Gedenkstätte Lidice

Památník Lidice


Im Juni 1942 wurde das Dorf Lidice (deutsch: Liditz) im Zuge einer nationalsozialistischen Vergeltungsaktion ausgelöscht. Wo sich früher das Dorf befand, erinnern heute ein Museum, eine Galerie und ein Park an das Verbrechen und an die Opfer.

Geschichte

In Lidice, einem kleinen Ort nordwestlich von Prag, lebten 1942 etwa 500 Menschen. Nachdem der Chef des Reichsicherheitshauptamts und stellvertretender Reichsprotektor für Böhmen und Mähren Reinhard Heydrich an den Folgen des Attentats von tschechischen Widerstandskämpfern am 4. Juni 1942 starb, begann eine Welle von brutalen Vergeltungsmaßnahmen im Protektorat. So verdächtigte die Gestapo eine Bauernfamilie in Lidice mit den Attentätern in Kontakt zu stehen, da ein Sohn der Familie Mitglied der tschechischen Exilarmee in Großbritannien war. Die deutschen Besatzer wollten auf dem Bauernhof ein Exempel statuieren.
In der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1942 kamen Einheiten der Kladnoer Schutzpolizei, der Gestapo und der Wehrmacht ins Dorf. Alle Einwohner wurden verhaftet und sämtliche Männer auf dem Hof der verdächtigten Familie erschossen. Anschließend zündeten die Besatzer die Häuser an und machten das Dorf später dem Erdboden gleich. Die Frauen und Kinder brachten sie in die nahe gelegene Stadt Kladno, wo sie drei Tage in einer Turnhalle festgehalten wurden. Danach wurden die Kinder gewaltsam von den Frauen getrennt. Die Frauen wurden später ins Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt, die Kinder ins Ghetto Lodz. 82 von ihnen deportierte die SS von dort ins Vernichtungslager Kulmhof und erstickte sie durch Motorabgase in LKW. Lediglich 17 Kinder aus Lidice, die die SS als »eindeutschungswürdig« betrachtete, überlebten in Erziehungsanstalten oder bei deutschen Pflegefamilien den Krieg.

Opfergruppen

Bei der Vergeltungsaktion in Lidice wurden 173 Männer noch vor Ort erschossen. 7 Frauen wurden noch im Juni 1942 im Protektorat hingerichtet, 50 starben in Konzentrationslagern. 82 Kinder sind im Vernichtungslager Kulmhof vergast worden. Von den früheren Einwohnern des Dorfes überlebten lediglich 143 Frauen und 17 Kinder den Krieg.

