In Ivanopil (bis 1946 Januschpol) wurden während der deutschen Besatzung Juden, politische Gegner, sowjetische Kriegsgefangene und eine große Gruppe von Roma ermordet. Seit 2019 erinnert eine Informationsstele an alle Opfer.
Ivanopil (bis 1946: Januschpol, ukrainisch: Januschpil) ist eine Siedlung städtischen Typs etwa 60 Kilometer südöstlich von Schytomyr. Jahrhundertelang lebten hier Ukrainer, Polen, Juden und Russen zusammen. Ende des 19. Jahrhunderts waren etwa ein Fünftel des Ortes Juden. In den 1920er und 1930er Jahren ließen die sowjetischen Behörden jüdische Gebetshäuser und Schulen schließen, viele Juden zogen vom Land weg. 1939 lebten etwa 700 Juden in Januschpol.
Die deutsche Wehrmacht besetzte Januschpol Anfang Juli 1941. Am 20. August erschossen Angehörige der Einsatzgruppe C eine Gruppe von 15 Juden. Die übrige jüdische Bevölkerung musste in ein Ghetto umziehen, Juden aus den umliegenden Dörfern kamen zusätzlich dazu. Die Lebensbedingungen waren sehr beengt und begünstigten den Ausbruch von Krankheiten. Es gab nicht genug zu essen, Juden mussten dennoch Zwangsarbeit leisten. Im Mai 1942 wurden 80 Juden aus dem Ghetto in Januschpol ins Lager Lisaja Gora in Berditschew überstellt, wo später alle ermordet wurden.
Am 29. Mai 1942 wurde das Ghetto aufgelöst und die Bewohner etwas außerhalb des Ortes ermordet. An der Mordaktion beteiligten sich deutsche Gendarmen, lokale Polizisten und eine in Berditschew stationierte SS-Einheit.
Anfang Juni 1942 wurde eine Gruppe von Roma in Januschpol ermordet. Die fahrende Gruppe wurde im Mai bei einem nahegelegenen Dorf aufgegriffen und die Familien zunächst im Gefängnis von Januschpol eingesperrt. Wenige Tage später wurden sie auf dem Gelände einer Zuckerfabrik erschossen. Am selben Ort wurden während der deutschen Besatzung wiederholt tatsächliche oder vermeintliche politische Gegner sowie sowjetische Kriegsgefangene erschossen.
Bis auf einzelne Überlebende wurden alle 700 jüdischen Einwohner von Januschpol ermordet, die meisten am 29. Mai 1942. Möglicherweise wurden bis zu 400 weitere Juden, die nicht aus dem Ort stammten, ebenfalls in Januschpol ermordet. Im Juni 1942 erschossen deutsche Einheiten Dutzende Roma auf dem Gelände der Zuckerfabrik. Hier wurden auch wiederholt politische Gegner sowie sowjetische Kriegsgefangene erschossen.
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Nach der Befreiung von Januschpol 1944 ermittelte eine sowjetische Untersuchungskommission im Ort. In den Nachkriegsjahren wurde einigen lokalen Kollaborateuren der Besatzer der Prozess gemacht. Einer der Fälle – gegen einen »Volksdeutschen« namens Hans (Ivan) Kampf, der während des Krieges als Polizist und Übersetzer tätig für die Deutschen tätig war – wurde 1987 wieder aufgeschnürt. Das Verfahren endete 1989 mit der Hinrichtung des Angeklagten.
Im Zuge dieser Ermittlungen wurde 1987 das Massengrab der ermordeten Juden geöffnet und forensisch untersucht. Es wurden 811 Opfer gezählt. Anschließend wurden die menschlichen Überreste wieder bestattet und das Gemeinschaftsgrab umzäunt. 1991, im Jahr des Auseinanderbrechens der Sowjetunion, wurde am Grab ein Denkmal aufgestellt. Die russische Inschrift geht mit keinem Wort auf die jüdische Identität der Opfer ein.
Auf dem Gelände der Zuckerfabrik entstand zuerst ein Denkmal für Soldaten der Roten Armee, die bei der Befreiung des Ortes gefallen sind. In den 1960er Jahren wurden die Gräber der während der deutschen Besatzung Ermordeten geöffnet. Die Leichen von politischen Gegnern konnten identifiziert werden, die der ermordeten Roma hingegen nicht. Auch danach erinnerte an dem Ort nichts an die ermordeten Roma.
Im Rahmen des Projekts »Erinnerung bewahren« wurde an diesem Ort im Sommer 2019 eine Stele aufgestellt, die über die Verbrechen in Mordaktionen in Januschpol und die Opfer informiert, also auch über das Schicksal der Roma. Die Stele ist allen Opfern der deutschen Besatzung in Januschpol gewidmet. Das internationale Projekt »Erinnerung bewahren« ist bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin angesiedelt.
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.
https://www.erinnerungbewahren.de/ivanopil/
info@erinnerung-bewahren.de