Denkmal für die Juden des Lidaer Ghettos

Памятник 6.700 евреям лидского гетто / Помнік 6.700 габрэям лідскага г гэта


In der belarussischen Stadt Lida erinnern mehrere Denkmäler an die ermordeten Juden des Ghettos von 1941 bis 1943.

Geschichte

Lida, im Westen von Belarus nahe der Grenze zu Litauen gelegen, gehörte von 1921 bis 1939 zu Polen. Etwa ein Drittel der 19.000 Einwohner waren Juden, die übrigen Polen und Belarussen. Im Herbst 1939 gliederte die Sowjetunion Ostpolen ein, darunter auch Lida.
Als deutsche Truppen Ende Juni 1941 Lida besetzten, waren etwa 7.500 Juden in der Stadt. Nur wenige Tage später ermordeten Angehörige der Einsatzgruppe B mehrere Angehörige der gebildeten Schichten, darunter viele Juden, aber auch psychisch Kranke aus zwei benachbarten Orten.
Im September 1941 richteten die Deutschen Ghettos an drei verschiedenen Orten ein, in die alle Juden aus Lida und Umgebung umziehen mussten. Sie mussten Zwangsarbeit leisten.
Nachdem im März 1942 einige Juden des Überfalls auf einen orthodoxen Priester bezichtigt wurden, mussten sich alle Ghettoeinwohner auf dem Marktplatz versammeln und ihre Wertsachen abgeben. Mitglieder der deutschen Gendarmerie erschossen 40 Juden unmittelbar am Platz, während Polizisten etwa 200 kranke, und deshalb im Ghetto zurückgebliebene Juden in ihren Häusern ermordeten.
Am 7. Mai 1942 befahlen der Gebietskommissar in Lida, Hermann Hanweg und sein Stellvertreter Leopold Windisch, die als arbeitsfähig geltenden 1.500 bis 2.000 Juden von den anderen zu trennen. Am nächsten Tag umstellten litauische und lettische Schutzmänner das Ghetto und trieben die übrigen 5.670 Juden zum Borowka-Wald, wo sie sie gemeinsam mit deutschen Sicherheitspolizisten ermordeten.
Nach dieser »Großaktion« wurden Juden aus anderen Orten ins Lidaer Ghetto gebracht, das nunmehr aus etwa 4.000 jüdischen Häftlingen bestand. Bald entstand eine Widerstandsgruppe, die vor allem Ausbrüche aus dem Ghetto organisierte. Einigen Hundert Juden gelang die Flucht zu den Partisanen, der Großteil der im Ghetto lebenden Juden wurde jedoch im Frühling 1943 erschossen. Im September desselben Jahres wurde das Ghetto endgültig aufgelöst und die noch lebenden Juden in andere Lager verschleppt.

Opfergruppen

Wenige Tage nach Besetzung der Stadt erschossen deutsche Einheiten etwa 20 Juden unter dem Vorwand, sie seien Kommunisten gewesen. Anfang Juli 1941 erschossen Angehörige der Einsatzgruppe B etwa 92 Intellektuelle im Hofe des Gefängnisses. Wenige Tage später wurden etwa 120 psychisch Kranke in den nahegelegenen Krankenhäusern von Malejkowschtschina und Minojty erschossen.
Anfang März 1942 erschossen die Deutschen etwa 35 Juden im städtischen Gefängnis, überwiegend Flüchtlinge aus dem nur 100 Kilometer entfernten Wilna (litauisch: Vilnius).
Im gleichen Monat führten die Deutschen die erste »Großaktion« durch, bei der sie über 200 Juden ermordeten.
Während der zweiten »Großaktion« am 8. Mai 1942 erschossen deutsche Sicherheitspolizisten und ihre litauischen und lettischen Helfer 5.670 Juden im Borowka-Wald an Lidas westlicher Stadtgrenze. Nach der »Großaktion« blieben noch etwa 1.500 Juden im Ghetto. Zu ihnen kamen Juden, die nach Lida zur Zwangsarbeit verschleppt worden waren, so dass die Anzahl der Juden im Ghetto auf etwa 4.000 anwuchs.
Anfang März 1943 erschossen die Deutschen und ihre Komplizen über 2.000 Juden am Rande der Stadt, südlich der Erschießungsstätte im Borowka-Wald.
Am 18. September 1943 lösten die Deutschen das Ghetto endgültig auf. Bis dahin gelang es Hunderten von Juden in den Naliboki-Wald zu fliehen, wo sie sich Partisaneneinheiten anschlossen. Die übrigen Juden wurden in das Konzentrationslager Majdanek und ins Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen deportiert.
Insgesamt ermordeten deutsche Einheiten und ihre Komplizen mindestens 6.700 Juden in Lida.

