In Erinnerung an einen Erschießungsort nahe dem zentralrussischen Brjansk, genannt »Lesnyje Sarai« (»Waldscheune«), wo eine deutsche SS-Einheit zwischen Oktober 1941 und Sommer 1943 mehrere Tausend Zivilisten erschossen hatte, wurde in der Stadt in den 1990er Jahren ein Denkmal für die »Opfer des Faschismus« errichtet.
Geschichte
Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten etwa 5.000 Juden in Brjansk. Am 6. Oktober 1941 besetzte die deutsche Wehrmacht die Stadt. Bereits am 21. Oktober 1941 traf das Sonderkommando 7b der Einsatzgruppe B in Brjansk ein. Ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung von Brjansk hatte fliehen können. Doch viele Juden aus der Ukraine und Weißrussland befanden sich als Flüchtlinge in der Stadt. Von Oktober 1941 bis Sommer 1943 ermordete das Sonderkommando mehrere Hundert Juden, Roma und psychisch Kranke.
Opfergruppen
Genaue Opferzahlen für Brjansk sind nicht bekannt, da viele der Opfer nicht von dort stammten. Einige Quellen berichten von Massengräbern, in denen man nach dem Krieg die Leichen von bis zu 7.500 Menschen, vor allem Juden und Roma, fand.
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Russische Föderation
In der Russischen Föderation ist der 9. Mai – der Gedenktag an den Sieg der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg gegen den »Hitlerfaschismus« – der bedeutendste Feiertag, der aus der sowjetischen Vergangenheit übernommen wurde. Am 23. August 1939 hatte die Sowjetunion unter Josef Stalin (1878–1953) zunächst einen »Nichtangriffspakt« mit dem Deutschen Reich geschlossen. Beide Regime verständigten sich darin über ihre »Interessensphären« in Ostmitteleuropa und beschlossen unter anderem die gemeinsame Teilung Polens. Ab dem 22. Juni 1941 marschierten die deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten in sowjetisches Territorium ein. Bei Kriegsende 1945 waren auf dem besetzten sowjetischen Gebiet nach neueren Schätzungen insgesamt bis zu 28 Millionen Tote in Armee und Bevölkerung zu beklagen.
Die sowjetische Erinnerungskultur ist im heutigen Russland wieder dominierend. Ihre Sinnbilder – wie die monumentalen Denkmäler in Sankt Petersburg oder Wolgograd – sind noch immer beliebt und weiterhin Schauplatz großer Gedenkveranstaltungen am 9. Mai. Diese Erinnerungsstätten sind allerdings weniger Orte der Trauer und des Totengedenkens als vielmehr der Heldenverehrung. Der Opfer wurde lange Zeit gar nicht, später als »Opfer des Faschismus« gedacht. Die Wirkungsmacht dieser Sicht auf die Vergangenheit lässt sich beispielhaft am Konflikt um eine 1995 aufgestellte Skulptur vor dem Museum des Großen Vaterländischen Kriegs in der Hauptstadt Moskau ablesen. Das Denkmal »Tragödie der Völker« ist den etwa zwanzig Millionen zivilen Opfer der Jahre 1941 bis 1944 in der Sowjetunion gewidmet und sollte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Russlands markieren. Nach heftiger Kritik an der auch in der Bevölkerung als zu pessimistisch empfundenen Aussage musste das Denkmal hinter das Gebäude versetzt werden.
Zugleich gab es aber auch nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen wie »Memorial«, die sich mit verdrängten Kapiteln der Geschichte beschäftigten, wie mit den Gefangenen der Roten Armee und Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Sie galten nach ihrer Rückkehr als Verräter, wurden pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt und erneut in Lagern inhaftiert. Auch im Rahmen des staatlich-offiziellen Gedenkens gab es immer wieder engagierte lokale Kulturämter, die besondere Denkmäler und eine die Opfer einbeziehende Gedenkkultur durchsetzten. Dass an einigen Orten, häufig mit geringsten finanziellen Mitteln, kleine Erinnerungsstätten entstanden sind, ist oft auch dem Engagement von Privatpersonen oder von jüdischen Gemeinden zu verdanken. Etwa 100.000 sowjetische Juden auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation waren nach 1941 vor allem Massenerschießungen der SS-Einsatzgruppen und ihrer Helfer zum Opfer gefallen. Zu Sowjetzeiten wurde an sie als »friedliche Bürger« erinnert. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ging man dazu über, an offiziellen Denkmälern zusätzliche Tafeln anzubringen und die jüdischen Opfer zu benennen oder durch eine Übersetzung der Inschrift ins Hebräische ins Gedächtnis zu rufen. In Ansätzen gab es auch russische Forschung zum Holocaust. 2012 eröffnete in Moskau das auch von internationalen Experten anerkannte Jüdische Museum und Toleranzzentrum. Gleichzeitig wurde das politische Regime in Russland immer nationalistischer, in der Staatspropaganda dominiert ein offen revisionistisches Geschichtsnarrativ, das mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch aggressiver wurde. Währenddessen wurden wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch »Memorial«, massiv unterdrückt.
Erinnerung
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde »Waldscheune« zu einem Gedenkort umgestaltet. In den 1950er Jahren entstand ein Denkmal, das auf einer zusätzlichen Tafel die jüdischen Opfer erwähnte. Diese Tafel wurde in den 1980er Jahren wieder demontiert. In den 1990er Jahren legte die Stadtverwaltung eine Grünanlage an und errichtete ein neues Denkmal, das allen Opfern des Faschismus gewidmet ist.