In Neustadt in Holstein, gelegen in der Lübecker Bucht, erinnert seit 1990 ein Museum an die Versenkung der »Cap Arcona« und zweier weiterer Schiffe mit KZ-Häftlingen an Bord. Über 6.000 Häftlinge starben, als britische Jagdbomber die nicht gekennzeichneten Schiffe am 3. Mai 1945 angriffen und versenkten.
Geschichte
Im April 1945 begann die SS alle Konzentrationslager (KZ) vor den anrückenden alliierten Truppen zu räumen. Die Häftlinge wurden auf so genannte Todesmärsche geschickt. Am 20. April verließen bis zu 9.000 KZ-Häftlinge das Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg in Richtung Lübeck. Am 26. April 1945 brachte die SS die Häftlinge aus Neuengamme und anderen Lagern an Bord von drei Schiffen, die seeuntauglich in der Lübecker Bucht im Neustädter Hafen lagen. Eines davon war der Passagierdampfer »Cap Arcona«, früher das Flaggschiff der Hamburg-Südamerika-Linie. Die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal: Viele Häftlinge waren unter Deck ohne Licht und ohne Luftzufuhr untergebracht, es gab fast keine Lebensmittel an Bord und schnell brachen Seuchen aus. Mehrere Tage lang lagen die Schiffe als »schwimmende KZ« im Hafen. Am 2. Mai 1945 trafen weitere Schiffe mit über 1600 Häftlingen aus dem KZ Stutthof in Neustadt ein. Zwei solcher Schleppkähne liefen in der Nacht des 2. Mai ans Ufer bei Neustadt, am Vormittag des 3. Mai erschossen SS und SD etwa 200 der Häftlinge aus Stutthof am Strand. Am Nachmittag griffen britische Jagdbomber die nicht gekennzeichneten Schiffe an, die sofort kenterten. Sowohl die Flugzeuge als auch die Mannschaften in den Rettungsbooten feuerten auf die Häftlinge im Wasser. Nur wenige Hundert Menschen überlebten. Bis heute ist unklar, was die SS mit den Häftlingen auf den Schiffen plante.
Der Untergang der »Cap Arcona« gehört neben der Versenkung der »Wilhelm Gustloff« zu den größten Katastrophen der Schifffahrtsgeschichte.
Opfergruppen
Über 6.000 KZ-Häftlinge kamen bei der Versenkung der »Cap Arcona« und der weiteren Schiffe im Neustädter Hafen ums Leben. Nur etwa 500 Menschen überlebten. Die Häftlinge kamen zum größten Teil aus dem Konzentrationslager Neuengamme, etwa 1.600 kamen aus dem KZ Stutthof mit Schiffen über die Ostsee. Die getöteten Häftlinge stammten aus ganz Europa, aus insgesamt 24 Nationen.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Das Cap Arcona Museum wurde 1990, zum 45. Jahrestag der Angriffe auf die Häftlingsschiffe eingeweiht. Es befindet sich in einem Anbau an das historische »Kremper Tor«, das auch das Ostholstein-Museum beherbergt. In Neustadt und Umgebung gibt es mehrere Cap-Arcona Friedhöfe, sowie ein Ehrenmal auf dem Ehrenfriedhof der Stadt Neustadt.
Öffnungszeiten
Ostern bis Oktober: Dienstag bis Samstag von 10.30 bis 17.00, Sonntag und an Feiertagen von 14.00 bis 17.00;
November bis Ostern: Freitag 15.00 bis 17.00, Samstag 10.00 bis 12.00, Sonntag 14.00 bis 16.00;
Weitere Termine nach Vereinbarung.