Erinnerung an die ermordeten Juden von Botoschan

Memoria evreilor uciși din Botoșani


In Botoschan (rumänisch: Botoșani) erinnern zwei jüdische Friedhöfe und eine Synagoge an die einst reiche jüdische Kultur der Stadt.

Geschichte

Botoschan, im Nordosten Rumäniens in der historischen Region Moldau gelegen, wurde 1439 das erste Mal namentlich erwähnt. Juden lebten dort ab Anfang des 17. Jahrhunderts.
Am Ende des 19. Jahrhunderts waren etwa die Hälfte der Einwohner Juden, die jüdische Gemeinde war eine der größten in der Region. Gleichzeitig gab es auch starke antijüdische Stimmungen in der Bevölkerung, die im Bauernaufstand von 1907 ihren Höhepunkt erreichten, als Gruppen von Bauern jüdische Geschäfte und Häuser verwüsteten und die jüdische Gemeinde terrorisierten.
1930 zählte die jüdische Gemeinde 11.840 Mitglieder, was etwa 37 Prozent der Einwohner entsprach. Die Zahl stieg durch den Zuzug jüdischer Flüchtlinge nach dem deutschen Angriff auf Polen 1939 leicht an.
Nach der Machtübernahme durch General Ion Antonescu im September 1940, der zunächst auch die faschistische Eiserne Garde an der Regierung beteiligte, traten eine Reihe antijüdischer Verordnungen in Kraft. Juden mussten in Zwangsarbeit Straßen und Brücken bauen oder für die Armee arbeiten. Davon waren in Botoschan bis zu 8.000 Juden betroffen. Außerdem wurden Juden zur Abgabe von Kleidung gezwungen, was sich viele ärmere Juden jedoch nicht leisten konnten. Es blieb an der jüdischen Gemeinde von Botoschan hängen, die Forderungen durch Geldzahlungen zu begleichen.
Nach dem Angriff der Achsenmächte auf die Sowjetunion, an der sich auch Rumänien beteiligte, schwappte eine Welle der antisemitischen Gewalt über das Land. Viele Juden flohen vom Land nach Botoschan. Daher gründete die jüdische Gemeinde mehrere neue Wohlfahrtseinrichtungen und Schulen. Während des Krieges deportierten rumänische Behörden viele Juden ins rumänisch besetzte Gebiet Transnistrien deportiert, so auch aus Botoschan.
Mit dem Anrücken der Roten Armee 1944 herrschte Chaos in der Stadt. Juden wurden gezwungen, Verteidigungsanlagen zu errichten. Als die rumänische Armee aus der Stadt abrückte, übernahm die jüdische Gemeinde den Großteil der kommunalen Aufgaben. Sie gründete eine Bürgerwehr und verwaltete städtische Einrichtungen wie das Krankenhaus.

Opfergruppen

Unter der Herrschaft Antonescus (ab September 1940) wurden viele Juden verschleppt, gefoltert oder zur Zwangsarbeit gezwungen. Ihre Zahl wird auf etwa 8.000 geschätzt.
Etwa 148 Juden wurden nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 nach Transnistrien, in das von Rumänien besetzte Gebiet der Ukraine, verschleppt und dort aller Wahrscheinlichkeit nach später von rumänischen oder deutschen Einheiten ermordet.

