»Villa Oliveto« – Dokumentationszentrum zu den Konzentrationslagern in Italien

Centro di documentazione sui campi di concentramento in Italia »Villa Oliveto«


Im Internierungslager »Villa Oliveto« hielten italienische Faschisten ausländische Juden gefangen, vor allem aus Libyen. Einige von ihnen deportierten die deutschen Besatzer 1944 nach Bergen-Belsen. Das Dokumentationszentrum »Villa Oliveto« kümmert sich seit 2001 um den Erhalt des historischen Ortes und um die Vermittlung seiner Geschichte.

Geschichte

Die »Villa Oliveto«, 16 Kilometer von Arezzo entfernt gelegen, war eines von vier Internierungslagern für Zivilisten in der Region Toskana während der Zeit des italienischen Faschismus. Seit 1934 wurden dort Anhänger der kroatischen faschistischen Bewegung Ustascha ausgebildet. Ab Juni 1940, als Italien an der Seite Deutschlands in den Krieg eintrat, wurden dort jüdische Männer aus dem Ausland festgehalten. 1941 entschied das »Ministerium für das italienische Afrika«, in Libyen lebende Ausländer zu evakuieren und in Italien zu internieren - Libyen war seit 1911 eine italienische Kolonie. Unter den etwa 7.000 Ausländern befanden sich 870 Juden mit britischer Staatsbürgerschaft. Der Großteil von ihnen wurde von Tripolis nach Neapel gebracht und auf verschiedene Internierungslager in Italien verteilt. Am 16. Januar 1942 kamen 51 von ihnen in der Villa Oliveto an. Sie waren nach der langen Reise in schlechter körperlicher Verfassung, manche mussten sofort ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Schweizer Delegation stellte bei einem Besuch in der Villa Oliveto im Januar 1942 sehr schlechte hygienische Bedingungen fest. Das Essen war ebenfalls nicht ausreichend und die Internierten konnten nur dank der Hilfspakete des Roten Kreuzes überleben. Nach dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten am 8. September 1943 wurden die Internierten in der Villa Oliveto freigelassen. Da sie sich nun im Lager sicherer fühlten als außerhalb und eine Flucht mit den vielen kleinen Kindern, die im Lager lebten, beschwerlich gewesen wäre, blieben ungefähr 70 Juden aus Libyen freiwillig dort. Als jedoch die deutsche Wehrmacht kurz darauf in Norditalien einmarschierte, wurden die Tore des Lagers wieder geschlossen. Am 5. Februar 1944 wurden die Lagerinsassen über Florenz ins Durchgangslager Fossoli und von dort aus nach Bergen-Belsen deportiert. Nach vier Monaten wurden sie gegen deutsche Kriegsgefangene ausgetauscht.

Opfergruppen

In der »Villa Oliveto« wurden deutsche, französische, englische und polnische jüdische Männer zwischen 26 und 58 Jahren sowie libysche Juden mit britischer Staatsbürgerschaft interniert. Unter den Internierten aus Libyen waren mindestens neun Familien, zu denen 27 Frauen und Kinder gehörten. Sieben weitere Kinder wurden im Lager geboren. Im Juni 1942 wurden alle Alleinstehenden in andere Lager gebracht und im Lager nur noch die verbliebenen Familien aus Libyen interniert. Ungefähr 70 von ihnen wurden am 5. Februar 1944 nach Florenz, dann ins Durchgangslager Fossoli und am 19. Februar 1944 nach Bergen-Belsen deportiert. Da sie gegen deutsche Kriegsgefangene getauscht werden sollten, wurden sie zunächst ins französische Lager Vittel verlegt und gelangten dann über Portugal, Casablanca und Algerien am 10. November 1944 wieder nach Tripolis.
In Libyen selbst starben zwischen 1942 und 1943 mindestens 560 Juden im italienischen Lager Giado.

