Bildungs- und Gedenkstätte »Opfer der NS-Psychiatrie« Lüneburg
Bildungs- und Gedenkstätte »Opfer der NS-Psychiatrie« Lüneburg
Seit 2004 erinnert die »Bildungs- und Gedenkstätte Opfer der NS-Psychiatrie in Lüneburg« auf dem Gelände der psychiatrischen Klinik Lüneburg an die Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt, die im Rahmen des nationalsozialistischen »Euthanasie«-Programms ermordet wurden.
Geschichte
Bereits 1934 sterilisierten Ärzte der 1901 eröffneten Landesheil- und Pflegeanstalt Lüneburg nach Beschluss des »Erbgesundheitsgerichts« Lüneburg und auf Grund des »Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« etwa 300 ihrer Patienten. 1941 wurden etwa 500 Patienten aus Lüneburg und anderen psychiatrischen Anstalten in eine der sechs Anstalten überführt, die die nationalsozialistische Führung für den Mord an Behinderten eingerichtet hatte. Dort erstickten SS-Ärzte und Pflegepersonal die Patienten mit Gas. Diese Aktion fand unter der Tarnbezeichnung »T4« statt, nach dem Sitz ihrer Zentrale in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Im Herbst 1941 wurde eine von reichsweit über 30 »Kinderfachabteilungen« in Lüneburg eingerichtet, in der etwa 300 bis 400 geistig und körperlich behinderte Kinder aus Norddeutschland mit Tabletten und Spritzen ermordet wurden. Ab September 1944 wurden in Lüneburg etwa 60 psychisch kranke Ostarbeiter und Polen gesammelt und im Dezember in eine Tötungsanstalt überführt.
Opfergruppen
Während der »T4-Aktion« 1941 wurden etwa 500 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen aus ganz Norddeutschland nach Lüneburg und von dort in eine Tötungsanstalt gebracht. Etwa 300 bis 400 behinderte Kinder aus Norddeutschland wurden in der Lüneburger »Kinderfachabteilung« ermordet. Etwa 60 Zwangsarbeiter aus Polen und den deutsch besetzten sowjetischen Gebieten wurden aus Lüneburg in eine Tötungsanstalt gebracht.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Am 25. November 2004 wurde die die »Bildungs- und Gedenkstätte Opfer der NS-Psychiatrie in Lüneburg« im Wasserturmgebäude auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik Lüneburg eröffnet.
Angebote
Dauerausstellung
Öffnungszeiten
Jeden dritten Samstag des Monats von 11 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung