Gedenkstätte Vulkan

Gedenkstätte Vulkan


Seit 1998 erinnert ein Mahnmal an die drei nationalsozialistischen Läger, die 1944/45 in Haslach bestanden und an das Schicksal der Opfer.

Geschichte

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in der Nähe von Haslach Vorkommen des Gesteins Amphibolit entdeckt, das vor allem im Straßen- und Eisenbahnbau genutzt wird. Im Zuge des Abbaus ab 1911 wurden Stollen durch das Gebirge getrieben, die teilweise mehrere hundert Meter lang waren
1944, als die Alliierten regelmäßig Einsätze gegen deutsche Ziele flogen, war die deutsche Führung bestrebt, die Rüstungsproduktion unter Tage zu verlegen. In einem nie zuvor gesehenen Ausmaß wurden Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Gefangene als Arbeitskräfte herangezogen. Gleichzeitig kam die Front nach der Landung der Alliierten im Sommer 1944 immer näher, so dass die Lager Natzweiler-Struthof und Schirmeck-Vorbruck im Elsass geräumt wurden.
Ab September 1944 entstanden in Haslach drei Lager mit dem Zweck, Motorenteile für die Firma Daimler-Benz in den Stollen zu produzieren. Das erste Lager, Sportplatz genannt, wurde als Außenlager des KZ Natzweiler in einem Lagerschuppen der Wehrmacht direkt im Stadtgebiet eingerichtet. Die ersten 399 Häftlinge waren größtenteils französische Widerstandskämpfer, die unter anderem über das KZ Dachau überstellt wurden. Später kamen 251 Gefangene aus dem KZ Flossenbürg dazu. Die Gefangenen wurden im Straßenbau und beim Ausbau der Stollen eingesetzt. Den fünf Kilometer langen Aufstieg zu den Stollen mussten die Gefangenen täglich zu Fuß zurücklegen. Viele von ihnen starben an Erschöpfung und Krankheiten, die wegen der schlechten hygienischen Bedingungen im Lager grassierten.
Das zweite Lager, »Vulkan«, existierte ab dem 4. Dezember in einem Stollen mit 700 Gefangenen, die größtenteils aus Frankreich und aus der Sowjetunion stammten. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren katastrophal, das Wachpersonal misshandelte die Gefangenen regelmäßig.
Das dritte Lager, »Außenlager Kinzigdamm«, wurde am 10. Dezember 1944 in zwei Baracken am Stadtrand errichtet. Die Gefangenen dieses Lagers wurden ebenfalls in den Stollen, oder bei lokalen Betrieben eingesetzt.

Opfergruppen

In den drei Haslacher Lagern waren bis zu ihrer Auflösung im Frühjahr 1945 bis zu 1.700 Gefangene aus 21 Nationen inhaftiert. Die Gefangenen stammten aus Konzentrationslagern, aber auch aus anderen nationalsozialistischen Zwangslagern und aus Kriegsgefangenenlagern. In den drei Haslach-Lagern starben 223 Gefangene an Krankheiten, Erschöpfung oder Misshandlungen. Viele starben an den Todesmärschen nach der Auflösung der Lager im März/April 1945.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Am 21. April 1945 nahmen französische Truppen Haslach ein. 1946 ließ die französische Armee die Massengräber von 210 Opfern der Haslach-Lager öffnen. Sie wurden anschließend auf einem neu angelegten Alliiertenfriedhof feierlich bestattet. Diejenigen, die identifiziert werden konnten, wurden in den folgenden Jahren nach und nach in ihre Heimat überführt. Später wurden 75 Opfer, die bis heute nicht identifiziert werden konnten, in einem Ehrengrab auf dem Haslacher Friedhof bestattet.
1947 wurden Angehörige der ehemaligen Wachmannschaften vor ein französisches Militärgericht gestellt. Karl Buck (1894–1977), in dessen Zuständigkeit die Haslach-Lager fielen und der für seine Brutalität berüchtigt war, wurde zum Tode verurteilt. Seine Strafe wurde später in lebenslängliche Haft umgewandelt. 1955 wurde er an die deutschen Behörden ausgeliefert, die ihn freiließen und 1957 alle Verfahren gegen ihn einstellten.
1948 wurden die Stollen durch die französische Armee gesprengt. In den 1950er Jahren nutzte die französische Armee das Gelände des Lagers Vulkan als Munitionsdepot. In den 1970er Jahren wurde in der Nähe eine kommunale Mülldeponie errichtet.
Die erste Gedenkveranstaltung wurde im Oktober 1970 organisiert, als sich auf dem ehemaligen Gelände des Lagers Sportplatz etwa 300 ehemalige Gefangene, französische Widerstandskämpfer und Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) trafen und eine Gedenktafel an der Baracke einweihten. 1979 wurde die Baracke abgerissen und die Tafel an der Markthalle angebracht, die an ihrer Stelle errichtet wurde.
Bis auf wenige engagierte Bürger interessierte sich vor Ort jahrzehntelang kaum jemand für die Geschichte der Lager in Haslach. In den 1990er Jahren wurde auf Initiative von zwei SPD-Lokalpolitikern beschlossen, am historischen Ort ein Mahnmal entstehen zu lassen. Am 25. Juli 1998 konnte schließlich etwas unterhalb des ehemaligen Steinbruches die Gedenkstätte Vulkan eingeweiht werden. Das zentrale Element ist ein gesenktes Kreuz, das von Steinen umgeben ist. Das Mahnmal stammt vom Haslacher Künstler Frieder Haser. In der Nähe informieren zwölf Informationstafeln über die Geschichte der Lager und das Schicksal der Gefangenen.
In den folgenden Jahren fanden sieben große Gedenkfeiern statt, an denen ehemalige Häftlinge und ihre Familienangehörigen teilnahmen.

Angebote

Führungen auf Anfrage

Öffnungszeiten

Die Gedenkstätte ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.gedenkstaette-vulkan.de

info@gedenkstaette-vulkan.de

+49 (0)7832 2015

Breitestraße 4
77716 Haslach im Kinzigtal