Gedenkstein für die ermordeten Juden aus Łomazy

Tablica pamiątkowa na cmentarzu żydowskim


Im ostpolnischen Ort Łomazy erinnert ein Gedenkstein im Wald an die etwa 1.700 Juden, die im Sommer 1942 von deutschen Polizisten und »hilfswilligen« Ukrainern erschossen wurden.

Geschichte

Der kleine Ort Łomazy liegt heute im Osten Polens, etwa hundert Kilometer nordöstlich der Großstadt Lublin. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten viele Juden in dem Ort: Etwa die Hälfte der über 3.000 Einwohner. 1939 besetzte die Wehrmacht den westlichen Teil Polens, so auch die Umgebung von Lublin und den Ort Łomazy. Die Juden von Łomazy mussten ab 1940 in ein Ghetto umziehen und Zwangsarbeit leisten, wie alle 300.000 Juden, die im Distrikt Lublin lebten. Ab Sommer 1942 begann die SS damit die Juden aus der Umgebung von Lublin in die Vernichtungslager zu deportieren. In manchen Orten wurden die Juden vor Ort erschossen. Am 18. August 1942 trieb das Hamburger Reserve-Polizeibataillon 101 die Juden von Łomazy auf dem Schulhof zusammen, darunter auch viele Juden, die aus Hamburg und anderen Orten nach Łomazy verschleppt wurden. Während etwa 1.700 jüdische Männer, Frauen und Kinder bei brütender Hitze auf dem Schulhof verharren mussten, zwangen Ordnungspolizisten etwa sechzig bis siebzig kräftige jüdische Männer in einem nahegelegenen Waldstück eine Grube auszuheben. Später trieben die deutschen Polizisten die Juden zu der Grube. Dort wurden die jüdischen Männer, Frauen und Kinder von betrunkenen ukrainischen »Hilfswilligen« und deutschen Polizisten erschossen. Die im SS-Lager bei Trawniki ausgebildeten Ukrainer, die aus Lagern für sowjetische Kriegsgefangene rekrutiert worden waren, übernahmen zunächst das Morden, später beteiligten sich die Polizisten auch selbst an der Erschießung.

Opfergruppen

Die meisten der etwa 1.700 jüdischen Opfer stammten aus Łomazy und Umgebung. Unter den Ermordeten befanden sich jedoch auch einige Juden, die im Frühjahr 1942 von Hamburg aus nach Polen verschleppt worden waren.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Ein Gedenkstein wurde 1988 von einem Verband überlebender Juden aus Łomazy auf einem Massengrab auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof errichtet, in das die Toten nach der Befreiung umgebettet wurden. Ein weiteres Denkmal wurde später im Wald Hały, an der Stelle der Erschießungen errichtet.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

ul. Brzeska
21-532 Testort