In Lubny, 180 Kilometer östlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew gelegen, erinnert seit 2001 ein Denkmal an die jüdischen Opfer, die im Herbst 1941 von Mitgliedern der Einsatzgruppe C erschossen wurden. Das Denkmal errichtete die jüdische Gemeinde von Lubny.
Geschichte
Im Jahr 1939 lebten in Lubny etwa 5.300 Juden. Die meisten von ihnen konnten vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im September 1941 fliehen.
Im Oktober 1941 befahl die deutsche Ortskommandantur den Juden aus Lubny und Umgebung, sich am 16. Oktober um neun Uhr früh zu versammeln. Unter dem Vorwand ihrer »Umsiedlung« wurden die Juden aufgefordert, Verpflegung für drei Tage und warme Kleidung mitzunehmen. Vom Sammelplatz aus trieben deutsche Ordnungspolizisten die Juden aus der Stadt hinaus. Auf einem bereits abgeriegelten Feld vor der Stadt wurden sie gezwungen, ihr Gepäck abzulegen und sich zu entkleiden. Dann wurden sie in Gruppen zur Erschießungsstätte geführt und von Angehörigen des SS-Sonderkommandos 4a erschossen. In ihrem Bericht meldete das Sonderkommando 4a die Ermordung von über 1.800 Juden. Die Wertsachen und das zurückgelassene Eigentum beschlagnahmte die deutsche Ortskommandantur.
Opfergruppen
Über 1.800 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Lubny und Umgebung wurden vom SS-Sonderkommando 4a erschossen.
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Ukraine
Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden.
Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen.
Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.
Erinnerung
Nach dem Krieg organisierte sich das jüdische Leben in Lubny neu. In den 1950er Jahren lebten bis zu 600 Juden in Lubny, danach nahm ihre Zahl kontinuierlich ab. In den 1960er Jahren wurden die Synagoge und der jüdische Friedhof geschlossen, die in der Folge verfielen.
1953 wurde am Erschießungsort eine Gedenktafel angebracht. Die jüdische Gemeinde hielt dort jedes Jahr eine Gedenkveranstaltung ab. 2001 errichtete die jüdische Gemeinde von Lubny ein neues Denkmal, das an eine Menorah erinnert.