Gedenkstätte SS-Sonderlager / KZ Hinzert

Gedenkstätte SS-Sonderlager / KZ Hinzert


Etwa 25 Kilometer von Trier entfernt befand sich das Polizeihaft- und SS-Sonderlager Hinzert. In der Anfangszeit seines Bestehens nutzten es die Nationalsozialisten als »Arbeitserziehungslager«. Ab 1940 wurde Hinzert zunehmend zu einem Durchgangslager für Häftlinge aus fast allen besetzten Ländern Europas. Die Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände erinnert mit einem Dokumentations- und Begegnungshaus an das Schicksal der tausenden Häftlinge.

Geschichte

1938 begannen der Bau einer Befestigungsanlage entlang der Westgrenze des Deutschen Reiches und Vorarbeiten für den Ausbau der Reichsautobahn. In diesem Zusammenhang errichteten die NS-Behörden ein Barackenlager auf dem Hunsrück für dienstverpflichtete Arbeiter der Deutschen Arbeitsfront und der Organisation Todt. Diese Männer hatten polizeiliche Haftstrafen auferlegt bekommen. Im Oktober 1939 übernahm der spätere Lagerkommandant von Buchenwald, SS-Sturmbannführer Hermann Pister die Lagerleitung. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte die Errichtung eines »SS-Sonderlagers« auf dem Gelände des Polizeihaftlagers. Mit Kriegsbeginn entstanden entlang des Westwalls weitere »Arbeitserziehungslager« für »Arbeitsscheue« und »Arbeitsverweigerer«. Die inhaftierten Männer sollten nach wenigen Wochen Haft wieder für den Arbeitseinsatz zur Verfügung stehen. Alle diese so genannten Westlager fielen unter die Zuständigkeit des SS-Sonderlagers Hinzert. Nachdem Hinzert im Juli 1940 dem Inspekteur der Konzentrationslager unterstellt wurde, übernahm es zunehmend Aufgaben eines KZ. Neben straffällig gewordenen »Westwall«-Arbeitern inhaftierte die SS verstärkt regimekritische Personen. Ab 1941/42 kamen neben verhafteten Widerstandskämpfern aus dem benachbarten Luxemburg mehrere so genannte Nacht- und Nebel-Häftlinge aus Frankreich in das Lager. 1943 wurden hier polnische Zivilarbeiter festgesetzt, die im Rahmen einer geplanten Aufnahme in die deutsche »Volksgemeinschaft« vom »Rasse- und Siedlungshauptamt« auf ihre Herkunft überprüft wurden. Das für etwa 550 Häftlinge ausgerichtete Stammlager war ständig stark überbelegt. Die Häftlinge verlieh die SS zur Zwangsarbeit an Unternehmen und Institutionen. Im Januar 1945 wurde Hinzert dem KZ Buchenwald unterstellt. Im März 1945 befreiten amerikanische Truppen das Lager. Ein Großteil der Häftlinge hatte die SS zuvor auf einen Todesmarsch in Richtung Buchenwald geschickt.

Opfergruppen

Insgesamt waren zwischen September 1939 und März 1945 mindestens 13.000 Menschen in Hinzert und seinen etwa zwanzig Außenlagern inhaftiert. 321 Todesfälle gelten als gesichert, die tatsächliche Zahl liegt vermutlich bei mehr als 1.000. Viele der Gefangenen starben durch die häufigen Misshandlungen der SS-Wachmannschaften, aber auch durch die schlechten Arbeitsbedingungen, die unzureichende Verpflegung und durch Krankheiten. Zwischen Mai 1942 und Oktober 1943 wurden knapp 2.000 französische, belgische und niederländische Regimegegner als »Nacht-und-Nebel« Häftlinge ohne Benachrichtigung der Angehörigen nach Hinzert verschleppt. Viele von ihnen deportierte die SS von dort in andere Gefängnisse und Lager, darunter die KZ Buchenwald, Natzweiler oder Dachau. Mehrere Angehörige der luxemburgischen Résistance wurden bei Hinzert erschossen: zwanzig im September 1942, weitere 23 im Februar 1944. Etwa siebzig sowjetische Kriegsgefangene wurden 1941 hier ermordet. Aus fast allen besetzten Staaten in Europa stammten Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die von der SS als »Arbeitsverweigerer« in Hinzert inhaftiert wurden.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

1946 wurde das Gelände erstmals als Gedenkort gestaltet. Die französische Militäradministration legte einen Friedhof an, auf dem die Überreste von 217 Häftlingen begraben wurden. 1986 wurde auf dem Gelände ein Denkmal aufgestellt, das der ehemalige luxemburgische Häftling Lucien Wercollier schuf. Seit 1992 ist die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz für die Gedenkstätte verantwortlich. Als eines ihrer ersten Projekte errichtete sie mehrere Informationstafeln nahe der »Stätten der Unmenschlichkeit« auf dem ehemaligen Lagergelände. In Zusammenarbeit mit dem Förderverein KZ Hinzert e.V. erarbeitete sie eine neue Dauerausstellung über das Lager, sie thematisiert Opfer und Täter. Die Ausstellung ist in dem 2005 eröffneten, von einem Architekturbüro in Saarbrücken entworfenen Dokumentations- und Begegnungshaus zu sehen. Der Neubau erhielt 2006 den Preis des Deutschen Stahlbaues.

Angebote

Dauerausstellung, kostenlose Führungen nach vorheriger Absprache

Öffnungszeiten

Dienstags bis freitags 9.00 bis 13.00 und 14.00 bis 17.00, samstags, sonntags und an Feiertagen 14.00 bis 17.00, montags geschlossen

Kontakt

http://www.gedenkstaette-hinzert-rlp.de

info@gedenkstaette-hinzert-rlp.de

+49 (0) 6586 992 493