Denkmal KZ-Außenlager »Wille«

Denkmal KZ-Außenlager »Wille«


Ein Denkmal und eine Ausstellung erinnern in Rehmsdorf an die hauptsächlich jüdischen Häftlinge des Außenlagers »Wille«, die im nahe gelegenen Werk der Braunkohle-Benzin-AG (Brabag) Zwangsarbeit leisten mussten. Seit Juni 1944 ließ die SS Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald unter ständigem Austausch bei der Brabag einsetzen.

Geschichte

In den Jahren 1937 bis 1939 errichtete die Brabag in Tröglitz im südlichen Teil vom heutigen Sachsen-Anhalt ein Treibstoffwerk. Von 1939 bis 1944 lief die Produktion in diesem Betrieb auf Hochtouren. Am 12. Mai 1944 unterbrachen Bombenangriffe der Alliierten erstmals die als besonders kriegswichtig eingestufte Produktion. Ein zweiter Bombenabwurf brachte die Arbeit im Werk vollständig zum Erliegen.
Um die Anlage wieder in Gang zu bringen, fehlte es der Brabag an Arbeitskräften. Die Brabag hatte bereits vor den Bombenangriffen Häftlinge zum Einsatz in ihren Betrieben beim SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) angefordert. Am 4. Juni 1944 kamen die ersten 200 jüdischen Häftlinge aus dem KZ Buchenwald an. Sie wurden auf dem Werksgelände vor allem für schwere Bau- und Räumarbeiten eingesetzt. Da es für weitere Häftlingstransporte aus Buchenwald keine Unterbringungsmöglichkeit gab, ließ die Betriebsleitung der Brabag in Tröglitz ein Zeltlager für 5.000 Mann errichten. Das so entstandene neue Außenlager des KZ Buchenwald erhielt den Tarnnamen »Wille« nach dem Werkleiter der Brabag in Zeitz, Dr. Wille. Die Arbeits- und Lebensbedingungen für die Gefangenen waren katastrophal. Die ungenügende Versorgung mit Nahrungsmitteln, täglich zwölf Stunden harte Arbeit und ständige Schikanen der SS-Bewacher trugen dazu bei, dass ein Großteil der Zwangsarbeiter bereits nach vier Wochen Einsatz vor Entkräftung und Erschöpfung nicht mehr in der Lage war die harten Anforderungen zu erfüllen. Die Brabag ließ sie deshalb ständig gegen neue Häftlinge austauschen. Nicht mehr arbeitsfähige Männer wurden in das KZ Buchenwald zurückgeschickt.
Bis Dezember 1944 errichteten Häftlinge im drei Kilometer entfernten Rehmsdorf anstelle des provisorischen Zeltlagers ein Lager mit 18 Steinbaracken. Im April 1945 wurde dieses Lager in aller Eile geräumt. Für den Abtransport der etwa 3.000 Häftlinge in Richtung Leitmeritz und Theresienstadt nutzte die SS einen Zug mit zehn offenen Kohlewaggons.

Opfergruppen

Insgesamt kamen mehr als 5.800 der schätzungsweise 8.600 Häftlinge ums Leben, die im Zeitraum zwischen Juni 1944 und April 1945 das Arbeitslager »Wille« in Tröglitz und Rehmsdorf durchliefen.
Bei ihnen handelte es sich zu einem großen Teil um ungarische Juden, die von der SS über Auschwitz in das KZ Buchenwald deportiert worden waren. Weitere Zwangsarbeiter kamen unter anderem aus Frankreich, Polen, Rumänien, Lettland und den Niederlanden.
Nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge schickte die Brabag zurück in das Stammlager Buchenwald. Ein großer Teil dieser Männer wurde von der SS weiter nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet.
Durch die vermehrten Bombenangriffe der Alliierten auf die Betriebsstätte der Brabag kamen viele weitere Zwangsarbeiter ums Leben.
Ungefähr 900 Häftlinge überlebten den Transport aus dem Lager »Wille« im April 1945 in Richtung Leitmeritz und Theresienstadt nicht. In Reitzenhain, neunzig Kilometer vor Theresienstadt, endete die Zugfahrt aufgrund eines Angriffs der amerikanischen Luftwaffe. Dort erschossen Angehörige der SS und Einwohner vor Ort etwa 380 Häftlinge nachdem diese versucht hatten zu fliehen.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Bereits seit September 1946 erinnert ein Gedenkstein auf dem Friedhof in Rehmsdorf an die Opfer des Außenlagers »Wille«. Im Oktober 1963 wurde auch im Ort ein Denkmal errichtet. Hier finden jährlich Gedenkveranstaltungen statt.
Seit 2005 erinnert eine Ausstellung in der Heimatstube Rehmsdorf an das Arbeitslager und seine Opfer. Die Heimatstube befindet sich im »Bürgerhaus« von Rehmsdorf. Ein Teil der ehemaligen Häftlingsbaracken wird heute noch bewohnt.

Angebote

Broschüre zur Dauerausstellung, Vorträge für Schulklassen, Vereine oder Einrichtungen zu verschiedenen Themen, Gespräche mit Zeitzeugen nach Vereinbarung

Öffnungszeiten

Ausstellung montags bis freitags 8.00 bis 12.00

Kontakt

https://www.gemeinde-elsteraue.de/de/ortschaften/rehmsdorf-20000148.html

info@gemeinde-elsteraue.de

+49 (0) 3441 226-0

Brunnenplatz 5
06729 Rehmsdorf