Historisches Museum der Befreiung – Via Tasso

Museo Storico della Liberazione


Während der deutschen Besatzung Roms befand sich die Zentrale des deutschen Terrorapparats in der Via Tasso 145/155. Im Haus wurde ein Gefängnis eingerichtet, in dem politische Gegner und Juden gefangen gehalten und gefoltert wurden. Seit 1957 befindet sich dort das »Historische Museum der Befreiung«.

Geschichte

Die Via Tasso ist im Zentrum Roms gelegen, nicht weit von der Piazza San Giovanni in Laterano entfernt. Das Haus in der Via Tasso 145/155 wurde Ende der 1930er Jahre durch Prinz Francesco Ruspoli gebaut. Die deutsche Botschaft nutzte vier Stockwerke des Hauses bis September 1943. Nach dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten und der Flucht von Königsfamilie und Regierung wurde Rom am 11. September 1943 von deutschen Truppen besetzt. Obwohl sie Rom offiziell zur »offenen Stadt« erklärten, hielten sich die Besatzer nicht im Geringsten an die entsprechenden Regelungen des Haager Abkommens. An zahlreichen Orten führten deutsche Sicherheitskräfte Terroraktionen gegen Zivilisten durch, insbesondere gegen Juden und politische Gegner. Hunderte wurden ermordet, weit über 1.000 in Konzentrationslager verschleppt. Das Haus in der Via Tasso war einer der bedeutendsten Orte des Terrors. Dort residierte der Kommandant der Sicherheitspolizei (SiPo) und des Sicherheitsdienstes (SD), SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler. Einen Teil des Gebäudes nutzte die SiPo als Kaserne; in diesem Flügel befanden sich Büros, Lagerräume und Unterkünfte für Offiziere und Unteroffiziere. Die andere Hälfte diente als Gefängnis. Die Bedingungen waren katastrophal: Die Häftlinge wurden in fensterlosen Zellen festgehalten, brutal verhört und gefoltert.
Bei der Befreiung Roms durch die Alliierten am 4. Juni 1944 flüchtete das Personal und ließ einige Häftlinge eingesperrt im Gefängnis zurück, die später von Römern befreit werden konnten. 14 Gefangene, die in einem Lastwagen auf der Flucht mitgenommen worden waren, wurden bei La Storta, etwas außerhalb von Rom, erschossen.

Opfergruppen

In den Gefängniszellen der Via Tasso waren zwischen dem 11. September 1943 und dem 4. Juni 1944 rund 2.000 Menschen inhaftiert. Die meisten waren Juden und politische Gefangene – aber auch Zivilisten, von denen sich die Sicherheitspolizei Informationen über den Aufenthalt von Widerstandskämpfern oder Juden erhoffte, waren unter den Gefangenen. Die meisten Häftlinge wurden von der Via Tasso aus in andere Gefängnisse oder in Konzentrationslager verlegt.
Die SS deportierte während der Besatzung mindestens 1.600 Juden aus Rom. Die größte und bekannteste Verhaftungswelle fand am 16. Oktober 1943 unter Führung des für Italien zuständigen »Judenreferenten« Theodor Dannecker statt. 1.259 Juden wurden dabei festgenommen, die Mehrheit von ihnen Frauen und Kinder. Über 1.000 von ihnen deportierte die SS am 18. Oktober 1943 vom Güterbahnhof Stazione Tiburtina aus in Richtung Auschwitz, wo sie am 22. Oktober ankamen. Die SS ermordete fast alle sofort in den Gaskammern.
Mehrere Dutzend politische Gefangene aus der Via Tasso wurden entweder auf der Festung »Forte Bravetta« oder am 24. März 1944 beim Massaker in den Ardeatinischen Höhlen von den deutschen Besatzern ermordet. Von den 77 Personen, die den Quellen zufolge in der Forte Bravetta hingerichtet wurden, sind einige vermutlich bereits während der Haft in der Via Tasso und im Gefängnis »Regina Coeli« gestorben. 14 Häftlinge aus der Via Tasso wurden bei der Flucht vor den Alliierten mitgenommen und bei La Storta, einem Vorort von Rom, erschossen. Fast alle Opfer sind namentlich bekannt.

