Gedenkstätte für die Opfer des KZ Langenstein-Zwieberge

Gedenkstätte für die Opfer des KZ Langenstein-Zwieberge


Seit 1949 erinnert ein Mahnmal an die Opfer des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge, das im April 1944 als Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet wurde. Die Gedenkstätte wurde mehrfach umgestaltet und erweitert.

Geschichte

Aufgrund der gezielten Luftangriffe der Alliierten war die deutsche Führung bestrebt, große Teile der Rüstungsproduktion in unterirdische Anlagen zu verlegen. Auch in den Thekenbergen zwischen Halberstadt und Langenstein wurde der Bau eines Stollensystems mit einer Grundfläche von bis zu 60.000 m² vorbereitet, um darin Teile für Jagdflugzeuge zu produzieren. Für diesen Zweck richtete die SS im April 1944 das Lager Langenstein-Zwieberge als Außenlager des etwa 100 Kilometer entfernten Konzentrationslagers Buchenwald ein. Das Lager wurde von etwa 500 Angehörigen der SS und der Luftwaffe bewacht.
Es bestand aus drei Kommandos. Das größte, »Malachit«, bestand aus etwa 6.000 Gefangenen im Alter zwischen 13 und 70 Jahren, die unter schwersten Bedingungen am Bau des Stollensystems arbeiten mussten. Viele verloren dabei ihr Leben. Ein zweites Kommando, »Junkers«, umfasste etwa 900 Gefangene, die ebenfalls beim Stollenbau eingesetzt wurden. Das dritte Kommando, »Maifisch«, sollte einen Stollen in den Hügel Hoppelberg treiben. Dieses Projekt wurde später aufgegeben, so dass die etwa 200 Gefangenen dieser Gruppe im Januar 1945 dem Kommando Malachit zugewiesen wurden.
Misshandlungen und öffentliche Hinrichtungen von Gefangenen waren an der Tagesordnung. Sehr viele Gefangene gingen an der schweren körperlichen Arbeit und der unzureichenden Verpflegung zugrunde. Von den etwa 7.000 Gefangenen, die das Lager durchliefen, kamen etwa 2.000 um.
Am 9. April 1945 wurde das Lager evakuiert. Sechs Kolonnen zu jeweils 500 noch gehfähigen Häftlingen marschierten aus dem Lager los. Die übrigen etwa 1.400 schwerkranken Gefangenen blieben zurück und wurden zwei Tage später von US-amerikanischen Truppen befreit.
Beim Todesmarsch, der fast zwei Wochen dauerte, wurden etwa 2.500 Gefangene von den Wachmannschaften erschossen, wenn sie entkräftet zusammenbrachen oder versuchten zu fliehen. Nur ein kleiner Teil der Gefangenen überlebte.

Opfergruppen

Von etwa 7.000 Gefangenen kamen etwa 2.000 im Lager aufgrund der mörderischen Arbeits- und Lebensbedingungen um. Die Todesmärsche, die 3.000 Gefangene im April 1945 antreten mussten, überlebten nur etwa 500. Die Gefangenen stammten aus 23 verschiedenen Nationen, unter anderem aus Frankreich, Polen, der Sowjetunion und Ungarn.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Bereits im September 1949 wurde bei den Massengräbern ein erstes Mahnmal eingeweiht.
In den 1960er Jahren wurde das Gelände umgestaltet und 1968 als Mahn- und Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge der Öffentlichkeit übergeben. Das Gelände umfasst das Lagergelände und den Ort der Massengräber. Seit 1976 gehört auch ein Museum dazu. In den 1980er Jahren wurde beim Eingang die Plastik »Vernichtung durch Arbeit« des Magdeburger Künstler Wolfgang Roßdeutscher (*1945) aufgestellt. Ein weiteres markantes Element der Gedenkstätte ist der »Todeskiefer«, ein Baum, an dem mehrere Gefangene erhängt wurden. Der Baum starb in den 1960er Jahren ab, sein Stamm ist jedoch erhalten geblieben.
Die Arbeit der Gedenkstätte wurde jahrzehntelang durch die internationale Zusammenarbeit mit ehemaligen Häftlingen geprägt. Das Gelände und das Mahnmal wurden indes mehrfach umgestaltet. 2011 wurden am Mahnmal Namenstafeln angebracht.
Die Gedenkstätte gehört heute zur Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt. Sie ist sowohl ein Ort der Forschung als auch der historisch-politischen Bildung. Im Rahmen von Führungen können auch einzelne Abschnitte der Stollen besichtigt werden.

Angebote

Dauerausstellung zur geplanten Rüstungsproduktion; Führungen auf dem Gelände des ehemaligen Lagers; Begehung eines Stollenabschnitts (jahreszeitlich bedingt); Gedenkstättenpädagogische Angebote für Gruppen; Bibliothek, Archiv, Videothek

Öffnungszeiten

Das ehemalige Lagergelände kann ohne Voranmeldung tagsüber besichtigt werden.

Dauerausstellung im Verwaltungs- und Ausstellungsgebäude:
dienstag bis freitag 9.00 bis 15.30
April bis Oktober: jedes letzte Wochenende im Monat 14.00 bis 17.00
Für angemeldete Gruppen nach Vereinbarung.

Stollenabschnitt: April bis Oktober jedes letzte Wochenende im Monat 14.00 bis 17.00 Uhr
Für angemeldete Gruppen nach Vereinbarung
Von November bis März geschlossen

Kontakt

https://gedenkstaette-langenstein.sachsen-anhalt.de/aktuelles/

info-langenstein@erinnern.org

+49 (0)3941 567 326