsforst bei Braunau. Am 3. Mai 1945 befreiten US-Truppen Weilhartsforst. Das Stalag XVII B, in dem sich zu diesem Zeitpunkt noch einige nicht-marschfähige Häftlinge befanden, befreite die Rote Armee am 9. Mai 1945.

Opfergruppen

An den Bedingungen im Lager und der Zwangsarbeit starben etwa 1.640 sowjetische Kriegsgefangene und einige Häftlinge anderer Nationalitäten.

Erfahre mehr über Österreich

Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Bereits 1945 bargen sowjetische Militärangehörige die Leichen der etwa 1.640 Rotarmisten, die auf dem Lagerfriedhof bestattet waren.
Die ehemaligen Lagerbaracken dienten sowjetischen Truppen nach 1945 vorübergehend als Unterkünfte. Später wurden Gebäude des Lagers abgerissen und das Areal eingeebnet. Heute sind nur noch wenige Überreste sichtbar.
Im Jahr 2000 errichtete der Kremser Künstler Christian Gmeiner an vier markanten Punkten des einstigen Lagerareals Tafeln mit der Aufschrift »Stalag XVII B ?«. Die Tafeln erinnern gemeinsam mit mehreren Gedenksteinen an der Flughafenstraße an das Kriegsgefangenenlager und das Schicksal der Häftlinge.

Angebote

Schüler- und Erwachsenenführungen

Öffnungszeiten

Die Gedenktafeln sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.erinnern.at/bundeslaender/oesterreich/gedaechtnisorte-gedenkstaetten/katalog/stalag_xvii_b

cgmeiner@aon.at

+43 (0)273 275 077