Gedenkstätte »Köpenicker Blutwoche Juni 1933«

Gedenkstätte »Köpenicker Blutwoche Juni 1933«


Die Ausstellung in der Gedenkstätte »Köpenicker Blutwoche Juni 1933« erinnert an die im Juni 1933 von der SA gefolterten und ermordeten politischen Gegner des Nationalsozialismus.

Geschichte

Vor der nationalsozialistischen »Machtergreifung« im Januar 1933 war die Sturmabteilung (SA) der NSDAP vor allem verantwortlich für den Schutz von Propagandaveranstaltungen der Partei, sie war aber auch an Straßenkämpfen beteiligt. Nach der Machtübernahme durfte sie jedoch eigenhändig Verhaftungen vornehmen und Gefängnisse einrichten. Es kam zu einer Welle von gewalttätigen Übergriffen auf politisch Andersdenkende und Juden durch die SA in einem bis dahin unbekannten Ausmaß.
Am 21. Juni 1933 beschlagnahmte die SA das ehemalige Amtsgerichtsgefängnis in Berlin-Köpenick als zentrale Haft- und Folterstätte. In den darauf folgenden Tagen verhafteten Angehörige der SA mit Hilfe der SS und Gestapo-Verbänden willkürlich mehrere hundert Personen aus Berlin-Köpenick und den angrenzenden Bezirken. Ihnen wurde die Teilnahme an politischen Aktivitäten unterstellt, die sich gegen die neue Reichsführung richteten. Viele der Gefangenen wurden in eilig eingerichtete SA-»Sturmlokale« und in das ehemalige Amtsgerichtsgefängnis geschleppt. In der ehemaligen Gefängniskapelle des Amtsgerichtsgefängnisses verhörten und folterten SA-Leute die Frauen und Männer. Einige von ihnen überlebten die brutalen Verhörmethoden nicht.

Opfergruppen

Die festgehaltenen und gefolterten Frauen und Männer gehörten unterschiedlichen politischen Parteien und Richtungen an. Zu den Opfern gehörten auch Juden und weltanschauliche Gegner des Nationalsozialismus. Wahrscheinlich 23 der Gefangenen wurden in der Woche vom 21. bis 26. Juni 1933 von Mitgliedern der SA im Raum Berlin-Köpenick ermordet.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Im Mai 1980 entstand in einer Kellerzelle des ehemaligen Gefängnisses eine erste Gedenkstätte für die Opfer der »Köpenicker Blutwoche«. Sie wurde im September 1987 wesentlich erweitert und als »Traditionskabinett des antifaschistischen Widerstandskampfes in Berlin-Köpenick 1933-1945« der Öffentlichkeit vorgestellt.
Seit Juni 1993 befindet sich hier die Gedenkstätte »Köpenicker Blutwoche Juni 1933«. Zum 80. Jahrestag der Ereignisse wurde in der Gedenkstätte eine neue Dauerausstellung eröffnet.
Sie wird vom Bezirksamt Treptow-Köpenick verwaltet und gehört zum Fachbereich Heimatmuseum Treptow-Köpenick, das von einem Förderverein unterstützt wird.

Angebote

Führungen außerhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung, Ton- und Dokumentenarchiv, Präsenzbibliothek

Öffnungszeiten

Donnerstags 10.00 bis 18.00
Sonntags 14.00 bis 18.00

Kontakt

http://www.gedenkstaette-koepenicker-blutwoche.org/

museum@ba-tk.berlin.de

+49 (0)30 902 973 350

Puchanstraße 12
12555 Berlin