Denkmal für die Opfer des Massakers von Novi Sad

Споменик жртвама рације у Новом Саду


In der serbischen Stadt Neusatz an der Donau (serbisch: Novi Sad, ungarisch: Újvidék) erinnert am Ufer der Donau seit 1971 ein Denkmal an die etwa 800 Juden und 700 Serben, die im Januar 1942 von ungarischen Einheiten ermordet wurden.

Geschichte

Neusatz an der Donau ist die Hauptstadt der zwischen den Flüssen Donau und Save gelegenen autonomen Provinz Wojwodina. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Ungarn dieses Gebiet an das neue Königtum der Serben, Kroaten und Slowenen abtreten. 1940 hatte Neusatz 68.500 Einwohner, unter ihnen etwa 4.300 Juden. Im April 1941 eroberten deutsche, italienische und ungarische Truppen Jugoslawien, das Land wurde zerstückelt. Ungarn besetzte mit dem Gebiet Batschka einen Teil der Wojwodina und annektierte das ehemals ungarische Territorium. Sofort nach der Besetzung begannen die ungarischen Behörden gegen Juden vorzugehen. Im Januar 1942 beschloss der Kommandant General Feketehalmy-Czeydner als Reaktion auf Überfälle serbischer Partisanen rund um Neusatz Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Am 22. Januar 1942 holten ungarische Gendarmen mehrere Hundert Juden und Serben aus ihren Häusern und trieben die Kinder, Frauen und Männer bei etwa Minus 25 Grad zur Donau. Dort mussten sich die frierenden Menschen an einer Badestelle am Donauufer aufreihen. Nach und nach erschossen die Gendarmen und Soldaten die Opfer und stießen die Leichen in den Fluss. Das Morden dauerte noch den folgenden Tag an. Ähnliche Massaker fanden in der gesamten Umgebung statt.

Opfergruppen

Bei der sogenannten Razzia im Januar 1942 erschossen ungarische Gendarmen und Soldaten in Neusatz mindestens 879 Menschen, darunter viele Serben und mindestens 550 Juden. Andere Quellen geben sogar höhere Zahlen an und gehen von über 3.200 Opfern aus, von denen die Mehrheit Serben und etwa 820 Juden waren. Die genaue Zahl der Todesopfer steht nicht fest.

Erfahre mehr über Serbien

Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Königreich Serbien im gemeinsamen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen auf, das 1929 von Alexander I. (1888–1934) aus der serbischen Königsfamilie Karađorđević in eine – meist von serbischen Offizieren gestützte – Diktatur umgewandelt wurde und den Namen Jugoslawien erhielt. Im April 1941 wurde dieser Staat von deutschen Truppen und ihren italienischen, ungarischen und bulgarischen Verbündeten erobert und in einzelne annektierte, besetzte und scheinsouveräne Gebiete zerschlagen. Die serbische Batschka fiel an Ungarn und Südserbien an Bulgarien, während die übrigen serbischen Landesteile unter deutsche Besatzung gerieten. Der Widerstand wurde von der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (Partisanen) und von königstreuen serbischen Milizen (Tschetniks) unter General Dragoljub Mihailović (1893–1946) getragen; beide Gruppen bekämpften sich auch gegenseitig. Ab Herbst 1941 weitete die deutsche Militärverwaltung ihren Kampf gegen den Untergrund zu einem regelrechten Krieg gegen die Zivilbevölkerung aus. Für jeden getöteten deutschen Soldaten sollten hundert, für jeden verwundeten fünfzig Serben ermordet werden. Binnen weniger Wochen erschossen Angehörige der Wehrmacht als »Vergeltung« nahezu alle jüdischen Männer und Tausende männliche Roma. Auch der kommunistische Widerstand in Serbien wurde zerschlagen oder vertrieben, so dass sich fortan die Tschetniks allein gegen die Fremdherrschaft zur Wehr setzten. Im Oktober 1944 marschierten die Rote Armee und in deren Windschatten Einheiten der »Volksbefreiungsarmee« unter Führung von Marschall Josip Broz Tito (1892–1980) in Serbien ein. Das Gebiet wurde eine von sechs Teilrepubliken im neuen Bundesstaat Jugoslawien. Tito wurde kommunistischer Staatschef und ließ Zehntausende früherer Gegner und Zivilisten – darunter Tschetniks – verfolgen und ermorden. Die staatliche Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg wurde vom Partisanenkampf geprägt; überall entstanden entsprechende Denkmäler, ebenso an Orten von Massenerschießungen von Zivilisten wie Kragujevac. Zugleich nutzte Tito dieses Gedenken, um Gegensätze zwischen den einzelnen Völkern Jugoslawiens, zwischen verschiedenen Formen des Widerstands, des Terrors und der Kollaboration zu überdecken. Die Erinnerung an die Opfer des Holocaust und des Massenmordes an Roma weist immer noch Lücken auf. Nach dem Tod Titos, besonders von 1989 bis 2000 unter Präsident Slobodan Milošević (1941–2006), wandte sich die Erinnerung in Serbien vom »Kroaten« Tito ab; ihm und seinen kommunistischen Partisanen gewidmete Denkmäler wurden abgeräumt, Straßen umbenannt. Statt dessen erlebten die seit 1944/45 geächteten königstreuen Tschetniks und ihr Anführer Mihailović eine starke Aufwertung. Noch während der Auflösung Jugoslawiens begann die serbisch dominierte Jugoslawische Volksarmee im Sommer 1991 einen Krieg gegen Kroatien, der bis Ende 1995 andauerte. Dabei wurde auch die dortige Gedenkstätte Jasenovac durch serbische Einheiten besetzt und stark beschädigt, das Museum geplündert. Im Januar 2009 fand das erste von Serben organisierte Seminar zur Geschichte des Holocaust statt. Diese Veranstaltung stand im Zusammenhang mit einer Feier, bei der Christen und Juden des Massakers an mindestens 3.775 Juden, Roma und Serben Ende Januar 1942 durch ungarische Einheiten in Neusatz (Novi Sad) gedachten. Der wichtigste authentische Ort des Holocaust in Serbien ist das ehemalige Messegelände Sajmište in Belgrad, wo 1942 bis zu 7.500 Juden mit Motorabgasen ermordet worden waren und später das »Anhaltelager Semlin« stand. 2020 beschloss das serbische Parlament, auf dem verfallenden Gelände eine angemessene Gedenkstätte einzurichten.

Erinnerung

Die in Serbien als »Razzia« (serbisch: Racija) bekannt gewordenen Massaker führten in Ungarn zu einem innenpolitischen Skandal, in dessen Folge die Haupttäter noch während des Krieges strafrechtlich verfolgt wurden. Die meisten von ihnen konnten jedoch fliehen und fanden zunächst in Deutschland Unterschlupf. General Feketehalmy-Czeydner wurde nach dem Krieg vom inzwischen sowjetisch besetzten Ungarn an Jugoslawien ausgeliefert und 1946 dort hingerichtet.
1971 wurde eine Plastik des aus der Wojwodina stammenden serbischen Künstlers Jovan Soldatović am Ufer der Donau errichtet. Das Denkmal trägt den Namen »Die Familie« (serbisch: Porodica) und erinnert an die Kinder, Frauen und Männer, die im Januar 1942 ermordet wurden. Später wurden dem Denkmal Hinweistafeln in verschiedenen Sprachen sowie Gedenktafeln mit den Namen von Opfern hinzugefügt.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Kej žrtava racije
Novi Sad