Gedenkstätte Dalwa

Мемориальный комплекс Дальва / Мемарыяльны комплекс «Дальва»


Seit 1973 erinnert ein Denkmal an die Ermordung der Einwohner des Dorfes Dalwa nahe Minsk. Im Juni 1944 hatten deutsche Truppen die Dorfbewohner in ein Haus eingesperrt und anschließend das gesamte Dorf niedergebrannt. Das Denkmal entstand auf Initiative eines Überlebenden der »Tragödie von Dalwa«.

Geschichte

Während ihres Rückzugs im Juni 1944 erreichten Wehrmachtseinheiten das kleine Dorf Dalwa, etwa 77 Kilometer nördlich von Minsk. Im Zuge der »Partisanenbekämpfung« führte die Wehrmacht am 19. Juni 1944 eine Mordaktion gegen die Bevölkerung von Dalwa durch: Die 44 Einwohner des Dorfes wurden in ein Haus gesperrt; die Wehrmachtssoldaten zündeten das Gebäude an. Diejenigen, die versuchten, den Flammen zu entkommen, wurden erschossen. Danach brannte die Wehrmacht das Dorf vollständig nieder. Vermutlich überlebte nur der damals 13-jährige Nikolaj Girilowitsch das Massaker von Dalwa. Wenige Tage später erreichte die Rote Armee das Gebiet.

Opfergruppen

Im Dorf Dalwa tötete die Wehrmacht vermutlich 44 belarussische Zivilisten, unter ihnen 29 Kinder und Jugendliche.
Dalwa war eines von über 600 Dörfern, die während der deutschen Besatzung von Belarus vollständig zerstört und deren Bevölkerung dabei ausgelöscht wurde.

Erfahre mehr über Belarus

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen kam der Nordosten des Landes zu Belarus als Teil der Sowjetunion. Im Sommer 1941 wurde dann ganz Belarus von deutschen Truppen erobert. Während der folgenden drei Jahre kam jeder vierte oder gar jeder dritte Einwohner gewaltsam ums Leben. Fast alle Städte des Landes wurden völlig zerstört. Wehrmacht oder SS brannten etwa 620 Dörfer, darunter Chatyn, systematisch samt ihren Einwohnern nieder. Malyj Trostenez, nahe der belarussichen Hauptstadt Minsk, war die größte Vernichtungsstätte auf dem Gebiet der besetzten Sowjetunion. Heute nimmt man an, dass mindestens 60.000 deutsche und einheimische Juden dort ermordet wurden. Für Minsk wird die Zahl der getöteten Juden auf bis zu 85.000 geschätzt, für das gesamte Gebiet auf 230.000. Belarus bildete von 1941 an mit über tausend aktiven Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer. Ab Ende 1943 wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit. Das Land war weitestgehend verwüstet, das gesellschaftliche Gefüge erschüttert und die Menschen traumatisiert. Belarus gehörte ab 1944 wieder zur Sowjetunion. Ein großer Teil der 1939 einverleibten polnischen Gebiete blieben Teil des Landes. In der staatlichen Erinnerungs- und Denkmalkultur des Landes dominierten nach Kriegsende der Tag der Befreiung des Landes am 3. Juli 1944 und der Tag des Sieges am 9. Mai 1945 als Ende eines »heldenhaften« Kampfes im Großen Vaterländischen Krieg. Von zentraler Bedeutung war stets auch die Erinnerung an den Partisanenkrieg. Im sowjetischen Staatsverband verzichtete man auf eine eigenständige Nennung des Massenmords an den Juden. Daher stellt ein Obelisk in der Erschießungsgrube am ehemaligen Minsker Ghetto, der »Jama«, eine Besonderheit auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion dar. Er wurde bereits 1946 errichtet und blieb für Jahrzehnte das einzige Denkmal mit einer jiddischen Aufschrift und direkter Nennung der ermordeten Juden. Ungewöhnlich ist auch die Erinnerungsstätte in Chatyn, wo im März 1943 153 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt worden waren. 1969 entstanden, zeichnet sie sich durch Schlichtheit aus und verzichtet auf die sonst übliche Monumentalität, es stehen die menschliche Dimension des Grauens und das Leid der Opfer im Vordergrund. Mit der Schaffung eines unabhängigen belarussischen Staates 1991 begann die Suche nach einer eigenen nationalen Identität. Hierbei spielen die Opferzahlen – insbesondere während des Zweiten Weltkrieges – eine entscheidende Rolle. Bewusst wird allerdings eine Unterscheidung zwischen dem Gebietstand vor und nach 1939 vermieden. Die Verbrechen der Stalinzeit, aber auch der Holocaust rückten ebenso in das Blickfeld, wurden aber aufgrund der vorhandenen Regierungsform nicht weitergehend öffentlich gemacht. Das staatliche Gedenken, das seinen Ausdruck auch im 2014 eröffneten, monumentalen Neubau des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges findet, bleibt vom Kampf in den Jahren 1941 bis 1944 geprägt. Zugleich hat jedoch der Verband der jüdischen Gemeinden in Belarus inzwischen eine Reihe von Denkmälern für die Opfer des Massenmordes errichten lassen. Seit Anfang der 1990er Jahre haben mehrere deutsche Städte Stelen im Gedenken an die dorthin deportierten und getöteten Juden in Minsk errichtet; das Berliner Erinnerungszeichen wurde – vom Land Berlin und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas finanziert – am 25. Juni 2009 feierlich eingeweiht. Auch eine würdige Gestaltung des Areals von Malyj Trostenez geht voran: seit 2015 erinnert eine Gedenkanlage an die Opfer. Ein zweiter Bauabschnitt wurde 2018 im Beisein der Staatspräsidenten Deutschlands, Österreichs und von Belarus eröffnet. An der Realisierung beteiligte sich auch die Bundesrepublik finanziell, wie auch an der Renovierung der Geschichtswerkstatt, die sich in einem historischen Gebäude auf dem Gebiet des ehemaligen Minsker Ghettos um die Dokumentation von Opferschicksalen kümmert.

Erinnerung

1955 wurde das erste Denkmal in Erinnerung an die ermordeten Einwohner von Dalwa errichtet, das 1963 gegen einen Obelisken mit einem roten Stern ausgetauscht wurde. Der vermutlich einzige Überlebende des Massakers, Nikolaj Girilowitsch setzte sich erfolgreich für den Bau einer größeren Gedenkstätte in Erinnerung an sein Heimatdorf ein. Seine Bemühungen standen auch im Zusammenhang mit der Entstehung des Denkmalkomplexes in Chatyn, der 1969 eröffneten zentralen Gedenkstätte für die zerstörten belarussischen Dörfer. 1972 wurde für Dalwa ein künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben, den der damalige Kunststudent Wladimir Terebun gewann. Die Gedenkstätte wurde schließlich am 15. Juli 1973 eingeweiht. Sie orientiert sich am Grundriss des zerstörten Dorfes und nimmt eine Fläche von etwa 5 Hektar ein. Die belarussische Inschrift auf dem zentralen Gedenkstein lautet: »Bis zum 19. Juni 1944 stand hier das Dorf Dalwa. Zehn Tage vor der Befreiung verbrannten die Hitleristen seine Einwohner bei lebendigem Leib«.
2009 wurde die Gedenkstätte um eine kleine Ausstellung erweitert.

Öffnungszeiten

Die Gedenkstätte ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://dalva.by/

dalva@tut.by