Denkmal für die ermordeten Juden von Ciechanów

Pomnik dla pomordowanych Żydów Ciechanowa


Die mittelgroße polnische Stadt Ciechanów wurde während am Anfang des Zweiten Weltkrieges als Zichenau ins Deutsche Reich eingegliedert. Die Stadt sollte im nationalsozialistischen Stil umgestaltet, Polen und Juden aus ihr entfernt werden. Im November 1942 ermordete die SS fast alle Juden aus Ciechanów.

Geschichte

Ciechanów, dessen Wahrzeichen eine mittelalterliche Burg ist, liegt etwa 80 Kilometer nördlich von Warschau. Nach den polnischen Teilungen Ende des 18. Jahrhunderts kam die Stadt kurzzeitig zu Preußen, danach gehörte sie bis zur Wiederherstellung der polnischen Unabhängigkeit 1918 zum Russischen Reich. Juden lebten seit dem Mittelalter in Ciechanów, im 19. Jahrhundert stellten sie gar die Mehrheit der Stadtbevölkerung. Ihr religiöses Leben war vom Chassidismus geprägt, sie sprachen untereinander Jiddisch. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges lebten etwa 4.650 Juden in der Stadt, damals noch immer fast ein Drittel der Bevölkerung.
Ciechanów wurde bereits in den ersten Tagen des Krieges von der deutschen Wehrmacht überrannt und wenig später in Zichenau umbenannt. Im Oktober 1939 wurde die Region als Regierungsbezirk Zichenau dem Deutschen Reich angegliedert. Im gesamten Regierungsbezirk lebten etwa 900.000 Polen, 80.000 Juden und 11.000 Deutsche. Die deutsche Verwaltung begann kurz darauf damit, Juden und Polen in das besetzte Polen abzuschieben, viele wurden dabei erschossen. Zichenau sollte ab 1941 im nationalsozialistischen Stil umgestaltet werden, dafür wurden große Teile der Stadt abgerissen. Dabei mussten jüdische Frauen und Männer über 14 Jahren beim Umbau Zwangsarbeit leisten. Viele Juden wurden obdachlos, nun lebten sie mit anderen Juden auf engstem Raum in einem Ghetto zusammen. Ihre Lebensbedingungen waren katastrophal, zudem wurden mehrmals Juden öffentlich hingerichtet.
Am 6. November 1942 wurden alle in der Stadt lebenden Juden zusammengetrieben. 1.500 Männer, die für arbeitstauglich befunden wurden, überstellte die deutsche Verwaltung nach Oberschlesien. Am nächsten Tag wurden ältere Männer und Frauen sowie Kranke in der Burg erschossen. Die übriggebliebenen Juden verschleppte die SS in das Ghetto Mielau (polnisch: Mława), und von dort in die Vernichtungslager Treblinka und Auschwitz-Birkenau.

Opfergruppen

Von den 4.650 Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Ciechanów wohnten, überlebten nur etwa 200 die deutsche Besatzungszeit. Von den insgesamt 80.000 Juden im gesamten Regierungsbezirk Zichenau überlebten vermutlich höchstens 4.000. Neben Juden wurden auch Tausende Polen aus der Region Opfer von Umsiedlungen, Zwangsarbeit und Massenerschießungen.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es in Ciechanów keine jüdische Gemeinde mehr, von der jüdischen Geschichte der Stadt zeugen nur noch wenige Spuren. Auf dem Gelände des im Krieg geschleiften Neuen Jüdischen Friedhofs wurde Ende der 1950er Jahre ein Gedenkstein in Erinnerung an die ermordeten Juden aus Ciechanów errichtet. Die Initiative dazu kam von einem in Frankreich ansässigem Verein ehemaliger Einwohner von Ciechanów. Die Inschrift in polnischer und hebräischer Sprache lautet: »Hier ruhen die Gebeine von Juden, die durch die hitleristischen Besatzer ermordet wurden. Ehre ihrem Andenken.«
Das bekannteste Denkmal, das in Ciechanów an das Schicksal der Stadt im Zweiten Weltkrieg erinnert, entstand 1988. Es zeigt einen monumentalen Adler – das Wappentier Polens – aus Metall, auf seinen Flügeln sind Reliefs angebracht, die Soldaten zeigen. Auf dem Sockel stehen die Worte: »Kampf, Martyrium, Sieg«. Die Errichtung des Denkmals geht auf eine Initiative eines Vereins von Lokalpatrioten zurück, es wurde vom Bildhauer Henryk Wróblewski entworfen.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

ul. Gwardii Ludowej
06-400 Ciechanów