Ehrenfriedhof und Museum Palmiry

Cmentarz i muzeum w Palmyrach


Der Wald von Palmiry in der Nähe von Warschau ist einer der wichtigsten Orte nationaler Erinnerung in Polen. Während der deutschen Besatzung wurden hier fast 2.000 Angehörige der gebildeten polnischen Oberschicht ermordet.

Geschichte

Die deutsche Wehrmacht nahm die polnische Hauptstadt Warschau am 28. September 1939 ein. Polen war militärisch geschlagen und zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt worden. Um potentiellen polnischen Widerstand im Keim zu ersticken, gingen bald beide Besatzungsmächte dazu über, Angehörige der polnischen Eliten zu verfolgen und in großer Zahl zu ermorden.
Zum einen der bekanntesten Orte dieser Morde wurde ein Waldstück in der Nähe der Ortschaft Palmiry, etwa 20 Kilometer nordwestlich von Warschau. Zuvor war hier ein Munitionslager der polnischen Armee, das während der Kriegshandlungen gesprengt wurde. Die so entstandene Lichtung nutzten deutsche Sicherheitskräfte (Gestapo, SS, SD, Sicherheitspolizei) zwischen Dezember 1939 bis Juli 1941 in mindestens 20 Fällen als Ort von Exekutionen. Die Opfer waren meist Angehörige der polnischen Oberschicht: Politiker, Intellektuelle, Künstler und Geistliche, die vor allem im berüchtigten Pawiak-Gefängnis, dem Hauptgefängnis der Gestapo, gefangen gehalten wurden. Viele der Ermordeten waren Juden. Die Opfer wurden mit LKW nach Palmiry gebracht, dort an zuvor ausgehobenen Gruben erschossen und anschließend verscharrt.
Die größte Massenerschießung im Wald von Palmiry führten die deutschen Sicherheitskräfte im Rahmen der sogenannten AB-Aktion (für »Außerordentliche Befriedungsaktion«) durch. Diese war im Mai für die besetzten polnischen Gebiete beschlossen worden, nachdem sich polnischer Widerstand zu organisieren begann. Allein an den beiden Tagen 20. und 21. Juni wurden 358 Gefangene des Pawiak-Gefängnisses in Palmiry erschossen, darunter 82 Frauen.
Die Mordaktionen in Palmiry fanden im Juli 1941 ein Ende – mit der Zeit ließ sich Palmiry als Ort von Massenerschießungen nicht mehr geheim halten. Polnischen Untergrundorganisationen war es sogar gelungen, Exekutionen heimlich zu fotografieren.

Opfergruppen

Auf dem Friedhof in Palmiry sind 2.252 Polen bestattet, die während der deutschen Besatzung bei verschiedenen Terroraktionen ermordet wurden. Etwa 1.800 wurden in Palmiry selbst erschossen. Die übrigen Opfer wurden an anderen Orten erschossen, ihre sterblichen Überreste sind nach dem Krieg am Ehrenfriedhof bestattet worden.
Unter den in Palmiry Ermordeten befanden sich zahlreiche polnische Prominente, zum Beispiel Politiker, Journalisten, Militärs, Hochschullehrer, Geistliche und Sportler. Unter den Opfern waren auch viele Juden. Die genaue Zahl der Opfer ist unbekannt; es ist nicht auszuschließen, dass sich im Wald weitere, bisher unentdeckte Massengräber befinden.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Die Massenerschießungen im Wald von Palmiry blieben nicht vor den polnischen Anwohnern verborgen. Es wurde dokumentiert, wenn Gefangentransporte zu sehen oder Schüsse aus dem Wald zu hören waren. Bereits während des Krieges wurde Palmiry so zu einem symbolischen Ort, das wie kaum ein anderer für die Verbrechen der deutschen Besatzer in Polen stand.
Das Polnische Rote Kreuz öffnete 1945/46 die Massengräber. In vielen Fällen gelang es, die Opfer zu identifizieren, da sie in der Regel persönliche Gegenstände bei sich behalten durften. Nach der Exhumierung wurde der Ort als Ehrenfriedhof hergerichtet, 1948 eine Gedenkstätte eröffnet.1973 eröffnete hier das »Museum des Kampfes und des Martyriums« (polnisch: Museum Walki i Męczeństwa).
Im März 2011 eröffnete ein neues »Museum – Ort der Erinnerung Palmiry« (polnisch: »Muzeum – Mejsce Pamieci Palmiry«) als Ersatz für das alte, für nicht mehr zeitgemäß gehaltene Museum. Sein Träger ist das Historische Museum Warschau.

Angebote

Polnische und englische Führungen nach Absprache

Öffnungszeiten

Mai bis Oktober dienstags bis sonntags 10.00 bis 18.00
November bis April dienstags bis sonntags 9.00 bis 16.00
Letzter Eintritt 30 Minuten vor Schließung

Kontakt

https://palmiry.muzeumwarszawy.pl/

palmiry@muzeumwarszawy.pl

+48 (0)22 720 8114