Am historischen Ort in Prag erinnert ein Denkmal an die tschechoslowakischen Fallschirmspringer, die 1942 ein Attentat auf Reinhard Heydrich verübten.
Geschichte
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde am 16. März 1939 die »Rest-Tschechei« als Protektorat Böhmen und Mähren vom Deutschen Reich einverleibt. Prag behielt zwar eine eigene Regierung, war aber weitgehend von Berlin abhängig. In der Stadt wurde ein Reichsprotektor installiert um die Interessen des Reiches durchzusetzen. Um den tschechischen Widerstand noch unnachgiebiger zu verfolgen, wurde 1941 der Chef des Reichssicherheitshauptamts Reinhard Heydrich als stellvertretender Reichsprotektor nach Prag entsandt, während der eigentliche Reichsprotektor Konstantin von Neurath beurlaubt wurde.
In Großbritannien entwickelte der britische Geheimdienst Special Operations Executive (SOE) unter dem Decknamen »Unternehmen Anthropoid« den Plan, Heydrich zu töten. Die Briten betrachteten ihn als eine der wichtigsten Figuren in der nationalsozialistischen Machthierarchie. Zwei ehemalige Unteroffiziere der tschechoslowakischen Armee, Jozef Gabčík und Jan Kubiš, wurden für diese Mission ausgebildet. Sie sprangen im Dezember 1941 mit dem Fallschirm über dem Protektorat ab. Es gelang ihnen, mit dem Widerstand Kontakt aufzunehmen. Nach langer Vorbereitung legten sie im Prager Vorort Liben mit Hilfe eines anderen Agenten einen Hinterhalt für Heydrich. Obwohl das Attentat am 27. Mai 1942 fehlschlug, starb Heydrich an dessen Folgen am 4. Juni.
Die deutschen Behörden reagierten mit der Verhängung des Ausnahmezustands und mit einer äußerst brutalen Welle von Unterdrückungsmaßnahmen. Dazu gehörten Massenverhaftungen, Hinrichtungen sowie die Auslöschung der Orte Lidice und Ležáky. Die Attentäter Gabčík und Kubiš tauchten indes unter. Schließlich wurden sie von einem Kameraden verraten und am 18. Juni 1942 in einem heftigen Kampf, den sie der SS in einer Prager Kirche lieferten, getötet.
Opfergruppen
Das Denkmal erinnert an die Fallschirmspringer, die das Attentat auf Heydrich ausübten und später im Kampf getötet wurden. Beim Attentat war außer Jozef Gabčík und Jan Kubiš auch der Widerstandskämpfer Josef Valčík dabei.
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Tschechische Republik
Die tschechischen Länder Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien gehörten bis 1918 zu Österreich-Ungarn und schlossen sich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Slowakei zur Tschechoslowakei zusammen. Von Herbst 1938 bis Frühjahr 1939 wurde der Staat in mehreren Schritten durch das Deutsche Reich zerschlagen: Im September 1938 schloss Deutschland das überwiegend von einer deutschen Bevölkerung bewohnte Grenzland im Norden und Westen als »Sudetengau« dem Reichsgebiet an. Übrig blieb die sogenannte Resttschechei, deren Gebiet am 14. März 1939 von der deutschen Wehrmacht eingenommen wurde. Zugleich erklärte die Slowakei ihre Unabhängigkeit. Die Tschechoslowakei hörte auf, zu existieren; die tschechischen Länder standen fortan als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter deutscher Kontrolle. Der entstehende Widerstand der Bevölkerung wurde blutig unterdrückt, zugleich begann die Verfolgung von Juden und Roma. Von den rund 120.000 Juden der böhmischen Länder wurden etwa 78.000 während des Holocaust ermordet. Dabei diente die ehemalige Festung Theresienstadt (Terezín) als zentraler Ort der Internierung und Durchgangslager in die Vernichtungszentren im Osten. Zudem wurden etwa 8.000 nichtjüdische Tschechen ermordet, davon etwa 1.700 während der Terrorwelle nach dem tödlichen Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich (1904–1942) am 27. Mai 1942. Als Reaktion machten deutsche Polizeikräfte das Dorf Liditz (Lidice) und den Weiler Ležáky dem Erdboden gleich. 1945, vier Tage vor Kriegsende, brach in Prag und anderen tschechischen Städten ein bewaffneter Aufstand aus, der sich vor allem gegen tschechische Kollaborateure und die deutsche Minderheit richtete.
