Gedenkstätte Theresienstadt

Památník Terezín


In Theresienstadt (tschechisch: Terezín), einer von den Habsburgern Ende des 18. Jahrhunderts gegründeten Garnisonsstadt nordwestlich von Prag, erinnern Denkmale, Friedhöfe und ein Museum an das ehemalige Ghetto und an die Menschen, die darin starben. Von den zehntausenden Bewohnern des jüdischen Ghettos überlebten nur wenige den Holocaust. In der nahe gelegenen Kleinen Festung erinnert eine Gedenkstätte an die politischen Häftlinge, die im Gestapogefängnis inhaftiert waren.

Geschichte

Nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei im März 1939 lebten 118.000 Juden auf dem Gebiet des neuen »Reichsprotektorats Böhmen und Mähren«. Während der ersten zwei Jahre der Besatzung konnten etwa 27.000 von ihnen auswandern oder fliehen. 1941 begannen die deutschen Behörden mit Deportationen, die Transporte fuhren in die Ghettos Minsk und Lodz. Die meisten Juden wurden jedoch in Theresienstadt ghettoisiert; die alten Festungsanlagen ermöglichten eine völlige Abriegelung der jüdischen Bevölkerung. Die etwa 7.000 christlichen Einwohner mussen die Stadt verlassen, Ende 1942 lebten etwa 56.700 Menschen auf engstem Raum zusammengedrängt. Theresienstadt wurde zudem als »Musterghetto« zu einem Objekt der NS-Propaganda. Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs und ältere Juden aus dem Deutschen Reich wurden hierher gebracht. Sie wurden dadurch von den seit 1942 laufenden Transporten in die Vernichtungslager zunächst ausgenommen. Dies hatte taktische Gründe, wurden die Juden aus dem Reich doch offiziell zum »Arbeitseinsatz« in den Osten geschickt; die Einbeziehung älterer Menschen wäre unglaubwürdig. Auch Juden aus anderen besetzten Ländern wurden hierher gebracht. Bis zuletzt gelang es der NS-Propaganda, Theresienstadt als lebenswerte jüdische Stadt darzustellen. In Wahrheit wurden die Einwohner rücksichtslos ausgebeutet, die katastrophalen Lebensbedingungen führten zu einer hohen Sterblichkeit unter den Ghettobewohnern. Bereits Anfang 1942 begannen Transporte in die östlichen deutschen Besatzungsgebiete, die Menschen wurden dort in andere Ghettos eingewiesen, erschossen oder direkt in Vernichtungslager gebracht. Insgesamt durchliefen etwa 140.000 Menschen das Ghetto, aus dem bei Kriegsende lediglich 19.000 Menschen befreit werden konnten.
Nebenan, in der so genannten Kleinen Festung unterhielt die Gestapo ein Gefängnis. Insgesamt etwa 32.000 Menschen, vor allem politische Gefangene aus dem Protektorat, waren hier bei extrem harten Bedingungen eingesperrt.

Opfergruppen

Etwa 140.000 Juden waren insgesamt im Ghetto Theresienstadt. Im Ghetto selbst starb ein Fünftel der Bewohner, 88.000 wurden in andere Ghettos und Konzentrationslager deportiert, fast alle wurden ermordet. Rund 19.000 Menschen erlebten im Ghetto die Befreiung durch die Rote Armee. In der Kleinen Festung hielt die Gestapo insgesamt rund 32.000 politische Gegner gefangen, von denen etwa 2.600 am Ort starben und 1.000 in anderen Konzentrationslagern ermordet wurden.

