Denkmal Welonen

Memoriāls Viļāni


Die Stadt Welonen (lettisch: Viļāni) liegt am Fluss Malta im Osten Lettlands. Beinahe die gesamte jüdische Gemeinde der Stadt wurde im August 1941 von lettischen Nationalisten im Auftrag der SS erschossen. Am Ort der Massenerschießung erinnern mehrere Gedenksteine an die Opfer.

Geschichte

1935 gehörten der Jüdischen Gemeinde Welonens etwa 400 Mitglieder an. Nach der Besetzung Lettlands durch die Sowjetunion 1940 wurde das jüdische Leben auch in Welonen stark eingeschränkt.
Im Juli 1941, nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Lettland, ermordeten lettische Nationalisten eine kleinere Gruppe Juden am Ufer der Malta. Am 3. August 1941 trieben Angehörige der SS-Einsatzgruppe A und der örtlichen Polizei die jüdische Bevölkerung Welonens in einer Schule zusammen. Am Tag darauf wurden die Männer, Frauen und Kinder in einem nahe Welonen gelegenen Wald erschossen und die Leichen in bereits vorher angelegten Gruben vergraben. Die Erschießung führte eine aus Riga eingetroffene Einheit des Arājs-Kommandos durch. Bei dieser Gruppe handelte es sich um antisemitisch gesinnte lettische Nationalisten unter der Führung von Victors Arājs. Das Arājs-Kommando arbeitete eng mit der Einsatzgruppe A zusammen.
Im Januar 1942 gab es an der gleichen Stelle im Wald eine weitere Erschießung, bei der SS-Angehörige etwa dreißig Roma aus Welonen ermordeten.

Opfergruppen

Etwa 300 jüdische Männer, Frauen und Kinder sowie dreißig Roma starben bei den Massenerschießungen im Wald bei Welonen.

Erfahre mehr über Lettland

1940 wurde das seit 1918 unabhängige Lettland gemäß einem deutsch-sowjetischen Vertrag – dem so genannten Hitler-Stalin-Pakt – von der Roten Armee besetzt. Am 22. Juni 1941, als deutsche Truppen die Sowjetunion angriffen, lebten noch etwa 70.000 Juden im Land. Über 23.000 waren – wie Zehntausende andere Letten – kurz zuvor vom sowjetischen Geheimdienst NKWD nach Sibirien verschleppt worden oder hatten in das Landesinnere fliehen können. Der kämpfenden Wehrmacht folgte die SS-Einsatzgruppe A, die unter aktiver Beihilfe von Angehörigen des lettischen »Selbstschutzes« zwischen Juli und Anfang Dezember 1941 etwa 30.000 Juden erschoss. Die Ortskommandanturen der Wehrmacht richteten noch im Spätsommer 1941 zwei Ghettos ein: in der Hauptstadt Riga mit 30.000 und in Dünaburg (Daugavpils) mit 14.000 jüdischen Häftlingen. In zwei großen Massenerschießungen Ende 1941 im Wald von Rumbula bei Riga ermordeten deutsche und lettische Sondereinheiten 25.500 Juden aus dem dortigen Ghetto. Das leergeräumte »Große Ghetto« in Riga war ab Dezember 1941 Ziel von Deportationszügen mit 25.000 deutschen, österreichischen und tschechischen Juden. Anfang 1942 fanden erneut Massenerschießungen im Wald von Bikernieki bei Riga statt, denen Tausende Juden zum Opfer fielen. Bis Kriegsende kamen 95 Prozent der jüdischen Vorkriegsbevölkerung Lettlands und etwa 120.000 nichtjüdische Zivilisten gewaltsam zu Tode. Mit der Rückeroberung Lettlands durch die Rote Armee 1944 wurde das Gebiet erneut Teilrepublik der Sowjetunion. Es entstanden zahlreiche Denkmäler zur Erinnerung an den »Sieg« im »Großen Vaterländischen Krieg«. Erst 1990/91 erkämpfte Lettland seine staatliche Unabhängigkeit von Moskau auch gegen sowjetische Panzer. Anschließend wurden viele sowjetische Monumente abgebaut, die jahrzehntelange Besatzung und der Widerstand rückten ins Zentrum der nationalen Erinnerung. Die Annexion Lettlands durch die Sowjetunion 1940/41 sowie 1944 bis 1990 und die deutsche Besetzung wurden gleichgesetzt; wie in Litauen und Estland Okkupationsmuseen eingerichtet, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Jahre des sowjetischen Terrors ist. Während des Krieges hatten um die 160.000 Letten – freiwillig oder gezwungen – in der Lettischen Legion der Waffen-SS gedient und waren bei Massenerschießungen, Brandschatzungen und der Bewachung von Lagern, aber auch im Krieg und gegen Partisanen eingesetzt. Zu sowjetischen Zeiten ausgegrenzt und verfolgt, wurden die früheren »Legionäre« nach 1990/91 von vielen als Freiheitskämpfer gegen die kommunistische Fremdherrschaft angesehen und geehrt. Gegen diese einseitige Sichtweise regte sich Protest im Ausland. Ende 1998 wurde eine internationale Historikerkommission zum Thema »Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der zwei Okkupationen 1940–1956« beim Präsidenten der Republik eingerichtet. Stätten des Gedenkens an den Holocaust gibt es vor allem auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Salaspils seit 1967 und seit 2001 in Bikernieki. Im Wald von Rumbula stellten jüdische Dissidenten bereits 1962 einen Davidstern zur Erinnerung auf. Das Gedenkzeichen wurde von den sowjetischen Behörden beseitigt und durch ein Ehrenmal für die »Opfer des Faschismus« ersetzt. Im November 2002 konnte ein neues Denkmal eingeweiht werden. In der Hauptstadt Riga gründeten Holocaustüberlebende 1989 ein jüdisches Museum. 2005/06 entstand auf den Fundamenten der ehemaligen Choralsynagoge in Riga eine Gedenkstätte zur Erinnerung an alle Opfer des Holocaust und an alle Juden, die auf lettischem Boden ermordet wurden. Seit 2010 gibt es ein Museum des Rigaer Ghettos.

Erinnerung

In den 1950er Jahren ließen die sowjetischen Behörden ein Denkmal an der Erschießungsstelle aufstellen. Die Inschrift auf dem Gedenkstein erinnert allgemein an die »von den Faschisten am 4. August 1941 Ermordeten«. Juden werden als Opfer nicht ausdrücklich erwähnt.
Auf Initiative überlebender jüdischer Einwohner Welonens wurde ebenfalls in den 1950er Jahren ein zweiter Gedenkstein am Ort der Erschießungen errichtet. Dessen in Hebräisch verfasste Inschrift lautet: »Unschuldige Opfer, von der Hand der Faschisten ohne Gnade umgebracht und verbrannt in Welonen 1941«. Trotz der hebräischen Inschrift und einer eingemeißelten Menora werden auch hier keine Juden als Opfer benannt.
Ergänzt wird die Stätte durch eine Tafel, die den hier ermordeten Roma gewidmet ist. Jährlich am 4. August, dem Tag der Massenerschießung, finden an diesem Ort Gedenkveranstaltungen statt.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

+371 (0)46 280 35

LV-4650 Viļāni