Die Erinnerung an die Jahre von 1938 bis 1945 ist vor allem durch das Trauma der völligen Zerschlagung des Landes geprägt. Im Zentrum standen die Verbrechen der Nationalsozialisten und lange Zeit der Wunsch nach Rache. Eine der Folgen war die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung. Zu dieser Erinnerung gehört heute aber auch das schmerzliche Bewusstsein des relativ schwachen Widerstands und der verbreiteten Kollaboration.
Die wiederhergestellte Tschechoslowakei war ab 1948 kommunistisch. Die Erinnerung an den Holocaust hatte kaum Platz, zumal das Land in den frühen 1950er Jahren, auf dem Höhepunkt der stalinistischen Säuberungen, von einer judenfeindlichen Welle erschüttert wurde. In der Erinnerungskultur wurde – neben den im »Ostblock« üblichen Huldigungen an die siegreiche Rote Armee – besonders die Erinnerung an das Massaker von Lidice gepflegt. Hier war es möglich, die Brutalität der Nationalsozialisten darzustellen, ohne an den Holocaust erinnern zu müssen.
Mit dem Ende des Staatssozialismus 1989 änderte sich dies; eine Entwicklung, die in der Reformzeit des Prager Frühlings 1968 bereits einmal eingesetzt hatte, aber mit dem Einmarsch von Staaten des Warschauer Pakts gestoppt worden war. Schrittweise gerät in Teilen der tschechischen Gesellschaft so auch die Erinnerung an eine heute zerstörte, in Jahrhunderten gewachsene Kultur des Zusammenlebens von Tschechen, Deutschen und Juden in den Blick, nicht nur in der Hauptstadt Prag werden ihre Spuren immer sichtbarer Der wichtigste Ort der Erinnerung an die Opfer des Holocaust ist die Gedenkstätte auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos Theresienstadt (Terezín). Zum offenen Konflikt kam es seit den 1990er Jahren in Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager Lety, in das böhmische Roma gezwungen worden waren, bevor sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Lange war hier ein Schweinemastbetrieb untergebracht, der ein würdiges Gedenken unmöglich machte. Dieser wurde 2022 abgerissen, um für eine Gedenkstätte Platz zu machen.
Erinnerung
Nach dem Attentat errichteten die Deutschen ein Denkmal zu Ehren Heydrichs. Es wurde bei Kriegsende zerstört.
2007 errichteten zwei voneinander unabhängige Bürgerinitiativen Gedenktafeln in der Nähe des Ortes. Eine davon verschwand im Juni 2009.
Das Denkmal »Unternehmen Anthropoid« wurde am 27. Mai 2009, am Jahrestag des Heydrich-Attentats, eingeweiht. Es steht genau am Ort des Attentats, obwohl die Straßenführung heute eine andere ist. Dort befand sich auf Heydrichs täglichem Weg zur Arbeit eine Haarnadelkurve; ein idealer Ort für den Anschlag, weil Heydrichs Wagen stark abbremsen musste.
Die drei auf der Statue abgebildeten Figuren sollen Gabčík und Kubiš sowie einen Zivilisten darstellen - letzterer soll den zivilen Widerstand symbolisieren. An der Verwirklichung des Denkmals waren die Bildhauer David Moješčík und Michal Šmeral sowie die Architekten Miroslava Tůmová und Jiří Gulbi maßgeblich beteiligt. Das Projekt wurde 2008 durch den Prager Stadtbezirk 8 angestoßen und anschließend auch finanziert.