Erinnerung an die Opfer des Ghettos von Baranowitschi

Памятники жертвам Барановичского гетто / Помнікі ахвярам Баранавіцкага гета


Mehrere Denkmäler erinnern in der belarussischen Stadt Baranowitschi (polnisch: Baranowicze, belarussisch: Baranawitschy) an die in den Jahren 1941 und 1942 ermordeten Juden des Ortes.

Geschichte

Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Baranowitschi mindestens 9.000 Juden, etwa die Hälfte der damaligen Einwohner. Von 1920 bis 1939 gehörte Baranowitschi zu Polen, nach der Besetzung Polens durch Deutschland und die Sowjetunion wurde die Stadt der Sowjetunion angegliedert. Zu dieser Zeit kamen viele jüdische Flüchtlinge aus den von Deutschland besetzten polnischen Gebieten nach Baranowitschi. Vermutlich befanden sich im Sommer 1941 bis zu 12.000 Juden in der Stadt.
Nach dem Angriff auf die Sowjetunion besetzte die deutsche Wehrmacht die Stadt am 25. Juni 1941. Mit der Armee zogen auch verschiedene SS- und Zivilverwaltungsdienststellen nach Baranowitschi. Im Juli 1941 hielt sich das Einsatzkommando 8 unter dem Kommando von Otto Bradfisch in der Stadt auf und ermordete etwa 350 Juden. Am 12. Dezember 1941 wurde ein Ghetto für die jüdische Bevölkerung eingerichtet. Nahezu 12.000 Menschen mussten dort auf engstem Raum zusammenleben und wurden zur Zwangsarbeit herangezogen. Auf Befehl des Gebietskommissars Rudolph Werner, fand am 3. und 4. März 1942 eine erste Mordaktion statt: Dabei erschossen Angehörige der belarussischen, lettischen und litauischen Polizeitruppen unter dem Kommando der deutschen SiPo (Sicherheitspolizei) 2.000, nach anderen Angaben bis zu 6.000 Juden. Ab dem 22. September 1942 fand eine weitere zehntägige »Aktion« statt, bei denen SiPo und SD (Sicherheitsdienst) etwa 3.000 Juden erschossen. Die dritte und letzte Mordaktion erfolgte am 17. Dezember; wiederum 3.000 Juden kamen dabei um.

Opfergruppen

Nach unterschiedlichen Angaben ermordete die SS zwischen 8.000 und 12.000 Juden. Unter ihnen waren viele Flüchtlinge aus dem von Deutschland besetzten Teil Polens. Juden aus der Umgebung von Baranowitschi wurden 1942 ebenfalls im Ghetto gefangengehalten. Viele Juden aus Baranowitschi kamen auch im nahegelegenen Arbeitslager Kolditschewo um.

