Alte Synagoge Erfurt

Alte Synagoge Erfurt


Seit 2009 besteht das Museum in der Alten Synagoge in Erfurt. Neben Sachzeugnissen jüdischer Kultur spiegelt die Baugeschichte der Synagoge selbst die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Erfurt wider.

Geschichte

Erfurt zählte im Hochmittelalter zu einem der bedeutenden Zentren jüdischen Lebens in Europa. Die jüdische Gemeinde, zu denen viele Gelehrte und Händler gehörten, gestaltete das wirtschaftliche und geistige Leben der Stadt wesentlich mit. Diese Blütezeit des jüdischen Lebens endete mit dem Pogrom von 1349. Nachdem die Bevölkerung die Juden 1485 endgültig aus der Stadt vertrieb, lebten bis zum 19. Jahrhundert keine Juden mehr in Erfurt. Erst unter preußischer Herrschaft kamen jüdische Kaufleute nach Erfurt zurück und erhielten die gleichen Rechte wie Christen. Im Jahr 1840 weihten Erfurter Juden eine neue Synagoge ein. Da diese für die schnell wachsende Gemeinde schnell zu klein wurde, errichtete die Gemeinde 1884 die prachtvolle Große Synagoge. Die Gemeinde wuchs weiterhin schnell. 1853 lebten 191 Juden in Erfurt, im Jahr 1900 waren es 782. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP riefen Nationalsozialisten zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Bis 1936 sank die Zahl der in Erfurt lebenden Juden auf 660. In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 zerstörten Nationalsozialisten die Große Synagoge. 197 jüdische Männer wurden in Haft genommen und anschließend in das KZ Buchenwald gebracht. In den Kriegsjahren deportierten SS und Gestapo nahezu alle noch in Erfurt verbliebenen Juden in Konzentrationslager und Ghettos im Osten.
Nach dem Krieg kamen vereinzelt Juden nach Thüringen und gründeten neue jüdische Gemeinden in Erfurt und Umgebung. Allerdings emigrierte in den folgenden Jahren der Großteil jener Überlebenden im Zuge der politischen Entwicklung nach Israel. Bis auf die jüdische Gemeinde in Erfurt, die nach Berlin zweitgrößte der DDR, wurden alle Gemeinden in Thüringen aufgelöst. Auch die 1952 eingeweihte Synagoge in Erfurt verwaiste immer mehr. 1988 zählte die jüdische Gemeinde Erfurts nur noch 30 Mitglieder.

Opfergruppen

Die Ausstellung in der Alten Synagoge behandelt anhand von Baumodellen, Kunstgegenständen und Handschriften jüdisches Leben im Erfurt des Mittelalters.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Die Alte Synagoge mit ihren ältesten Bauteilen aus dem 11. Jahrhundert gilt als die älteste, bis zum Dach erhaltene Synagoge in Mitteleuropa. Die Tatsache, dass das Gebäude die Jahrhunderte überdauerte, liegt vor allem daran, dass sein ursprünglicher Zweck in Vergessenheit geriet. Nach dem Pogrom von 1349, bei dem an der Synagoge schwere Schäden entstanden waren, wurde der Bau während der folgenden 500 Jahren als Lagerhaus genutzt. Im späten 19. Jahrhundert wurde er zu einem Wirtshaus umgestaltet. Im Obergeschoss entstand ein Tanzsaal, dessen an Stuckfiguren und farbiger Bemalung reiche Ausstattung noch weitgehend erhalten ist. Die Zwischendecke wurde durch eine Empore ersetzt, im Erdgeschoss befanden sich eine Küche sowie ein Gastraum. Im Keller und Erdgeschoss gab es Kegelbahnen.
Infolge der Restaurierungsarbeiten Anfang der 1990er Jahre gelang es, die verschiedenen Funktionen des Gebäudes in den vergangenen neun Jahrhunderten sichtbar zu machen. Im Jahr 2009 eröffnete die Stadt ein Museum im Gebäude. Die wertvollen Exemplare der Dauerausstellung, wie z.B. von der Erfurter Gemeinde stammende hebräische Handschriften, rücken die jüdische Kultur des Mittelalters in den Mittelpunkt der Ausstellung in der Alten Synagoge.
Neben der Alten Synagoge erzählen zwei weitere Synagogen vom jüdischen Leben in Erfurt. Die 1840 erbaute Kleine Synagoge wurde lediglich bis 1884 als Synagoge genutzt. Anschließend diente sie als Lager- und Wohnhaus und überlebte somit die Zerstörungswut der Nationalsozialisten. 1884 weihte die jüdische Gemeinde die Große Synagoge ein, einen Kuppelbau mit 500 Plätzen. Die Nationalsozialisten zerstörten diese in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938. Auf demselben Grundstück entstand 1952 die Neue Synagoge, der einzige Synagogenneubau in der DDR.

Angebote

Dauerausstellung zur mittelalterlichen Geschichte des jüdischen Lebens in Erfurt, Audioguides, Führung nach Anmeldung

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 10:00 - 18:00.

Kontakt

http://www.alte-synagoge.erfurt.de

altesynagoge@erfurt.de

+49 (0)361 655 160 8

An der Stadtmünze 4/5
99084 Erfurt