Erfahre mehr über Italien

Das Königreich Italien wurde seit 1922 von Benito Mussolini (1883–1945), dem »Duce« (Führer), und seiner faschistischen Partei diktatorisch regiert. Bis Mitte der 1930er Jahre spielte Antisemitismus in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle; diskriminierende Maßnahmen wurden erst 1938 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt lebten über 46.000 Juden in Italien. Das italienische Staatsgebiet umfasste damals auch die Halbinsel Istrien sowie einige heute griechische Inseln, darunter Rhodos mit seiner traditionsreichen jüdischen Gemeinde. Die italienische Regierung, enger Verbündeter des Deutschen Reiches, beteiligte sich bis zum Herbst 1943 nicht an Massendeportationen von Juden in deutsche Vernichtungslager. Erst als das Land von Norden her durch die deutsche Wehrmacht besetzt wurde – der Süden war bereits durch amerikanische und britische Truppen befreit –, begann der deutsche SS- und Polizeiapparat, den Plan der systematischen Ermordung der italienischen Juden umzusetzen. Über eine Zwischeninternierung wurden die Menschen durch halb Europa nach Auschwitz deportiert, viele von ihnen unmittelbar danach in die Gaskammern getrieben. Die Zahl der ermordeten oder gewaltsam zu Tode gekommenen Juden aus Italien (ohne die italienisch besetzten Gebiete) beträgt zwischen 7.000 und 8.500 Personen. Zehntausende italienische Juden und jüdische Flüchtlinge konnten sich durch Emigration retten oder versteckten sich mit Hilfe von Nichtjuden. Über 2.000 gerieten nicht mehr in den deutschen Machtbereich, weil sie in Süditalien rechtzeitig durch die Alliierten befreit wurden. Von 1943 bis 1945 kam es in Norditalien zu heftigen Kämpfen zwischen den deutschen Besatzern und italienischen Partisanen der kommunistisch dominierten Widerstandsbewegung »Resistenza«. Die deutschen Truppen reagierten mit grausamen Vergeltungsmaßnahmen und Massakern, zum Beispiel in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. Insgesamt fanden während des Zweiten Weltkrieges über 400.000 Italiener – Soldaten, Zivilisten und Partisanen – den Tod. Nach Kriegsende wurde der Partisanenkampf zum zentralen Aspekt italienischen Selbstverständnisses und in der Erinnerungskultur zum Mythos der eigenen Befeiung vom Faschismus. Eine Auseinandersetzung mit der weitverbreiteten Unterstützung Mussolinis im eigenen Land unterblieb meist. Die bekannten Gedenkorte, wie das frühere Konzentrationslager Risiera di San Sabba bei Triest oder die Einrichtungen in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen, sind – wie auch zahlreiche Museen – dem Widerstand gewidmet. Erinnerungsstätten auf dem Gelände früherer Internierungslager für Juden sind dagegen selten und gedenken eher der Retter als der Verfolgten, wie es die Villa Emma in Nonatola zeigt, in der versteckte jüdische Kinder überlebten. Die Ausrichtung auf Menschenrechtserziehung, die auf Gegenwart und Zukunft bezogen ist, stellt das Bindeglied vieler dieser Einrichtungen dar. Mittlerweile rückt die Erinnerung an die deportierten und ermordeten Juden mehr in den Vordergrund. 2013 eröffnete die Memoriale della Shoah di Milano am Mailänder Hauptbahnhof. Die Errichtung eines zentralen Holocaustdenkmals in Rom wurde 2023 beschlossen.

Erinnerung

Das Dokumentationszentrum »Villa Oliveto« wurde 2001 auf Anregung der »Vereinigung für die Geschichte und die Erinnerungen der Republik« und der Gemeinde von Civitella errichtet. Das Zentrum kümmert sich um den Erhalt des ehemaligen Lagergeländes und um die Vermittlung der Geschichte der Internierungslager im faschistischen Italien.
Das Dokumentationszentrum erinnert auch an 250 Zivilisten, die am 29. Juni 1944 in Civitella in Val di Chiana und Umgebung bei einer »Vergeltungsaktion« ermordet wurden, vermutlich durch Angehörige der Fallschirm-Panzer-Division 1. Hermann Göring.

Angebote

Archiv, Bibliothek, Videoarchiv mit Interviews mit Zeitzeugen, Ausstellung

Öffnungszeiten

Nach Voranmeldung.

Kontakt

http://www.storiaememorie.it/villaoliveto

biblio@civichiana.it

+39 0575 445 303

Via del Chiesino, 70
52041 Albergo AR