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Die tschechischen Länder Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien gehörten bis 1918 zu Österreich-Ungarn und schlossen sich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Slowakei zur Tschechoslowakei zusammen. Von Herbst 1938 bis Frühjahr 1939 wurde der Staat in mehreren Schritten durch das Deutsche Reich zerschlagen: Im September 1938 schloss Deutschland das überwiegend von einer deutschen Bevölkerung bewohnte Grenzland im Norden und Westen als »Sudetengau« dem Reichsgebiet an. Übrig blieb die sogenannte Resttschechei, deren Gebiet am 14. März 1939 von der deutschen Wehrmacht eingenommen wurde. Zugleich erklärte die Slowakei ihre Unabhängigkeit. Die Tschechoslowakei hörte auf, zu existieren; die tschechischen Länder standen fortan als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter deutscher Kontrolle. Der entstehende Widerstand der Bevölkerung wurde blutig unterdrückt, zugleich begann die Verfolgung von Juden und Roma. Von den rund 120.000 Juden der böhmischen Länder wurden etwa 78.000 während des Holocaust ermordet. Dabei diente die ehemalige Festung Theresienstadt (Terezín) als zentraler Ort der Internierung und Durchgangslager in die Vernichtungszentren im Osten. Zudem wurden etwa 8.000 nichtjüdische Tschechen ermordet, davon etwa 1.700 während der Terrorwelle nach dem tödlichen Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich (1904–1942) am 27. Mai 1942. Als Reaktion machten deutsche Polizeikräfte das Dorf Liditz (Lidice) und den Weiler Ležáky dem Erdboden gleich. 1945, vier Tage vor Kriegsende, brach in Prag und anderen tschechischen Städten ein bewaffneter Aufstand aus, der sich vor allem gegen tschechische Kollaborateure und die deutsche Minderheit richtete. Die Erinnerung an die Jahre von 1938 bis 1945 ist vor allem durch das Trauma der völligen Zerschlagung des Landes geprägt. Im Zentrum standen die Verbrechen der Nationalsozialisten und lange Zeit der Wunsch nach Rache. Eine der Folgen war die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung. Zu dieser Erinnerung gehört heute aber auch das schmerzliche Bewusstsein des relativ schwachen Widerstands und der verbreiteten Kollaboration. Die wiederhergestellte Tschechoslowakei war ab 1948 kommunistisch. Die Erinnerung an den Holocaust hatte kaum Platz, zumal das Land in den frühen 1950er Jahren, auf dem Höhepunkt der stalinistischen Säuberungen, von einer judenfeindlichen Welle erschüttert wurde. In der Erinnerungskultur wurde – neben den im »Ostblock« üblichen Huldigungen an die siegreiche Rote Armee – besonders die Erinnerung an das Massaker von Lidice gepflegt. Hier war es möglich, die Brutalität der Nationalsozialisten darzustellen, ohne an den Holocaust erinnern zu müssen. Mit dem Ende des Staatssozialismus 1989 änderte sich dies; eine Entwicklung, die in der Reformzeit des Prager Frühlings 1968 bereits einmal eingesetzt hatte, aber mit dem Einmarsch von Staaten des Warschauer Pakts gestoppt worden war. Schrittweise gerät in Teilen der tschechischen Gesellschaft so auch die Erinnerung an eine heute zerstörte, in Jahrhunderten gewachsene Kultur des Zusammenlebens von Tschechen, Deutschen und Juden in den Blick, nicht nur in der Hauptstadt Prag werden ihre Spuren immer sichtbarer Der wichtigste Ort der Erinnerung an die Opfer des Holocaust ist die Gedenkstätte auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos Theresienstadt (Terezín). Zum offenen Konflikt kam es seit den 1990er Jahren in Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager Lety, in das böhmische Roma gezwungen worden waren, bevor sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Lange war hier ein Schweinemastbetrieb untergebracht, der ein würdiges Gedenken unmöglich machte. Dieser wurde 2022 abgerissen, um für eine Gedenkstätte Platz zu machen.

Erinnerung

1947 begann die Tschechoslowakei damit, den zurückgekehrten Überlebenden in der Nähe des ehemaligen Dorfes Lidice eine neue Ortschaft mit dem gleichen Namen aufzubauen. Es entstanden eine Gedenkstätte sowie ein symbolisches Grab für die ermordeten Männer. 1955 konnte schließlich der »Rosengarten der Freundschaft und des Friedens« zum Gedenken an die Opfer eingeweiht werden. 1962 wurden die Gedenkstätte sowie ein kleines Museum eröffnet. Seit 2000 steht eine Skulpturengruppe auf dem Gelände, die die ermordeten Kinder aus Lidice darstellen soll. Die Bildhauerin Marie Uchytilová arbeitete von 1969 bis zu ihrem Tod 1989 an dem Werk, die Bronzeabgüsse entstanden in den 1990er Jahren mit Hilfe von Spenden aus Tschechien und dem Ausland. Seit 2003 ergänzt eine Kunstgalerie das Angebot der Gedenkstätte, sie befindet sich im neuen Dorf.

Angebote

Dauerausstellung, Wechselausstellungen, Workshops für Kinder im Bildungszentrum der Kunstgalerie, jährliche Gedenkfeier am 10. Juni, dem Jahrestag der Vernichtung des Dorfes

Öffnungszeiten

Museum: November bis März täglich 9.00 bis 16.00, April bis Oktober täglich 9.00 bis 17.00
Galerie: November bis März 9.00 bis 16.00, April bis Oktober täglich 9.00 bis 17.00.

Kontakt

http://www.lidice-memorial.cz

lidice@lidice-memorial.cz

+420 (0)312 253 088

Tokajická 152
27354 Lidice