Erfahre mehr über Belarus

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen kam der Nordosten des Landes zu Belarus als Teil der Sowjetunion. Im Sommer 1941 wurde dann ganz Belarus von deutschen Truppen erobert. Während der folgenden drei Jahre kam jeder vierte oder gar jeder dritte Einwohner gewaltsam ums Leben. Fast alle Städte des Landes wurden völlig zerstört. Wehrmacht oder SS brannten etwa 620 Dörfer, darunter Chatyn, systematisch samt ihren Einwohnern nieder. Malyj Trostenez, nahe der belarussichen Hauptstadt Minsk, war die größte Vernichtungsstätte auf dem Gebiet der besetzten Sowjetunion. Heute nimmt man an, dass mindestens 60.000 deutsche und einheimische Juden dort ermordet wurden. Für Minsk wird die Zahl der getöteten Juden auf bis zu 85.000 geschätzt, für das gesamte Gebiet auf 230.000. Belarus bildete von 1941 an mit über tausend aktiven Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer. Ab Ende 1943 wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit. Das Land war weitestgehend verwüstet, das gesellschaftliche Gefüge erschüttert und die Menschen traumatisiert. Belarus gehörte ab 1944 wieder zur Sowjetunion. Ein großer Teil der 1939 einverleibten polnischen Gebiete blieben Teil des Landes. In der staatlichen Erinnerungs- und Denkmalkultur des Landes dominierten nach Kriegsende der Tag der Befreiung des Landes am 3. Juli 1944 und der Tag des Sieges am 9. Mai 1945 als Ende eines »heldenhaften« Kampfes im Großen Vaterländischen Krieg. Von zentraler Bedeutung war stets auch die Erinnerung an den Partisanenkrieg. Im sowjetischen Staatsverband verzichtete man auf eine eigenständige Nennung des Massenmords an den Juden. Daher stellt ein Obelisk in der Erschießungsgrube am ehemaligen Minsker Ghetto, der »Jama«, eine Besonderheit auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion dar. Er wurde bereits 1946 errichtet und blieb für Jahrzehnte das einzige Denkmal mit einer jiddischen Aufschrift und direkter Nennung der ermordeten Juden. Ungewöhnlich ist auch die Erinnerungsstätte in Chatyn, wo im März 1943 153 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt worden waren. 1969 entstanden, zeichnet sie sich durch Schlichtheit aus und verzichtet auf die sonst übliche Monumentalität, es stehen die menschliche Dimension des Grauens und das Leid der Opfer im Vordergrund. Mit der Schaffung eines unabhängigen belarussischen Staates 1991 begann die Suche nach einer eigenen nationalen Identität. Hierbei spielen die Opferzahlen – insbesondere während des Zweiten Weltkrieges – eine entscheidende Rolle. Bewusst wird allerdings eine Unterscheidung zwischen dem Gebietstand vor und nach 1939 vermieden. Die Verbrechen der Stalinzeit, aber auch der Holocaust rückten ebenso in das Blickfeld, wurden aber aufgrund der vorhandenen Regierungsform nicht weitergehend öffentlich gemacht. Das staatliche Gedenken, das seinen Ausdruck auch im 2014 eröffneten, monumentalen Neubau des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges findet, bleibt vom Kampf in den Jahren 1941 bis 1944 geprägt. Zugleich hat jedoch der Verband der jüdischen Gemeinden in Belarus inzwischen eine Reihe von Denkmälern für die Opfer des Massenmordes errichten lassen. Seit Anfang der 1990er Jahre haben mehrere deutsche Städte Stelen im Gedenken an die dorthin deportierten und getöteten Juden in Minsk errichtet; das Berliner Erinnerungszeichen wurde – vom Land Berlin und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas finanziert – am 25. Juni 2009 feierlich eingeweiht. Auch eine würdige Gestaltung des Areals von Malyj Trostenez geht voran: seit 2015 erinnert eine Gedenkanlage an die Opfer. Ein zweiter Bauabschnitt wurde 2018 im Beisein der Staatspräsidenten Deutschlands, Österreichs und von Belarus eröffnet. An der Realisierung beteiligte sich auch die Bundesrepublik finanziell, wie auch an der Renovierung der Geschichtswerkstatt, die sich in einem historischen Gebäude auf dem Gebiet des ehemaligen Minsker Ghettos um die Dokumentation von Opferschicksalen kümmert.

Erinnerung

In der Zarjuka-Straße steht ein Gedenkstein, dass an die Opfer des Ghettos erinnert. Die Inschrift lautet: »1941-1942 befand sich in der Stadt ein jüdisches Ghetto, dem 12.000 Bürger zum Opfer gefallen sind.«
Außer diesem Gedenkstein gibt es noch mehrere Denkmäler, die an die Opfer des Holocaust erinnern. An der Stelle des ehemaligen jüdischen Friedhofs steht seit 1992 ein Obelisk, der laut Inschrift von Juden aus Israel und der ganzen Welt gestiftet wurde. Unter der Erde befindet sich die Asche von mehreren tausend Juden aus dem Ghetto, die im Jahr 1942 bei Massenerschießungen ermordet wurden. Ihre Überreste wurden auf Wunsch der Angehörigen zusammengetragen.
In einem Waldstück im Nordosten der Stadt wurde im Juni 1972 ein Denkmal enthüllt. An dieser Stelle ermordete die SS dreißig Jahre zuvor etwa 3.000 tschechische Juden, die aus dem Ghetto Theresienstadt hierher deportiert worden sind.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

+375 163 473 357