Kreismuseum Wewelsburg: Wewelsburg 1933-1945. Erinnerungs- und Gedenkstätte

Kreismuseum Wewelsburg; Wewelsburg 1933-1945. Erinnerungs- und Gedenkstätte


Seit 1982 dokumentiert eine Ausstellung im ehemaligen Wachgebäude auf dem Burgvorplatz der Wewelsburg, im gleichnamigen Dorf in der Nähe von Büren, das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslager (KZ) Wewelsburg/Niederhagen. Heinrich Himmler ließ die Wewelsburg ab 1934 zum ideologischen Schulungszentrum und Kultstätte der SS umbauen. Dazu setzte die SS auch Zwangsarbeiter ein: Von 1939 bis 1945 bestand in Wewelsburg ein Konzentrationslager, dessen Häftlinge Bauarbeiten an der Burg durchführen mussten. Seit 2010 gibt es in ihrer ehemaligen Kultstätte Wewelsburg eine Dauerausstellung zur Geschichte der SS.

Geschichte

Im September 1934 mietete Heinrich Himmler die Wewelsburg im gleichnamigen Dorf in der Nähe von Büren, um hier eine Art Akademie für »SS-Führer« und eine ideologische Kultstätte einzurichten. Für Ausbau und Renovierung der Burg setzte Himmler Angehörige des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) ein, die vom Kreis Büren seit 1932 in einem Lager im Nachbarort angesiedelt wurden. 1938 gerieten die Bauarbeiten ins Stocken, nachdem die Angehörigen des umbenannten Reichsarbeitsdienstes (RAD) zum Bau des »Westwalls« abkommandiert wurden. Deshalb wurden im Mai 1939 etwa hundert »Befristete Vorbeugehäftlinge« (»BV-Häftlinge«) als Zwangsarbeiter aus dem KZ Sachsenhausen nach Wewelsburg gebracht. Sie mussten in einem Zeltlager leben und in der Nähe das »Kleine Lager« errichten. Nach zwei Fluchtversuchen, bei denen die SS beide Flüchtlinge erschoss, wurden die »BV-Häftlinge« gegen »Ernste Bibelforscher«, wie die Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus genannt wurden, ausgetauscht, da sie selten Widerstand leisteten. Ab Sommer 1940 errichteten die Häftlinge ein Schutzhaftlager. Ab Herbst 1940 stieg ihre Zahl auf 470 an, vor allem als »asozial« bezeichnete Häftlinge kamen in das Lager. Im Januar 1941 wurde das Lager als Außenlager dem KZ Sachsenhausen unterstellt, schließlich ab Herbst 1941 als eigenständiges »Konzentrationslager Niederhagen« geführt. Ab diesem Zeitpunkt kamen viele ausländische Häftlinge als Zwangsarbeiter nach Wewelsburg, ab 1942 auch viele sowjetische Kriegsgefangene. Die Häftlinge des KZ Niederhagen mussten in Steinbrüchen arbeiteten oder führten Bauarbeiten im Nordturm der Burg und in der darunter gelegenen »Gruft« aus. Von 1942 bis 1943 stieg die Zahl der Gefangenen auf etwa 1.500 an, bis die SS das Lager am 30. April 1943 auflöste und die Häftlinge in andere Lager verlegte. Nur noch ein »Restkommando« von etwa 50 Häftlingen verblieb in Wewelsburg. Ende März 1945 sprengte die SS die Burg und floh. Amerikanische Truppen befreiten die Häftlinge am 2. April 1945.

Opfergruppen

Die Häftlinge im Lager Wewelsburg waren zu Beginn »BV-Häftlinge« (»Befristete Vorbeugehäftlinge«), die als Kriminelle verhaftet worden waren. Ab 1940 setzte die SS im Lager vor allem »Ernste Bibelforscher« ein. Später kamen politische und »asoziale« Häftlinge hinzu, aber auch Sinti und Roma, Homosexuelle und Juden. Ab 1941 wurden ausländische Gefangene in Wewelsburg interniert: Sie kamen aus Polen, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Alle Häftlinge mussten Zwangsarbeit leisten, viele starben vor allem bei der harten Arbeit in den Steinbrüchen. Ab 1942 kamen auch sowjetische Kriegsgefangene nach Wewelsburg. Von den etwa 3.900 Häftlingen, die das Lager von 1939 bis 1945 durchliefen starben mindestens 1.280, ungefähr 730 der Toten stammten aus der Sowjetunion.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach dem Krieg blieb das Lager in Wewelsburg bis 1946 als DP-Lager (»Displaced Persons«) bestehen, danach als Lager für Vertriebene und Flüchtlinge. Nach und nach rissen die Bewohner die Baracken ab und errichteten eine Wohnsiedlung. Die Wewelsburg wurde ab 1948/49 wieder aufgebaut, von 1973 bis 1975 auch der Nordturm. Ein vor dem ehemaligen Lagertor zum Gedenken errichtetes Holzkreuz verfiel, ein in den 1950er Jahren in der Burg angebrachtes Mahnmal wurde in den 1970er Jahren vom Kreis Büren wieder entfernt. Es folgte eine mehrere Jahre andauernde Debatte über geeignete Gedenkformen. Am 8. November 1978 wurde ein Mahnmal für alle »Opfer der Gewaltherrschaft« eingeweiht. 1982 eröffnete die Dauerausstellung »Wewelsburg 1933-1945. Kult- und Terrorstätte der SS« im ehemaligen SS-Wachgebäude auf dem Burgvorplatz. 1996 zog das Kreismuseum Wewelsburg mit seiner Abteilung Historisches Museum des Hochstifts Paderborn in die Burg. Im Jahr 2000 wurde ein weiteres Mahnmal auf dem ehemaligen Appellplatz des Konzentrationslagers Niederhagen/Wewelsburg eingeweiht. Im April 2010 eröffnete mit der überarbeiteten Dauerausstellung »Ideologie und Terror der SS« die einzige begehbare Gesamtausstellung zur SS. Auch anhand von Objekten dokumentiert die Ausstellung die Geschichte der SS und die der Wewelsburg als ihre Kultstätte. Ein weiterer Teil der Ausstellung widmet sich ausführlich dem KZ Niederhagen.

Angebote

Führungen, Bildungsangebote

Öffnungszeiten

Dienstag bis Freitag: 10.00 bis 17.00,
Samstag, Sonntag und an Feiertagen: 10.00 bis 18.00

Kontakt

http://www.wewelsburg.de

info@wewelsburg.de

+49 (0)2955 762 2-0