Denkmal »Schlucht des Todes« für die Juden der Stadt Taganrog

Памятник »Балка смерти«


Seit 1997 befindet sich an der »Schlucht des Todes«, der »Petruschina-Schlucht« bei Taganrog, ein Denkmal für die Juden der Stadt, die deutsche SS-Einheiten im Oktober 1941 erschossen hatten.

Geschichte

Die deutsche Wehrmacht besetzte unter dem Kommando General Kleists Taganrog am 18. Oktober 1941. Im gleichen Monate erreichten das SS-Sonderkommando (SK) 10a und Verbände der 1. SS-Panzerdivision »Leibstandarte Adolf Hitler« die Stadt. Ab diesem Zeitpunkt mussten alle Juden eine Armbinde mit einem gelben Stern tragen. Der Befehlshaber des SK 10a, Heinrich Seetzen, setzte den 26. Oktober 1941 für die Erschießung der Juden fest. Auf Anordnung des Stadtkommandanten Major Averdunk sammelten sich an diesem Tag etwa 1.800 Juden am Wladimirplatz in der Schule Nr. 26, wo sie Lebensmittel und Wertsachen abgeben mussten. Daraufhin führten Männer des SK die Juden zur »Petruschina-Schlucht«, die von Angehörigen der Leibstandarte bereits abgesperrt worden war. Hier erschoss das SK 10a alle Juden der Stadt.

Opfergruppen

Mindestens 1.800 Juden aus Taganrog erschossen Angehörige des SS-Sonderkommandos 10a an der »Petruschina-Schlucht«. Sie ermordeten familienweise jüdische Männer, Frauen und Kinder.

Erfahre mehr über Russische Föderation

In der Russischen Föderation ist der 9. Mai – der Gedenktag an den Sieg der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg gegen den »Hitlerfaschismus« – der bedeutendste Feiertag, der aus der sowjetischen Vergangenheit übernommen wurde. Am 23. August 1939 hatte die Sowjetunion unter Josef Stalin (1878–1953) zunächst einen »Nichtangriffspakt« mit dem Deutschen Reich geschlossen. Beide Regime verständigten sich darin über ihre »Interessensphären« in Ostmitteleuropa und beschlossen unter anderem die gemeinsame Teilung Polens. Ab dem 22. Juni 1941 marschierten die deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten in sowjetisches Territorium ein. Bei Kriegsende 1945 waren auf dem besetzten sowjetischen Gebiet nach neueren Schätzungen insgesamt bis zu 28 Millionen Tote in Armee und Bevölkerung zu beklagen. Die sowjetische Erinnerungskultur ist im heutigen Russland wieder dominierend. Ihre Sinnbilder – wie die monumentalen Denkmäler in Sankt Petersburg oder Wolgograd – sind noch immer beliebt und weiterhin Schauplatz großer Gedenkveranstaltungen am 9. Mai. Diese Erinnerungsstätten sind allerdings weniger Orte der Trauer und des Totengedenkens als vielmehr der Heldenverehrung. Der Opfer wurde lange Zeit gar nicht, später als »Opfer des Faschismus« gedacht. Die Wirkungsmacht dieser Sicht auf die Vergangenheit lässt sich beispielhaft am Konflikt um eine 1995 aufgestellte Skulptur vor dem Museum des Großen Vaterländischen Kriegs in der Hauptstadt Moskau ablesen. Das Denkmal »Tragödie der Völker« ist den etwa zwanzig Millionen zivilen Opfer der Jahre 1941 bis 1944 in der Sowjetunion gewidmet und sollte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Russlands markieren. Nach heftiger Kritik an der auch in der Bevölkerung als zu pessimistisch empfundenen Aussage musste das Denkmal hinter das Gebäude versetzt werden. Zugleich gab es aber auch nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen wie »Memorial«, die sich mit verdrängten Kapiteln der Geschichte beschäftigten, wie mit den Gefangenen der Roten Armee und Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Sie galten nach ihrer Rückkehr als Verräter, wurden pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt und erneut in Lagern inhaftiert. Auch im Rahmen des staatlich-offiziellen Gedenkens gab es immer wieder engagierte lokale Kulturämter, die besondere Denkmäler und eine die Opfer einbeziehende Gedenkkultur durchsetzten. Dass an einigen Orten, häufig mit geringsten finanziellen Mitteln, kleine Erinnerungsstätten entstanden sind, ist oft auch dem Engagement von Privatpersonen oder von jüdischen Gemeinden zu verdanken. Etwa 100.000 sowjetische Juden auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation waren nach 1941 vor allem Massenerschießungen der SS-Einsatzgruppen und ihrer Helfer zum Opfer gefallen. Zu Sowjetzeiten wurde an sie als »friedliche Bürger« erinnert. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ging man dazu über, an offiziellen Denkmälern zusätzliche Tafeln anzubringen und die jüdischen Opfer zu benennen oder durch eine Übersetzung der Inschrift ins Hebräische ins Gedächtnis zu rufen. In Ansätzen gab es auch russische Forschung zum Holocaust. 2012 eröffnete in Moskau das auch von internationalen Experten anerkannte Jüdische Museum und Toleranzzentrum. Gleichzeitig wurde das politische Regime in Russland immer nationalistischer, in der Staatspropaganda dominiert ein offen revisionistisches Geschichtsnarrativ, das mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch aggressiver wurde. Währenddessen wurden wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch »Memorial«, massiv unterdrückt.

Erinnerung

In der sogenannten »Schlucht des Todes« befinden sich mehrere Denkmale und Gedenktafeln. Eines der älteren Denkmale weist nicht konkret auf Juden als Opfergruppe hin.
Am 30. August 1997 wurde auf Initiative der Jüdischen Gemeinde Taganrog ein neuer Gedenkstein eingeweiht. Der Gedenkstein trägt die jüdischen Symbole Davidstern und Menora sowie ein hebräisches Zitat, das von der Namensgebung der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem inspiriert ist: »Jeder Mensch hat einen Namen«.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

+786 344 391 018

Petruschanskaja balka (Schlucht)
346842 Taganrog