Denkmal für die Opfer des Vernichtungslagers Bogdanowka

Меморіал пам'яті жертв Голокосту »Богданівка«


Im ukrainischen Dorf Bogdanowka (ukrainisch: Bohdaniwka), etwa 170 Kilometer von Odessa entfernt, erinnert ein Denkmal an die etwa 54.000 Juden, die dort zwischen 1941 und 1942 ermordet wurden.

Geschichte

Mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 besetzte die verbündete rumänische Armee einen Teil der Ukraine. Diese von Rumänien kontrollierte Region reichte vom Dnjestr bis zum Bug und wurde Transnistrien genannt. Der Sitz der Verwaltung war Odessa. Allein in Odessa lebten zum diesem Zeitpunkt über 200.000 Juden. Die rumänischen Besatzungsbehörden trieben die in dieser Gegend lebenden Juden brutal in Ghettos und Arbeitslagern zusammen. Tausende wurden sofort erschossen. Ab Juli 1941 begannen rumänische Behörden damit, auch Juden aus Bessarabien und der Nordbukowina nach Transnistrien zu vertreiben. In den Ghettos und Lagern mussten die Juden Zwangsarbeit leisten. Zudem gab es in Transnistrien drei Vernichtungslager. Eines dieser Lager und zugleich das größte richteten die rumänischen Behörden 1941 in Bogdanowka auf dem Gelände der größten Schweinefarm der Sowjetunion ein. Bereits im November 1941 wurden etwa 11.000 Juden in den Schweineställen untergebracht, die ursprünglich für 7.000 Tiere vorgesehen waren. Die Zahl der in Bogdanowka gefangenen Juden stieg schnell an: Schon im Dezember vegetierten etwa 48.000 Menschen in den Ställen. Grassierende Krankheiten und extreme Kälte führten zu vielen Todesfällen: Pro Tag starben bis zu 500 Juden. Die hygienischen Bedingungen in Bogdanowka waren unmenschlich. Die rumänische Lagerverwaltung ließ zudem kaum Nahrungsmittel in das Lager transportieren: Nur Wohlhabende konnten bei der Lagerleitung etwas Brot gegen Wertgegenstände erhalten. Ende Dezember wurden etwa 4.000 bis 5.000 alte und kranke Juden in mehreren Ställen zusammengetrieben: Die Täter setzten die Gebäude in Brand, die Menschen verbrannten bei lebendigem Leib. Etwa 30.000 Juden wurden von rumänischen Gendarmen sowie volksdeutschen und ukrainischen Helfern an Gruben außerhalb des Lagers erschossen. 200 jüdische Männer mussten die Leichen in Massengräbern bestatten, 150 von ihnen wurden im Februar 1942 ermordet. Etwa fünfzig Juden überlebten Bogdanowka.

Opfergruppen

Der größte Teil der Juden, die in Bogdanowka ermordet wurden, kam aus Odessa und Umgebung. Etwa 48.000 wurden ermordet. Viele weitere tausend Juden kamen aus Bessarabien und der Nordbukowina. Insgesamt liegt die Zahl der Todesopfer bei etwa 54.000. Ungefähr 30.000 Juden wurden an Gruben in der Nähe des Lagers erschossen. Tausende starben an den unmenschlichen Bedingungen des Lagers und an Krankheiten.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Obwohl Bogdanowka ein zentraler Ort des Holocaust im Gebiet Transnistrien war, ist die Geschichte dieses Ghettos und Vernichtungslagers in der Öffentlichkeit – sowohl in Rumänien als auch in der Ukraine – weitgehend unbekannt. In der Nähe des entlegenen Dorfes erinnert lediglich ein kleines Denkmal an die Opfer. Auf dem Gedenkstein steht: »Hier sind mehr als 54.600 Juden begraben (Alte, Frauen und Kinder) – Opfer des Nazigenozids. Wir erinnern uns an Euch!«

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

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