Erinnerung an die ermordeten Juden von Krottingen

Žydų žudynių ir užkasimo vieta


In Krottingen (litauisch: Kretinga) erinnern mehrere Gedenksteine an die im Sommer 1941 ermordeten Juden der Stadt. Die jüdische Gemeinde von Krottingen war eine der ersten, die im Holocaust vollständig ermordet wurden.

Geschichte

Vor dem Ersten Weltkrieg war Litauen Teil des Russischen Zarenreichs. In dieser Zeit lag die Stadt Krottingen (litauisch: Kretinga) unmittelbar an der Grenze zur deutschen Provinz Ostpreußen. 1918 erlangte Litauen seine Unabhängigkeit. 1923 besetzte Litauen das Memelland, einen Landstrich, dessen Hauptstadt die von Krottingen etwa 25 Kilometer entfernte Hafenstadt Memel (litauisch: Klaipėda) war.
Zwischen den beiden Weltkriegen verdoppelte sich die Einwohnerzahl Krottingens auf etwa 5.300 im Jahr 1939. In der Stadt lebten auch etwa 700 Juden, die während der 1930er Jahre immer öfter antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt waren.
Im März 1939 kam das Memelland nach einem deutschen Ultimatum wieder zur Provinz Ostpreußen. Viele Juden aus dem Memelland flohen daraufhin vor den Nationalsozialistien über die neue Grenze nach Litauen, darunter auch etwa 300 nach Krottingen.
1940 wurde Litauen von der Sowjetunion annektiert. Ein Jahr später, am 22. Juni 1941, griff die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion an und besetzte Krottingen gleich in den ersten Tagen des Feldzuges. Am 26. Juni 1941 ermordeten Gestapoangehörige und Polizisten des »Einsatzkommandos Tilsit« zusammen mit litauischen Polizisten 214 jüdische Männer aus Krottingen in einem Wald wenige Kilometer westlich der Stadt. Dieses Massaker war eins der ersten Massenerschießungen von Juden nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion überhaupt. Während der kommenden Wochen und Monaten ermordeten deutsche und litauische Einheiten immer wieder jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Krottingen, unter anderem auf dem jüdischen Friedhof. Ende August 1941 lebten in Krottingen keine Juden mehr.

Opfergruppen

Deutsche und litauische Einheiten ermordeten etwa 1.050 jüdische Kinder, Frauen und Männer im Sommer 1941 in und um Krottingen.

