Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung

Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung


Auf dem heutigen Bebelplatz in Berlin-Mitte veranstalteten nationalsozialistische Studenten am 10. Mai 1933 eine rituelle Bücherverbrennung. Seit 1995 erinnert an diesem Ort das Denkmal »Bibliothek« an die unheilverkündende Aktion.

Geschichte

Organisiert wurde die Bücherverbrennung von der Deutschen Studentenschaft (DSt), einer Vereinigung der Studentenausschüsse aller deutschen Hochschulen. Ab 1931 wurde die DSt zunehmend vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und von der NSDAP beeinflusst. Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 bildete den Höhepunkt der bereits am 12. April 1933 beginnenden »Aktion wider den undeutschen Geist«. In dem Aktionsmonat betrieb die DSt intensive Propaganda. In Flugblättern und Zeitschriften prangerten die Studenten den »jüdischen Zersetzungsgeist« an, der im deutschen Schrifttum Niederschlag gefunden habe. Alle Studenten waren dazu aufgerufen, »untaugliche« Hochschullehrer sowie Kommilitonen zu denunzieren und Universitäts- und Institutsbibliotheken, aber auch ihre eigenen Buchbestände von der angeprangerten Literatur zu säubern. Der Höhepunkt und gleichzeitig der Abschluß der Aktion, die Bücherverbrennung, fand zeitgleich in 21 weiteren Universitätsstädten in Deutschland statt. In Berlin formierte sich am Abend ein Fackelzug, der vom Studentenhaus in der Oranienburger Straße zum Opernplatz zog, auf dessen Mitte ein großer Holzstoß errichtet worden war. Die Rede des Ministers für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, heizte die Stimmung auf dem Opernplatz zusätzlich auf. Bei den in allen Städten ähnlich inszenierten Veranstaltungen warfen Studenten nach dem Aufsagen eines »Feuerspruchs« mit dem jeweiligen Autorennamen die Bücher ins Feuer. Verbrannt wurden Werke von Karl Marx, Sigmund Freud, Heinrich Mann, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Anna Seghers, Alfred Döblin, Heinrich Heine und von zahlreichen weiteren Autoren. Im Börsenblatt des deutschen Buchhandels erschien nach dem Ereignis eine Auflistung mit insgesamt 131 Autoren, deren Werke aus Bibliotheken und Buchhandlungen entfernt werden mussten. Die meisten Werke blieben bis zum Zusammenbruch des Nationalsozialismus verboten.

Opfergruppen

Viele der im Deutschen Reich lebenden Dichter und Schriftsteller sahen sich nach den öffentlichen Verbrennungen ihrer Werke am 10. Mai 1933 gezwungen ins Ausland zu emigrieren. Mehrere von ihnen begingen aufgrund der aussichtslosen Situation, in der sie sich sahen, Selbstmord. Viele Schriftsteller, die nicht emigriert waren, wurden von SS und Gestapo verfolgt, ermordet oder setzten ihrem Leben ebenfalls selbst ein Ende: Erich Mühsam wurde beispielsweise von SS-Leuten 1934 im KZ Oranienburg ermordet. Die jüdische Schriftstellerin Gertrud Kolmar wurde 1943 nach Auschwitz deportiert, nachdem sie viele Jahre in Berlin Zwangsarbeit geleistet hatte. Der Publizist und Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky starb 1938 in einem Berliner Krankenhaus an den Folgen seiner langjährigen Haft im KZ Esterwegen. Walter Benjamin, Ernst Toller, Stefan Zweig, Kurt Tucholsky, Egon Friedell und andere wählten den Freitod.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Das Denkmal auf dem heutigen Bebelplatz zwischen Staatsoper, St. Hedwigs-Kathedrale und der »Kommode«, dem Gebäude der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, heißt »Bibliothek«. Es stammt von dem israelischen Künstler Micha Ullman. Die Initiative, ein Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung zu errichten, ergriff bald nach der Wiedervereinigung der Berliner Senat. Die Einweihung von Ullmans »Bibliothek« fand 1995 statt.
Das Denkmal besteht aus einem zwei Mal zwei Meter großen Hohlraum unter dem Bebelplatz, er ist durch eine Glasplatte abgedeckt. Der Innenraum ist weiß gestrichen, an den Wänden symbolisieren leere Bücherregale den kulturellen Verlust, der durch die nationalsozialistische Diktatur entstanden ist.

Öffnungszeiten

Jederzeit zugänglich

Kontakt

Bebelplatz
10117 Berlin