Denkmäler für die Opfer des Ghettos Przemyśl

Pomniki ku czci ofiar getta w Przemyślu


In der ostpolnischen Stadt Przemyśl im Kapartenvorland erinnern mehrere Gedenkzeichen an die etwa 24.000 Juden der Stadt, die 1942 von der SS aus dem Ghetto Przemyśl nach Belzec deportiert und dort ermordet wurden. Bereits 1939 erschossen Angehörige einer SS-Einsatzgruppe in Przemyśl etwa 600 Juden.

Geschichte

Die polnische Stadt Przemyśl liegt am Fluss San in der historischen Region Ostgalizien. Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte Przemyśl zu Österreich-Ungarn, die Stadt wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer Festung ausgebaut. Im Ersten Weltkrieg wurden zwei große Schlachten um die Festung geschlagen. Etwa ein Drittel der Einwohner der seit 1918 polnischen Stadt waren Juden; die jüdische Gemeinde zählte vor dem Zweiten Weltkrieg etwa 24.000 Mitglieder. Nach dem Angriff auf Polen besetzte 1939 die Wehrmacht Przemyśl. Der San bildete von nun an die Grenze zwischen dem deutsch besetzten und dem sowjetisch besetzten Teil Polens. Przemyśl wurde im Herbst 1939 entlang des Flusses geteilt: den Teil östlich des Sans übergab die Wehrmacht gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt der Roten Armee. Zuvor erschossen Angehörige des SS-Einsatzkommandos I etwa 600 Juden. Alle anderen Juden schoben die Deutschen in den Ostteil der Stadt ab. Etwa 7.000 Juden wurden in den nächsten zwei Jahren von sowjetischen Behörden verhaftet und in das Innere der Sowjetunion deportiert.
Nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 fiel die gesamte Stadt in die Hände der Deutschen. Die deutschen Besatzungsbehörden errichteten im Herbst 1941 ein Ghetto auf der östlichen Uferseite für die noch etwa 17.000 Juden der Stadt. Im Sommer 1942 ermordete die SS etwa 10.000 von ihnen im Vernichtungslager Belzec. Bis Ende 1943 wurden fast alle Juden aus Przemyśl und Umgebung über das Ghetto in verschiedene Vernichtungslager deportiert. Mehrere tausend Juden ermordete die SS jedoch vor Ort: Im Sommer erschossen ihre Einheiten hunderte Frauen, Kinder und Alte in einem nahegelegenen Wald; am 11. September 1943 weitere 1.500 Juden auf dem Hinterhof einer Schule mitten im Stadtgebiet. Im Februar 1944 wurde das Ghetto endgültig aufgelöst. Nur etwa 500 Juden aus Przemyśl überlebten den Krieg im Versteck.

Opfergruppen

Vermutlich wurden im Sommer 1942 etwa 15.000 Juden aus Przemyśl nach Belzec deportiert und dort ermordet, im November 1942 wurden nochmals etwa 4.000 Juden nach Belzec gebracht. Die meisten der deportierten Juden stammten aus der Stadt Przemyśl, etwa 5.000 kamen aus der näheren Umgebung. Sie waren ab Sommer 1942 in das Ghetto gezwungen worden.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Der jüdische »Sozial- und Kulturverein« TSKŻ errichtete 1956 einen Gedenkstein im Schulhof, in dem im September 1943 über 1.500 Juden erschossen wurden, zur Erinnerung an die Opfer. Eine weitere Gedenktafel zur Erinnerung an die Bewohner des Ghettos befindet sich an der Vorderfassade der Schule. Dieses Gebäude war während der Zeit, als das Ghetto bestand, Sitz des Judenrats.
Auch in dem Waldstück bei Grochowce, in der Nähe von Przemyśl, erinnert seit 2002 ein Gedenkstein an die Juden, die dort während der Deportationen im Sommer 1942 erschossen wurden. Auf dem jüdischen Friedhof der Stadt erinnern weitere Gedenksteine an ermordete Juden aus Przemyśl. An der ehemaligen Scheinbach Synagoge wurde 2009 eine Gedenktafel angebracht.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

Kontakt


37-700 Przemyśl