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Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erlangte Litauen 1918 seine Unabhängigkeit vom Russischen Reich. Im Juni 1940 wurde das Land gemäß einem deutsch-sowjetischen Vertrag – dem so genannten Hitler-Stalin-Pakt – von der Roten Armee besetzt. Viele katholische Litauer machten pauschal Juden für den Verlust der Eigenstaatlichkeit und den sowjetischen Terror verantwortlich. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 überrollte die Wehrmacht das Land binnen kurzem. Bereits zwei Tage später führten deutsche Einheiten im grenznahen Garsden die erste Massenerschießung von Juden in diesem Feldzug durch. Litauische Nationalisten erschlugen in den ersten Kriegstagen hunderte Juden. Anschließend überfiel das deutsch-litauische »Rollkommando Hamann« Tag für Tag Ortschaften in Litauen und erschoss bis Ende 1941 beinahe sämtliche Juden auf dem Land und in Kleinstädten. Litauische SS-Einheiten und Polizeibataillone waren auch an Mordaktionen insbesondere auf belarussischem Gebiet beteiligt. Die Zahl der bis Sommer 1944 ermordeten litauischen Juden liegt zwischen 140.000 und 150.000 – fast 99 Prozent der jüdischen Bevölkerung des Landes in der Zwischenkriegszeit. Hinzu kommen etwa 70.000 jüdische Opfer aus dem Wilna-Gebiet, das nach der Zerschlagung PolensW im Herbst 1939 an Litauen zurückgegeben worden war. Der Terror richtete sich ab Sommer 1941 auch gegen meist kommunistische Kritiker und andere Minderheiten. Verschleppungen von Zwangsarbeitern in das Deutsche Reich setzten ein. Insgesamt etwa 170.000 nichtjüdische litauische Zivilisten fanden den Tod. Mit der Rückeroberung durch die Rote Armee 1944 wurde das Land erneut Teil der Sowjetunion. Tausende Litauer emigrierten, Tausende andere kämpften noch bis Ende der 1950er Jahre als Partisanen (»Waldbrüder«) gegen die sowjetische Besatzung. Insgesamt verschleppte der sowjetische Geheimdienst NKWD etwa 500.000 Litauer in das Innere der Sowjetunion. Das offizielle Litauen der Sowjetzeit gedachte vor allem der Helden des »Großen Vaterländischen Kriegs« und der prosowjetischen litauischen Patrioten, aber auch der ermordeten »friedliebenden Sowjetbürger und Kommunisten«. An einem der wichtigsten Orte des Massenmordes, dem IX. Fort in Kaunas, wurde 1958 ein Museum eingerichtet und 1984 ein monumentales Denkmalensemble aus Beton eröffnet. Seine Unabhängigkeit von Moskau erkämpfte sich das Land 1990/91 auch gegen russische Panzer mit 14 Toten. Anschließend wurden viele Monumente aus sowjetischer Zeit abgebaut, die jahrzehntelange Besatzung und der Widerstand rückten ins Zentrum der nationalen Erinnerung. Die Annexion Litauens durch die Sowjetunion 1940/41 und 1944 bis 1990 sowie die deutsche Besetzung wurden gleichgesetzt; wie in Lettland und Estland Okkupationsmuseen eingerichtet, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Jahre des sowjetischen Terrors ist. Erst in den 1990er Jahren kam es zu einer breiten Diskussion über die litauische Beteiligung am Holocaust und 1998 zur Gründung einer Internationalen Kommission zur Bewertung der Verbrechen während des nationalsozialistischen und des sowjetischen Besatzungsregimes. Mittlerweile ist die litauische Erinnerungskultur immer vielfältiger. Eines der wichtigsten Institutionen ist das Jüdische Museum »Gaon von Wilna«. Am ehemaligen Massenerschießungsort Ponary (Paneriai) soll neben den Denkmälern auch ein Museumsbau entstehen. Bereits seit 2014 gibt es eine neue Dauerausstellung im Fort IX, während das Internetprojekt »Holocaust Atlas of Lithuania« detaillierte Informationen über die Orte der Massenerschießungen im ganzen Land anbietet.

Erinnerung

Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Litauen erneut zur Sowjetunion. Kurz nach dem Ende der deutschen Besatzung untersuchte eine sowjetische Sonderkommission die Verbrechen und trug die Namen der ermordeten Juden Krottingens zusammen.
Der Mord an den Juden Krottingens war Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren, die in den späten 1950er und den frühen 1960er Jahren in der Bundesrepublik gegen Angehörige des »Einsatzkommandos Tilsit« und der »Einsatzgruppe A« geführt wurden. Die meisten der angeklagten Männer wurden lediglich zu wenigen Jahren Haft verurteilt.
Erst nach dem Ende der Sowjetunion wurden Denkmäler an den historischen Orten aufgestellt, an denen die Juden Krottingens ermordet wurden. Im Wald von Kveciai etwa drei Kilometer westlich von Krottingen steht ein steinerner Kubus an der Stelle der Massenerschießungen. Die Inschrift in hebräischer und litauischer Sprache lautet: »An dieser Stelle wurden 1941 700 Juden ermordet.«
Der jüdische Friedhof von Krottingen ist teilweise erhalten. Auch hier wurde in den 1990er Jahren ein kleiner Gedenkstein aufgestellt, der an die hier ermordeten 356 Juden erinnert.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

Mėguvos g. 37
97155 Kretinga