Gedenkstätte Arbeitserziehungslager Hohenbruch

Место концентрационного лагеря »Хохенбрух«


Im Ort Lauknen (ab 1938: Hohenbruch, heute russisch: Gromowo), am Großen Moosbruch im ehemaligen Ostpreußen, erinnern seit 1995 verschiedene Gedenkzeichen an Häftlinge des Polizeihaftlagers Hohenbruch, dem späteren »Arbeitserziehungslager« Hohenbruch, die dort erschossen wurden. Ab 1939 existierte an diesem Ort das Polizeihaftlager, von 1941 bis 1945 das »Arbeitserziehungslager« Hohenbruch.

Geschichte

Im Großen Moosbruch bei Lauknen (nach 1938 Hohenbruch), einem weitläufigen Moor in Ostpreußen nahe der litauischen Grenze, richtete die Staatspolizeileitstelle Königsberg, eine Dienststelle der Gestapo, im Herbst 1939 ein Polizeihaftlager ein. In einem Gebäudekomplex an der Straße nach Mehlauken, in dem bis 1934 eine Außenstelle des Zuchthauses Wartenburg ansässig war, wurden im Herbst 1939 unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die ersten Häftlinge gefangen gehalten. Die Staatspolizei brachte vor allem Angehörige der polnischen Minderheit in Ostpreußen nach Hohenbruch. Im Rahmen der sogenannten Intelligenzaktion wurden vor allem Menschen der gebildeten polnischen Oberschicht gezielt in Lager deportiert und ermordet, da sie den Nationalsozialisten nach der Besetzung Polens als gefährlich galten. So wurde Seweryn Pieniężny, Eigentümer und Chefredakteur der Gazeta Olsztyńska (deutsch: Allensteiner Zeitung), Sprachrohr der polnischen Minderheit in Ostpreußen, im September 1939 von der Gestapo verhaftet und ins Lager gebracht. Zusammen mit drei weiteren Häftlingen wurde er am 24. Februar 1940 in der Nähe von Hohenbruch erschossen. Viele Häftlinge wurden von Hohenbruch aus in andere Lager gebracht und dort ermordet. Seit September 1939 befanden sich auch etwa Hundert deutsche Häftlinge im Lager Hohenbruch: vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden aus Ostpreußen. Später diente das Lager in Hohenbruch als sogenanntes Arbeitserziehungslager (AEL), in dem die Häftlinge mehrere Wochen lang gefangen gehalten wurden und Zwangsarbeit leisten mussten. Zum größten Teil handelte es sich um ausländische Zwangsarbeiter, die aus ihren ursprünglichen Lagern zu ihrer Disziplinierung und Erziehung in ein Arbeitserziehungslager eingeliefert wurden. Die Häftlinge mussten im Lager Hohenbruch Zwangsarbeit leisten: Sie führten Rodungsarbeiten in Wäldern aus, wurden bei der Kartoffelernte und beim Straßenbau eingesetzt. In Hohenbruch bewachte die SS im Auftrag der Gestapo etwa 600 Gefangene, ab 1944 vermutlich sogar zwischen 1.500 und 3.000. Die Rote Armee erreichte das Lager im Januar 1945.

Opfergruppen

Nach Schätzungen war das Arbeitserziehungslager Hohenbruch mit etwa 600 Häftlingen belegt, die meisten von ihnen kamen aus Polen, einige aber auch aus Tschechien und aus Litauen. Im Verlauf des Krieges kam eine größere Anzahl russischer Kriegsgefangener nach Hohenbruch. Die Gesamtzahl der Häftlinge des Lagers ist jedoch nicht mehr rekonstruierbar. Vermutlich starben in den Lagern in Hohenbruch zwischen 1939 und 1945 etwa 50 Menschen. Am 24. Februar 1940 erschoss die SS vier polnische Häftlinge im Rahmen der »Intelligenzaktion«. Sie sind namentlich bekannt, unter ihnen der Zeitungsbesitzer und Journalist Seweryn Pieniężny.

