Gedenkstätte Bergen-Belsen

Gedenkstätte Bergen-Belsen


In der Nähe des Ortes Bergen, in der südlichen Lüneburger Heide, bestand von 1940 bis 1942 ein Kriegsgefangenenlager und von 1943 bis 1945 das Konzentrationslager Bergen-Belsen, in dem kurz vor Ende des Krieges Zehntausende Häftlinge aus anderen Lagern starben. Seit 1952 erinnert eine Gedenkstätte an das Schicksal der Kriegsgefangenen und der KZ-Häftlinge.

Geschichte

Erstmals wurden 1940 nach dem Frankreichfeldzug 600 französische und belgische Kriegsgefangene aus dem »Stalag (Mannschaftsstammlager) XI B Fallingbostel« in den Ort Belsen zum Bau von Kasernen gebracht. Im Frühjahr 1941 errichtete die Wehrmacht in Bergen das »Stalag XI C (311) Bergen-Belsen« als so genanntes Russenlager für den bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion. Von Juli bis Anfang November 1941 trafen etwa 21.000 Kriegsgefangene aus der Sowjetunion ein. Im Lager waren die Gefangenen sich selbst überlassen, sie hausten in selbst gebauten Erdhöhlen, Laubhütten und Zelten. Seuchen breiteten sich aus. Nach Ausbruch einer Fleckfieberepidemie unter den Gefangenen im November 1941 lieferte die Wehrmacht zusätzlich kranke Häftlinge aus der Region in das »Stalag XI C« ein. Bis zum Frühjahr 1942 starben etwa 13.500 sowjetische Kriegsgefangene: Sie verhungerten, erfroren oder erlagen Krankheiten. Im Mai 1942 zählte die Wehrmacht nur noch etwa 2.000 Kriegsgefangene in Bergen-Belsen. Im April 1943 übernahm die SS Teile des Lagers und richtete ein »Aufenthaltslager« für jüdische Geiseln ein. Nur wenige von ihnen kamen frei. Das Kriegsgefangenenlazarett des »Stalag« blieb als zentrales Lazarett für die gesamte Umgebung bis Januar 1945 bestehen. Ab 1944 führte die SS das Lager als Konzentrationslager für kranke und schwache Zwangsarbeiter. Ende 1944 trafen immer weitere Transporte aus östlich gelegenen Lagern ein, die vor der näher rückenden Front evakuiert wurden. Dadurch stieg die Zahl der Häftlinge in Bergen-Belsen rasant von etwa 15.000 im Dezember 1944 auf über 40.000 am 1. März 1945 an. Viele Häftlinge starben bald nach ihrer Ankunft im Lager. Allein im März 1945 gab es über 18.000 Tote, unter ihnen Anne Frank und ihre Schwester Margot. Am 15. April 1945 befreiten die Briten das KZ im Rahmen eines lokalen Waffenstillstands. Als die Soldaten das Lager betraten, trafen sie auf tausende verwesende Leichen und sterbende Menschen auf dem Gelände.

Opfergruppen

Die Gesamtzahl der Opfer unter den Kriegsgefangenen liegt bei etwa 19.500 Toten. Infolge der Fleckfieberepidemie im Winter 1941/42 starben bis zum Frühjahr 1942 etwa 13.500 sowjetische Kriegsgefangene. Bis 1945 starben 6.000 weitere sowjetische Soldaten. Im Austauschlager befanden sich von Juli 1943 bis Dezember 1944 insgesamt etwa 14.000 jüdische Häftlinge, nur ein kleiner Teil von ihnen kam tatsächlich frei. In das ab März 1944 eingerichtete Konzentrationslager brachte die SS zunächst mehrere tausend Zwangsarbeiter aus anderen Lagern, die zu schwach für die Arbeit waren. Ab Ende 1944 trafen immer mehr »Evakuierungstransporte« mit jüdischen Frauen aus Auschwitz ein. Von Dezember 1944 bis Februar 1945 allein kamen zwischen 40.000 und 50.000 Häftlinge aus anderen Konzentrationslagern nach Bergen-Belsen, von den Gefangenen waren zwei Drittel Frauen. Noch unmittelbar nach der Befreiung durch die Briten am 15. April 1945 starben von den 55.000 Überlebenden etwa 14.000 an den Folgen der Krankheiten und der katastrophalen Lebensbedingungen in Bergen-Belsen. Die Gesamtzahl der Opfer, die im Konzentrationslager Bergen-Belsen starben, wird auf 55.000 geschätzt.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach der Befreiung des Lagers durch britische Truppen blieb das Lager vorerst bestehen: Die britische Armee musste die etwa 55.000 Überlebenden in unmittelbarer Nähe der Front versorgen. Ein Nothospital mit etwa 14.000 Betten wurde in der Nähe des Lagers eingerichtet. Trotz aller Anstrengungen starben noch 14.000 völlig entkräftete ehemalige Häftlinge. Am 21. Mai 1945 wurde das gesamte Lager evakuiert, die Baracken vollständig abgebrannt – auch um die weitere Ausbreitung von Seuchen zu verhindern. Die ehemaligen Häftlinge lebten fortan als »Displaced Persons« (DP) in einem Lager auf dem Truppenübungsplatz in Bergen-Hohne. Ab 1946 wurde dieses Lager vollständig zu einem jüdischen »DP-Camp«. Hier lebten etwa 12.000 Juden, die auf die Rückkehr in ihre Heimatländer oder auf ihre Auswanderung warteten. Diese Überlebenden errichteten 1946 ein erstes Mahnmal zum Gedenken an die jüdischen Opfer. Im Sommer 1950 wurde das »DP-Camp« aufgelöst. Das ehemalige Lagergelände wurde in eine parkähnliche Landschaft umgestaltet, die Gedenkstätte in der Trägerschaft des Landes Niedersachsen im November 1952 eröffnet. Ein kleines Dokumentenhaus mit einer Dauerausstellung entstand 1966, im Jahr 1990 wurde ein Dokumentationszentrum und eine umfangreiche Ausstellung eröffnet. 2000 erfolgte die Eröffnung des Hauses der Stille, das der Besinnung und dem Gedenken dienen soll. Ein Neubau des Dokumentationszentrums und eine völlig überarbeitete Ausstellung, die auch das Kriegsgefangenenlager und das »DP-Camp« thematisiert, eröffneten 2007.

Angebote

Führungen, Studientage, internationale Jugendworkcamps, Deutsch-Israelische Jugendbegegnungen, Bibliothek

Öffnungszeiten

April bis September: 10.00 bis 18.00
Oktober bis März: 10.00 bis 17.00
Am 24., 25., 26. und 31. Dezember sowie am 1. Januar geschlossen.

Kontakt

http://www.bergenbelsen.de

Bergen-Belsen@stiftung-ng.de

+49(0)5051 475 9-0

Anne-Frank-Platz
29303 Lohheide