Denkmal für die Opfer des Lagers Janowska

Пам'ятник жертвам Янівського концтабору


Im westukrainischen Lemberg (ukrainisch: Lwiw) erinnert ein Gedenkstein an die im Zwangsarbeitslager (ZAL) »Janowska« ums Leben gekommenen Juden. Mehrere Zehntausend Juden verloren zwischen 1941 und 1944 hier ihr Leben.

Geschichte

Im damals polnischen Lemberg lebten 1939 etwa 110.000 Juden, fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges besetzten sowjetische Truppen die Stadt. Zu dieser Zeit kamen etwa 100.000 jüdische Flüchtlinge aus den deutsch besetzten Gebieten Polens nach Lemberg. Viele dieser Flüchtlinge wurden im Sommer 1940 in die Sowjetunion deportiert. Nach dem Angriff auf die Sowjetunion, besetzte die deutsche Wehrmacht Lemberg am 30. Juni 1941. Sofort ermordeten Einsatzgruppenangehörige und ukrainische Nationalisten etwa 4000 Juden innerhalb von vier Tagen. Im September 1941 übernahm ein SS-Kommando unter Wolfgang Mohwinkel ein Fabrikgelände in der Janowska-Straße. Die Produktion dort sollte der Versorgung der deutschen Truppen dienen. Später wurden die Fabriken von den Deutschen Ausrüstungswerken (DAW), einem Unternehmen der SS, betrieben und ausgebaut. Die SS setzte Juden aus Lemberg als Zwangsarbeiter in den Fabriken ein. Im Frühjahr 1942 wurde neben dem DAW-Gelände das eigentliche Lager errichtet. Auf dem Weg zwischen Lager und DAW-Gelände selektierten SS-Leute die Häftlinge, »Arbeitsunfähige« wurden in Sandhügeln (von Häftlingen »Piaski« genannt) hinter dem Lager erschossen. Ab März 1942 diente das Lager Janowska auch als Durchgangslager: Juden aus dem Lemberger Ghetto oder »Arbeitsunfähige« wurden von hier in das Vernichtungslager Belzec deportiert. Am 19. Juli 1944 wurde das Lager vor der Ankunft der herannahenden Roten Armee aufgelöst.

Opfergruppen

Die Zahl der Opfer im Zwangsarbeitslager Janowska kann nur geschätzt werden. Viele Juden wurden von hier in Vernichtungslager deportiert, die Gesamtzahl der Häftlinge, die Janowska durchlaufen haben, ist nicht feststellbar. Man geht davon aus, dass mindestens 50.000 Juden im Lager Janowska umgekommen sind: Sie wurden erschossen, verhungerten oder starben an Seuchen und Erschöpfung.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Nach dem Krieg wurde Lemberg wieder sowjetisch. Jahrzehntelang erinnerte am historischen Ort nichts an das ehemalige Zwangsarbeitslager und Mordstätte Janowska. Auf einem Teil des Geländes befindet sich bis heute eine Haftanstalt, andere Teile sind mit Vegetation überwuchert.
Erst 1993, zwei Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde ein Gedenkstein im Gedenken an die Opfer aufgestellt. Der zehn Tonnen schwere Findling wurde von einem Überlebenden des Lagers, Alexander Schwarz (*1924 in Borysław), gestiftet. Auf dem Stein ist ein Davidstern abgebildet. Die Inschrift in ukrainischer, hebräischer und englischer Sprache lautet: »Möge die Erinnerung an die Opfer des Nazi-Genozids im Todeslager Janowska überdauern – 1941–1943«. Auf dem Stein wird neben einer Inschrift die Opferzahl von 200.000 Toten im Zwangsarbeitslager Janowska genannt.
Das Gelände hinter dem Denkmal, wo vermutlich Massenerschießungen stattfanden, ist nur schwer zugänglich. Die Errichtung einer Gedenkstätte steht noch aus.
In unmittelbarer Nähe des ehemaligen Lagers befindet sich der Bahnhof Klepariw. Am Bahnhofsgebäude erinnert eine kleine Gedenktafel daran, dass von dort aus die Juden Ostgaliziens in das Vernichtungslager Belzec deportiert wurden.
In der Lemberger Innenstadt befindet sich ein weiteres Denkmal, das an die Opfer des Lemberger Ghettos erinnert.

Öffnungszeiten

Der Gedenkstein ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Ulica Schewtschenka
Lwiw