Erfahre mehr über Italien

Das Königreich Italien wurde seit 1922 von Benito Mussolini (1883–1945), dem »Duce« (Führer), und seiner faschistischen Partei diktatorisch regiert. Bis Mitte der 1930er Jahre spielte Antisemitismus in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle; diskriminierende Maßnahmen wurden erst 1938 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt lebten über 46.000 Juden in Italien. Das italienische Staatsgebiet umfasste damals auch die Halbinsel Istrien sowie einige heute griechische Inseln, darunter Rhodos mit seiner traditionsreichen jüdischen Gemeinde. Die italienische Regierung, enger Verbündeter des Deutschen Reiches, beteiligte sich bis zum Herbst 1943 nicht an Massendeportationen von Juden in deutsche Vernichtungslager. Erst als das Land von Norden her durch die deutsche Wehrmacht besetzt wurde – der Süden war bereits durch amerikanische und britische Truppen befreit –, begann der deutsche SS- und Polizeiapparat, den Plan der systematischen Ermordung der italienischen Juden umzusetzen. Über eine Zwischeninternierung wurden die Menschen durch halb Europa nach Auschwitz deportiert, viele von ihnen unmittelbar danach in die Gaskammern getrieben. Die Zahl der ermordeten oder gewaltsam zu Tode gekommenen Juden aus Italien (ohne die italienisch besetzten Gebiete) beträgt zwischen 7.000 und 8.500 Personen. Zehntausende italienische Juden und jüdische Flüchtlinge konnten sich durch Emigration retten oder versteckten sich mit Hilfe von Nichtjuden. Über 2.000 gerieten nicht mehr in den deutschen Machtbereich, weil sie in Süditalien rechtzeitig durch die Alliierten befreit wurden. Von 1943 bis 1945 kam es in Norditalien zu heftigen Kämpfen zwischen den deutschen Besatzern und italienischen Partisanen der kommunistisch dominierten Widerstandsbewegung »Resistenza«. Die deutschen Truppen reagierten mit grausamen Vergeltungsmaßnahmen und Massakern, zum Beispiel in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. Insgesamt fanden während des Zweiten Weltkrieges über 400.000 Italiener – Soldaten, Zivilisten und Partisanen – den Tod. Nach Kriegsende wurde der Partisanenkampf zum zentralen Aspekt italienischen Selbstverständnisses und in der Erinnerungskultur zum Mythos der eigenen Befeiung vom Faschismus. Eine Auseinandersetzung mit der weitverbreiteten Unterstützung Mussolinis im eigenen Land unterblieb meist. Die bekannten Gedenkorte, wie das frühere Konzentrationslager Risiera di San Sabba bei Triest oder die Einrichtungen in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen, sind – wie auch zahlreiche Museen – dem Widerstand gewidmet. Erinnerungsstätten auf dem Gelände früherer Internierungslager für Juden sind dagegen selten und gedenken eher der Retter als der Verfolgten, wie es die Villa Emma in Nonatola zeigt, in der versteckte jüdische Kinder überlebten. Die Ausrichtung auf Menschenrechtserziehung, die auf Gegenwart und Zukunft bezogen ist, stellt das Bindeglied vieler dieser Einrichtungen dar. Mittlerweile rückt die Erinnerung an die deportierten und ermordeten Juden mehr in den Vordergrund. 2013 eröffnete die Memoriale della Shoah di Milano am Mailänder Hauptbahnhof. Die Errichtung eines zentralen Holocaustdenkmals in Rom wurde 2023 beschlossen.

Erinnerung

Nach Kriegsende lebten in der Via Tasso 145/155 zunächst Familien, deren Häuser während des Krieges zerstört worden waren. 1950 schenkte Prinzessin Josepha Ruspoli dem italienischen Staat vier Wohnungen, in denen sich Gefängniszellen befunden hatten, um dort die Einrichtung eines Museums zur Geschichte des Befreiungskampfes um Rom zu ermöglichen. In den folgenden Jahren wurde der Grundstock für das »Historische Museum der Befreiung« gelegt, das schließlich 1957 mit einer Ausstellung eröffnet werden konnte. Sie ist bis heute unverändert geblieben. Das Museum erinnert auf drei Stockwerken an den Widerstand, die Kämpfe um Rom, die Häftlinge der Via Tasso und das Massaker in den Ardeatinischen Höhlen. Seit 1997 ist auch eine Ausstellung zur Geschichte der römischen Juden zwischen 1938 und 1944 sowie des Antisemitismus in Italien zu sehen.
Einige Räume, die während der Besatzung als Zellen dienten, sind bis ins kleinste Detail wiederhergestellt worden. An den Wänden, insbesondere in der ehemaligen Isolationszelle, befinden sich viele, oftmals im Dunkeln eingeritzte Botschaften der Häftlinge. Das Museum hat jedes Jahr mehr als 15.000 Besucher.
In Rom erinnern zudem mehrere Denkmäler an die Deportation der römischen Juden, so etwa die Gedenktafeln in der Via del Portico d’Ottavia 29, in der Via della Lungara 83c oder die Gedenksteine auf Gleis 1 des Bahnhofs Tiburtina, an der Fassade der Synagoge (Lungotevere de’Cenci), auf der Piazza dell’Immacolata 28, in der Via degli Zingari 13–14 und auf dem Friedhof Verano.

Angebote

Bibliothek, Archiv und Dokumentation, Führungen auf Anfrage, Veranstaltungen mit Zeitzeugen

Öffnungszeiten

Täglich 9.00 bis 19.00, letzter Einlass um 18.30.
Im August sowie an Weihnachten, am 1. Januar, an Ostern und am 29. Juni geschlossen.

Kontakt

http://www.viatasso.eu/

info@museoliberazione.it

+39 06 700 38 66

Via Tasso, 145
00185 Roma