Erfahre mehr über Belarus

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen kam der Nordosten des Landes zu Belarus als Teil der Sowjetunion. Im Sommer 1941 wurde dann ganz Belarus von deutschen Truppen erobert. Während der folgenden drei Jahre kam jeder vierte oder gar jeder dritte Einwohner gewaltsam ums Leben. Fast alle Städte des Landes wurden völlig zerstört. Wehrmacht oder SS brannten etwa 620 Dörfer, darunter Chatyn, systematisch samt ihren Einwohnern nieder. Malyj Trostenez, nahe der belarussichen Hauptstadt Minsk, war die größte Vernichtungsstätte auf dem Gebiet der besetzten Sowjetunion. Heute nimmt man an, dass mindestens 60.000 deutsche und einheimische Juden dort ermordet wurden. Für Minsk wird die Zahl der getöteten Juden auf bis zu 85.000 geschätzt, für das gesamte Gebiet auf 230.000. Belarus bildete von 1941 an mit über tausend aktiven Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer. Ab Ende 1943 wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit. Das Land war weitestgehend verwüstet, das gesellschaftliche Gefüge erschüttert und die Menschen traumatisiert. Belarus gehörte ab 1944 wieder zur Sowjetunion. Ein großer Teil der 1939 einverleibten polnischen Gebiete blieben Teil des Landes. In der staatlichen Erinnerungs- und Denkmalkultur des Landes dominierten nach Kriegsende der Tag der Befreiung des Landes am 3. Juli 1944 und der Tag des Sieges am 9. Mai 1945 als Ende eines »heldenhaften« Kampfes im Großen Vaterländischen Krieg. Von zentraler Bedeutung war stets auch die Erinnerung an den Partisanenkrieg. Im sowjetischen Staatsverband verzichtete man auf eine eigenständige Nennung des Massenmords an den Juden. Daher stellt ein Obelisk in der Erschießungsgrube am ehemaligen Minsker Ghetto, der »Jama«, eine Besonderheit auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion dar. Er wurde bereits 1946 errichtet und blieb für Jahrzehnte das einzige Denkmal mit einer jiddischen Aufschrift und direkter Nennung der ermordeten Juden. Ungewöhnlich ist auch die Erinnerungsstätte in Chatyn, wo im März 1943 153 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt worden waren. 1969 entstanden, zeichnet sie sich durch Schlichtheit aus und verzichtet auf die sonst übliche Monumentalität, es stehen die menschliche Dimension des Grauens und das Leid der Opfer im Vordergrund. Mit der Schaffung eines unabhängigen belarussischen Staates 1991 begann die Suche nach einer eigenen nationalen Identität. Hierbei spielen die Opferzahlen – insbesondere während des Zweiten Weltkrieges – eine entscheidende Rolle. Bewusst wird allerdings eine Unterscheidung zwischen dem Gebietstand vor und nach 1939 vermieden. Die Verbrechen der Stalinzeit, aber auch der Holocaust rückten ebenso in das Blickfeld, wurden aber aufgrund der vorhandenen Regierungsform nicht weitergehend öffentlich gemacht. Das staatliche Gedenken, das seinen Ausdruck auch im 2014 eröffneten, monumentalen Neubau des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges findet, bleibt vom Kampf in den Jahren 1941 bis 1944 geprägt. Zugleich hat jedoch der Verband der jüdischen Gemeinden in Belarus inzwischen eine Reihe von Denkmälern für die Opfer des Massenmordes errichten lassen. Seit Anfang der 1990er Jahre haben mehrere deutsche Städte Stelen im Gedenken an die dorthin deportierten und getöteten Juden in Minsk errichtet; das Berliner Erinnerungszeichen wurde – vom Land Berlin und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas finanziert – am 25. Juni 2009 feierlich eingeweiht. Auch eine würdige Gestaltung des Areals von Malyj Trostenez geht voran: seit 2015 erinnert eine Gedenkanlage an die Opfer. Ein zweiter Bauabschnitt wurde 2018 im Beisein der Staatspräsidenten Deutschlands, Österreichs und von Belarus eröffnet. An der Realisierung beteiligte sich auch die Bundesrepublik finanziell, wie auch an der Renovierung der Geschichtswerkstatt, die sich in einem historischen Gebäude auf dem Gebiet des ehemaligen Minsker Ghettos um die Dokumentation von Opferschicksalen kümmert.

Erinnerung

Etwa 300 Juden aus Lida überlebten den Holocaust. Die Rote Armee eroberte die Stadt am 8. Juli 1944 zurück.
1967 ließen Angehörige am Ort der Massenerschießung vom 8. Mai 1942 eine Granittafel in den Boden ein, auf der eine russische Inschrift an die Opfer erinnert. In den 1990er Jahren wurde das Denkmal um neue Denkmäler ergänzt. Eines stellte die jüdische Gemeinde gemeinsam mit einem Verein ehemaliger jüdischer Einwohner Lidas auf. Es stellt eine Komposition aus metallenen Statuen dar, die auf einem Marmorpodest stehen. Die russische und hebräische Inschrift auf den Gedenktafeln lautet: »1942–1992. In diesem Massengrab liegen 6.700 von deutsch-faschisten Besatzern zu Tode gefolterten Bürger der Stadt Lida begraben«. 2003 wurde neben den Denkmälern ein weiteres Denkmal aus Granit aufgestellt. Im selben Jahr zählte die jüdische Gemeinde in Lida 111 Mitglieder.
Fünf Bürger aus Lida erhielten die Auszeichnung des Staates Israel »Gerechte unter den Völkern«. Jährlich am 8. Mai findet in Lida eine Gedenkveranstaltung in Erinnerung an die Opfer statt.

Angebote

Jedes Jahr findet am 8. Mai zum Gedenken an die ermordeten Juden eine Trauerfeier statt.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

https://www.lidaholocaustfoundation.org/

Info@LidaHolocaustFoundation.org

Krasnoarmejskaja Uliza
231292 Lida