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Die tschechischen Länder Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien gehörten bis 1918 zu Österreich-Ungarn und schlossen sich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Slowakei zur Tschechoslowakei zusammen. Von Herbst 1938 bis Frühjahr 1939 wurde der Staat in mehreren Schritten durch das Deutsche Reich zerschlagen: Im September 1938 schloss Deutschland das überwiegend von einer deutschen Bevölkerung bewohnte Grenzland im Norden und Westen als »Sudetengau« dem Reichsgebiet an. Übrig blieb die sogenannte Resttschechei, deren Gebiet am 14. März 1939 von der deutschen Wehrmacht eingenommen wurde. Zugleich erklärte die Slowakei ihre Unabhängigkeit. Die Tschechoslowakei hörte auf, zu existieren; die tschechischen Länder standen fortan als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter deutscher Kontrolle. Der entstehende Widerstand der Bevölkerung wurde blutig unterdrückt, zugleich begann die Verfolgung von Juden und Roma. Von den rund 120.000 Juden der böhmischen Länder wurden etwa 78.000 während des Holocaust ermordet. Dabei diente die ehemalige Festung Theresienstadt (Terezín) als zentraler Ort der Internierung und Durchgangslager in die Vernichtungszentren im Osten. Zudem wurden etwa 8.000 nichtjüdische Tschechen ermordet, davon etwa 1.700 während der Terrorwelle nach dem tödlichen Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich (1904–1942) am 27. Mai 1942. Als Reaktion machten deutsche Polizeikräfte das Dorf Liditz (Lidice) und den Weiler Ležáky dem Erdboden gleich. 1945, vier Tage vor Kriegsende, brach in Prag und anderen tschechischen Städten ein bewaffneter Aufstand aus, der sich vor allem gegen tschechische Kollaborateure und die deutsche Minderheit richtete. Die Erinnerung an die Jahre von 1938 bis 1945 ist vor allem durch das Trauma der völligen Zerschlagung des Landes geprägt. Im Zentrum standen die Verbrechen der Nationalsozialisten und lange Zeit der Wunsch nach Rache. Eine der Folgen war die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung. Zu dieser Erinnerung gehört heute aber auch das schmerzliche Bewusstsein des relativ schwachen Widerstands und der verbreiteten Kollaboration. Die wiederhergestellte Tschechoslowakei war ab 1948 kommunistisch. Die Erinnerung an den Holocaust hatte kaum Platz, zumal das Land in den frühen 1950er Jahren, auf dem Höhepunkt der stalinistischen Säuberungen, von einer judenfeindlichen Welle erschüttert wurde. In der Erinnerungskultur wurde – neben den im »Ostblock« üblichen Huldigungen an die siegreiche Rote Armee – besonders die Erinnerung an das Massaker von Lidice gepflegt. Hier war es möglich, die Brutalität der Nationalsozialisten darzustellen, ohne an den Holocaust erinnern zu müssen. Mit dem Ende des Staatssozialismus 1989 änderte sich dies; eine Entwicklung, die in der Reformzeit des Prager Frühlings 1968 bereits einmal eingesetzt hatte, aber mit dem Einmarsch von Staaten des Warschauer Pakts gestoppt worden war. Schrittweise gerät in Teilen der tschechischen Gesellschaft so auch die Erinnerung an eine heute zerstörte, in Jahrhunderten gewachsene Kultur des Zusammenlebens von Tschechen, Deutschen und Juden in den Blick, nicht nur in der Hauptstadt Prag werden ihre Spuren immer sichtbarer Der wichtigste Ort der Erinnerung an die Opfer des Holocaust ist die Gedenkstätte auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos Theresienstadt (Terezín). Zum offenen Konflikt kam es seit den 1990er Jahren in Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager Lety, in das böhmische Roma gezwungen worden waren, bevor sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Lange war hier ein Schweinemastbetrieb untergebracht, der ein würdiges Gedenken unmöglich machte. Dieser wurde 2022 abgerissen, um für eine Gedenkstätte Platz zu machen.

Erinnerung

Nach dem Krieg diente die Kleine Festung als Internierungslager für Kriegsgefangene, Nationalsozialisten und mutmaßliche Kriegsverbrecher. Es waren aber auch sudetendeutsche Zivilisten hier interniert, bevor sie aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden. Die Prager Regierung beschloss 1947, die Kleine Festung in eine »Gedenkstätte des nationalen Martyriums« umzuwandeln. Unter dem kommunistischen Regime lag der Schwerpunkt der offiziellen Erinnerungspolitik auf Heldentum und Leiden von kommunistischen Widerstandskämpfern in der Kleinen Festung, während die Existenz eines jüdischen Ghettos nur beiläufig Erwähnung fand. Erst nach der »Samtenen Revolution«, im Jahre 1991, konnte ein Museum eröffnet werden, in dem eigens das Schicksal der Juden im Ghetto Theresienstadt dargestellt werden konnte.
Der nationale Friedhof vor der Kleinen Festung, auf dem die Gebeine und die Asche Tausender Opfer bestattet wurde, war ein wichtiger Ort der Erinnerung nach dem Krieg. An der Eger wird an die etwa 22.000 Juden erinnert, deren Asche in den Fluss gekippt wurde. Es gibt auch einen jüdischen Friedhof und einen sowjetischen Soldatenfriedhof. Seit 1997 wird die »Magdeburger Kaserne«, in der die jüdische Selbstverwaltung des Ghettos ihren Sitz hatte, für Ausstellungen über das Leben im Ghetto, aber auch für Tagungen und Jugendbegegnungen, genutzt.

Angebote

Archiv, Fachbibliothek, Bildungsprogramme für Kinder und Jugendliche, Jahrbuch, Newsletter, verschiedene Gedenkfeiern

Öffnungszeiten

Kleine Festung: täglich 1. April bis 31. Oktober 8.00 bis 18.00, 1. November bis 31. März 8.00 bis 16.30
Ghetto-Museum und Magdeburger Kaserne: täglich 1. April bis 31. Oktober 9.00 bis 18.00, 1. November bis 31. März 9.00 bis 17.30
Vom 24. bis 26. Dezember und am 1. Januar geschlossen.

Kontakt

http://www.pamatnik-terezin.cz

pamatnik@pamatnik-terezin.cz

+420 (0)416 782 225

Principova alej 304
41 155 Terezín