Erinnerungsstätte an die Zwangsarbeit auf dem Gelände des Volkswagenwerkes

Erinnerungsstätte an die Zwangsarbeit auf dem Gelände des Volkswagenwerkes


Auf dem Werksgelände der Volkswagen AG in Wolfsburg erinnert seit 1999 in einem ehemaligen unterirdischen Luftschutzbunker eine Erinnerungsstätte an etwa 20.000 Menschen, die im Volkswagenwerk zwischen 1940 und 1945 Zwangsarbeit leisten mussten.

Geschichte

Am 28. Mai 1937 gründete die Deutsche Arbeitsfront (DAF) in Berlin die »Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH«, wobei »Volkswagen« ein für breite Bevölkerungsschichten erschwingliches Auto bezeichnete. Vor allem die Unterorganisation der DAF »Kraft durch Freude«, die staatliche Freizeitorganisation, tat sich bei den Planungen für einen »Volkswagen« hervor. Als Tochtergesellschaft der DAF wurde das Unternehmen 1938 unter dem Namen »Volkswagenwerk GmbH« ins Handelsregister eingetragen, bereits zu Beginn des Jahres 1938 hatten die Bauarbeiten für eine Autofabrik in der Nähe des niedersächsischen Fallersleben begonnen. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde im Volkswagenwerk die Produktion von Rüstungsgütern vorangestellt. Für die massenhafte Produktion militärischer Geräte fehlten jedoch Arbeitskräfte, so dass im Juni 1940 erstmals 300 polnische Frauen im Volkswagenwerk zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. Ab Oktober 1941 folgte der Einsatz sowjetischer Kriegsgefangener und ab Frühjahr 1942 mussten auch Zivilisten aus sowjetischen Gebieten in der Fabrik Zwangsarbeit leisten. In den folgenden Jahren kamen weitere Zwangsarbeiter aus verschiedenen Ländern nach Fallersleben, unter ihnen auch KZ-Häftlinge, die in eigenen KZ-Lagern auf dem Werksgelände untergebracht wurden. Am 30. April 1944 waren von den über 17.300 Beschäftigten des Volkswagenwerks über 11.300 Zwangsarbeiter aus verschiedenen Herkunftsländern. Am 7. April 1945 räumte die SS die Lager für die KZ-Häftlinge auf dem Werksgelände und transportierte die Menschen in verschiedene »Auffanglager«. Die im Werk verbliebenen Zwangsarbeiter wurden am 11. April 1945 von der US-Armee befreit.

Opfergruppen

Den größten Teil der Zwangsarbeiter im Volkswagenwerk mit 4.800 Menschen machten die so genannten Ostarbeiter aus, die aus verschiedenen Teilen der Sowjetunion nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt wurden. Etwa 850 sowjetische Kriegsgefangene zählten noch zu den Zwangsarbeitern. Eine weitere große Gruppe kam aus Frankreich, etwa 1.000 Kriegsgefangene und 1.500 zivile Arbeiter mussten für Volkswagen produzieren. Die Kriegsgefangenen kamen über die »Stalag XI B« und »Stalag XI D« in Fallingbostel nach Fallersleben. Auch etwa 5.000 KZ-Häftlinge wurden vor allem ab 1944 im Werk zur Arbeit gezwungen: Sie kamen aus den Konzentrationslagern Auschwitz und Neuengamme. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 20.000 Menschen bei der »Volkswagenwerk GmbH« Zwangsarbeit leisten mussten.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Von 1945 bis 1949 fiel das Volkswagenwerk unter die Zuständigkeit der britischen Militärbehörden, die das Unternehmen danach an das Land Niedersachsen übergaben. In den 1960er Jahren erfolgten die Privatisierung und später der Ausbau des Unternehmens zu einem international handelnden Konzern. 1986 beauftragte das Unternehmen den Historiker Prof. Dr. Hans Mommsen, unabhängige Forschungen zur Zwangsarbeit bei Volkswagen zu betreiben. 1991 wurde ein Gedenkstein auf dem Werksgelände errichtet. Die Erinnerungsstätte wurde 1999 von der Abteilung »Historische Kommunikation« in einem ehemaligen Luftschutzbunker unter dem Werk eröffnet und zeigt eine Dauerausstellung zum Thema Zwangsarbeit.

Angebote

Führungen nach Vereinbarung, Schriftenreihe

Öffnungszeiten

nur nach Vereinbarung

Kontakt

https://www.volkswagenag.com/de/group/history.html

history@volkswagen.de

+49 (0)5361 925 667


38436 Wolfsburg