Gedenkstätte »Laura«

Gedenkstätte »Laura«


In dem thüringischen Ort Schmiedebach errichteten Häftlinge des KZ Buchenwald in einer Schiefergrube unter Tage das »Vorwerk Mitte« für die Produktion der V2-Rakete. Die schwere Zwangsarbeit und die harten Bedingungen im KZ-Außenlager »Laura« führten zu einer hohen Sterberate unter den Häftlingen. Eine Gedenkstätte erinnert seit 1979 an ihr Schicksal.

Geschichte

Als im August 1943 die Heeresanstalt in Peenemünde durch britische Bomber getroffen wurde, veranlasste die nationalsozialistische Führung die Dezentralisierung der V2-Waffen-Produktion und ihre Verlegung unter Tage. Im mitteldeutschen Raum ließen sie an mehreren Standorten unterirdische Produktionsstätten errichten. Teile der Raketenfertigung wurden in eine Schiefergrube des Ortes Schmiedebach verlegt. Nach der Beschlagnahmung durch die SS entstand hier innerhalb kurzer Zeit eine unterirdische Fertigungs- und Lagerstätte für die V2-Raketenproduktion, die zu einer Testanlage für Triebwerke der V2 ausgebaut wurde. Für die Erweiterung der Schiefergrube in den Fels hinein und für den Bau des »Vorwerk Mitte« genannten Rüstungswerkes forderte die SS Häftlinge aus dem KZ Buchenwald an. Die Zwangsarbeiter mussten in etwa 250 Meter Tiefe Stollen ausbauen, Gleisanlagen verlegen und Beton- und Erdarbeiten ausführen. Nach seiner Fertigstellung kam die schwere Arbeit im »Vorwerk Mitte« hinzu. Für die Häftlinge ließ die SS auf einem ehemaligen Landwirtschaftsgut das KZ-Außenlager »Laura« errichten. Eine große Scheune wurde dort zur Hauptunterkunft umgebaut. Durch ständige Transporte aus dem KZ Buchenwald war das Lager Ende 1943 mit etwa 1.200 Häftlingen überfüllt. Zu diesem Zeitpunkt mussten in der Scheune bis zu 600 Männer Platz finden. Aufgrund der körperlich schweren Arbeit und der schlechten Lebensbedingungen im Lager waren die meisten bereits nach wenigen Wochen durch Krankheit und Schwäche arbeitsunfähig.

Opfergruppen

Unter den über 2.500 KZ-Häftlingen, die im »Vorwerk Mitte« Zwangsarbeit leisten mussten, befanden sich vor allem Häftlinge aus Frankreich, Belgien, der Sowjetunion und Polen sowie etwa 170 italienische Militärinternierte. In der Endphase des Krieges war »Laura« Auffanglager für ungefähr 200 polnische Juden. Über 500 Häftlinge starben im Außenlager und im Rüstungswerk bei Schmiedebach. Allein etwa 450 von ihnen waren aufgrund der schlechten Bedingungen im Winter 1943/44 bis März 1944 gestorben. Wie viele der etwa 550 nach Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen verbrachten Häftlinge starben ist unbekannt.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

1956 wurde auf dem Gelände des ehemaligen Lagers ein Gedenkstein aufgestellt. Ab 1965 erforschte eine Schülerarbeitsgemeinschaft die Geschichte des KZ-Außenlagers »Laura«. 1979 entstand eine Dokumentensammlung, die auf ihren Forschungsergebnissen aufbaute. Die im selben Jahr eingeweihte Gedenkstätte wurde 1991/92 umgestaltet und die Ausstellung überarbeitet. Die Gedenkstätte befindet sich in der Scheune, die den Häftlingen als Hauptunterkunft diente. Die erhaltenen Unterkunfts- und Lagergebäude wurden restauriert und umgebaut. Neue Fundstücke und ein restauriertes V2-Triebwerk ergänzen diese seit 1998. Im September 2009 fand auf dem Gelände der Gedenkstätte zum ersten Mal in Deutschland eine Urnenbeisetzung eines ehemaligen Häftlings statt. Es war der Wunsch des Niederländers Herman van Hasselt in Schmiedebach begraben zu werden, wo er als zwanzigjähriger Zwangsarbeiter den Zweiten Weltkrieg überlebte.

Angebote

Führungen, Schulprojekttage, Vorträge, Gedenkveranstaltungen

Öffnungszeiten

April bis Oktober mittwochs bis freitags 14.00 bis 17.30, an Wochenenenden und an Feiertagen 10.00 bis 17.30

Kontakt

http://kz-gedenkstaette-laura.de

info@kz-gedenkstaette-laura.de

+49 (0)36653 26 46 75

Schmiedebach, Fröhliches Tal
07349 Lehesten