Erfahre mehr über Rumänien

Das Königreich Rumänien fand in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zu keiner politischen Stabilität und sah sich von Gebietsansprüchen der Nachbarn bedroht. Das Land suchte die Nähe zum nationalsozialistischen Deutschland. In den Grenzfragen unterstützte die Berliner Führung jedoch Ungarn, Bulgarien und den zwischenzeitlichen Verbündeten Sowjetunion. Im Laufe des Jahres 1940 musste Rumänien dem Verlust großer Teile seines Territoriums zustimmen. Dies führte zur innenpolitischen Radikalisierung. König Karl (1893–1953) übertrug General Ion Antonescu (1882–1946) unbeschränkte Befugnisse, musste dann jedoch zugunsten seines Sohnes Michael (1921–2017) abdanken. Die rechtsradikale »Garda de Fier« (Eiserne Garde), mit der Antonescu verbündet war, begann sofort mit der Verfolgung der Juden. 1941 beteiligte sich Rumänien am deutschen Angriff auf die Sowjetunion. Unter rumänischer Regie wurden bis zu 155.000 Juden und 25.000 Roma aus der Bukowina und Bessarabien in besetzte ukrainische Gebiete (»Transnistrien«) deportiert. Zehntausende überlebten Massenmorde, Lagerhaft und Zwangsarbeit, Hunger und Krankheiten nicht. Die Juden in Nordsiebenbürgen (seit 1940: Ungarn) litten derweil unter den dortigen antisemitischen Verordnungen. Allerdings blieben sie mehrheitlich von gewalttätiger Verfolgung verschont, bis im Frühjahr 1944 die Wehrmacht dort einmarschierte und die SS in Zusammenarbeit mit ungarischen Behörden mit Deportationen nach Auschwitz begann. Die Gesamtzahl der ermordeten rumänischen Juden bezieht sich also auf verschiedene Gebiete: 50.000 Juden aus Bessarabien und der Bukowina sowie etwa 20.000 Juden aus dem Innern Rumäniens wurden ermordet, etwa 120.000 siebenbürgische Juden Opfer der ungarisch-deutschen Besatzung. Im August 1944 führte die Offensive der Roten Armee zu einem Bündniswechsel Rumäniens. Michael I. entmachtete Antonescu. Das Land fiel unter sowjetischen Einfluss. 1946 wurde der Diktator hingerichtet, 1947 dankte der König ab. In der ersten Zeit nach 1945 gedachte man zunächst der Befreiung durch die Rote Armee. In Bukarest entstand ein Denkmal für die gefallenen sowjetischen Soldaten. Die Zeit als deutscher Bündnispartner blieb in der Erinnerung ausgespart. Unter Nicolae Ceaușescu (1918–1989), der das Land mit seinem Geheimdienst ab 1965 regierte, wurde die »Befreiung vom faschistischen Joch« als Verdienst rumänischer Helden dargestellt. Mit dem Ende seines Regimes 1989 erschienen vielen Rumänen entgegengesetzte Sichtweisen attraktiv: Der Angriff auf die Sowjetunion 1941 wurde nun häufiger als Kampf gegen den Bolschewismus gesehen. Das Ansehen Antonescus stieg. Für einen Teil der Rumänen erhielt wiederum der im Exil lebende König größere Bedeutung und wurde zum Symbol der Demokratie, da er den Diktator gestürzt hatte und später von den Kommunisten vertrieben wurde. Für die Erinnerung an den Holocaust blieb in der Nachkriegszeit kein Platz. Die meisten Überlebenden hatten das Land bereits in den 1950er Jahren verlassen. Das Gedenken war Sache der jüdischen Gemeinden: Sie errichteten 1977 ein kleines Forschungszentrum und 1978 ein kleines Museum in Bukarest sowie einige Denkmäler. Im Jahr 2004 nahm eine Kommission zur Erforschung des Holocaust und der rumänischen Verbrechen ihre Arbeit auf, die vom rumänischstämmigen Überlebenden und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel (1928–2016) geleitet wurde. Ein Nationales Institut setzt die Forschungen seit 2005 fort. 2009 wurde ein zentrales Holocaustdenkmal in Bukarest eingeweiht, dass auch an rumänische Roma erinnernt, die nach Transnistrien deportiert wurden. Sonst gibt es allerdings wenig Erinnerung an die etwa 12.500 Opfer dieser Gruppe.

Erinnerung

Die Rote Armee eroberte die Stadt am 7. April 1944. Nach dem Krieg, als viele Juden aus Transnistrien zurückkehrten und viele Juden vom Land in die Stadt zogen, zählte die jüdische Gemeinde über 19.000 Mitglieder. Die Mehrheit wanderte kurze Zeit später nach Israel aus. 1969 blieben noch 500 jüdische Familien in der Stadt. Heute existiert in Botoschan noch eine kleine jüdische Gemeinde.
Von den ursprünglich vier Synagogen ist heute nur noch die Synagoge »Hoihe Sil« (heute auch »Mare«, also Große Synagoge genannt) erhalten geblieben. Sie wurde 1834 erbaut und ist somit eine der ältesten in der Region. Die Inneneinrichtung im Stil der Neorenaissance besteht aus Gemälden und Deckenfresken, die Szenen aus Jerusalem und religiöse Symbole darstellen. Ein fein gearbeiteter Kronleuchter hängt von der hohen Decke. Die Synagoge, die von hohen Neubauten aus sozialistischer Zeit umgeben ist, wurde von 2008 bis 2012 restauriert.
Zwei jüdische Friedhöfe sind noch erhalten. Auf ihnen prägen Grabmale aus Metall das Bild, viele haben jedoch durch Witterung und Vandalismus gelitten. Die Datierungen der Grabsteine auf dem neueren Friedhof gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück, das Entstehungsdatum des älteren Friedhofs lässt sich nicht mehr genau bestimmen.

Öffnungszeiten

Die Synagoge und die Friedhöfe sind zu ihren jeweiligen Öffnungszeiten zugänglich.

Kontakt

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Sinagoga Mare, Strada Marchian 1
710210 Botoșani