Erfahre mehr über Russische Föderation

In der Russischen Föderation ist der 9. Mai – der Gedenktag an den Sieg der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg gegen den »Hitlerfaschismus« – der bedeutendste Feiertag, der aus der sowjetischen Vergangenheit übernommen wurde. Am 23. August 1939 hatte die Sowjetunion unter Josef Stalin (1878–1953) zunächst einen »Nichtangriffspakt« mit dem Deutschen Reich geschlossen. Beide Regime verständigten sich darin über ihre »Interessensphären« in Ostmitteleuropa und beschlossen unter anderem die gemeinsame Teilung Polens. Ab dem 22. Juni 1941 marschierten die deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten in sowjetisches Territorium ein. Bei Kriegsende 1945 waren auf dem besetzten sowjetischen Gebiet nach neueren Schätzungen insgesamt bis zu 28 Millionen Tote in Armee und Bevölkerung zu beklagen. Die sowjetische Erinnerungskultur ist im heutigen Russland wieder dominierend. Ihre Sinnbilder – wie die monumentalen Denkmäler in Sankt Petersburg oder Wolgograd – sind noch immer beliebt und weiterhin Schauplatz großer Gedenkveranstaltungen am 9. Mai. Diese Erinnerungsstätten sind allerdings weniger Orte der Trauer und des Totengedenkens als vielmehr der Heldenverehrung. Der Opfer wurde lange Zeit gar nicht, später als »Opfer des Faschismus« gedacht. Die Wirkungsmacht dieser Sicht auf die Vergangenheit lässt sich beispielhaft am Konflikt um eine 1995 aufgestellte Skulptur vor dem Museum des Großen Vaterländischen Kriegs in der Hauptstadt Moskau ablesen. Das Denkmal »Tragödie der Völker« ist den etwa zwanzig Millionen zivilen Opfer der Jahre 1941 bis 1944 in der Sowjetunion gewidmet und sollte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Russlands markieren. Nach heftiger Kritik an der auch in der Bevölkerung als zu pessimistisch empfundenen Aussage musste das Denkmal hinter das Gebäude versetzt werden. Zugleich gab es aber auch nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen wie »Memorial«, die sich mit verdrängten Kapiteln der Geschichte beschäftigten, wie mit den Gefangenen der Roten Armee und Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Sie galten nach ihrer Rückkehr als Verräter, wurden pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt und erneut in Lagern inhaftiert. Auch im Rahmen des staatlich-offiziellen Gedenkens gab es immer wieder engagierte lokale Kulturämter, die besondere Denkmäler und eine die Opfer einbeziehende Gedenkkultur durchsetzten. Dass an einigen Orten, häufig mit geringsten finanziellen Mitteln, kleine Erinnerungsstätten entstanden sind, ist oft auch dem Engagement von Privatpersonen oder von jüdischen Gemeinden zu verdanken. Etwa 100.000 sowjetische Juden auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation waren nach 1941 vor allem Massenerschießungen der SS-Einsatzgruppen und ihrer Helfer zum Opfer gefallen. Zu Sowjetzeiten wurde an sie als »friedliche Bürger« erinnert. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ging man dazu über, an offiziellen Denkmälern zusätzliche Tafeln anzubringen und die jüdischen Opfer zu benennen oder durch eine Übersetzung der Inschrift ins Hebräische ins Gedächtnis zu rufen. In Ansätzen gab es auch russische Forschung zum Holocaust. 2012 eröffnete in Moskau das auch von internationalen Experten anerkannte Jüdische Museum und Toleranzzentrum. Gleichzeitig wurde das politische Regime in Russland immer nationalistischer, in der Staatspropaganda dominiert ein offen revisionistisches Geschichtsnarrativ, das mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch aggressiver wurde. Währenddessen wurden wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch »Memorial«, massiv unterdrückt.

Erinnerung

Am Standort eines ehemaligen Reichsarbeitsdienst-Lagers (RAD-Lager), etwa acht Kilometer vom ehemaligen Polizeihaftlager entfernt, wurde 1995 ein Holzkreuz zum Gedenken der vier erschossenen Polen errichtet, 2009 kam ein Denkmal aus Stein hinzu. Im März 2011 wurde das Holzkreuz durch ein Steinkreuz ersetzt.
Zwischen 2011 und 2015 betreute die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit deutschen, polnischen und russischen Teilnehmern, um die Geschichte des Lagers dem Vergessen zu entreißen. Dabei hat es sich unter anderem ergeben, dass es bei der Errichtung der Denkmäler wahrscheinlich eine Verwechslung des RAD-Lagers mit dem Polizeihaftlager beziehungsweise dem AEL gab. Auf dem eigentlichen Gelände des ehemaligen Arbeitserziehungslagers sind nur noch wenige Spuren und bauliche Überreste sichtbar. Im Juni 2015 wurde auf Initiative der Stiftung Denkmal eine Informationstafel in deutscher, russischer und polnischer Sprache am historischen Ort aufgestellt.
Etwa einen Kilometer hinter dem Lagergelände befindet sich in einem waldigen Moorgebiet ein Stein für einen ermordeten Litauer und fünf weitere, unbekannte Häftlinge.

Angebote

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.
GPS-Koordinaten des ehemaligen Lagers: 54°57'56.4"N 21°26'13.4"E

Kontakt

Hauptstraße des Ortes Lauknen (Gromowo)