Denkmal für die ermordeten Juden von Schytomyr

Пам'ятник жертвам фашизму


Im Juli 1941 besetzte die deutsche Wehrmacht Schytomyr. Kurz darauf begannen deutsche Einheiten aus SS und Wehrmacht damit, Juden zu terrorisieren und in mehreren »Aktionen« zu erschießen. 2001 wurde ein Denkmal für die ermordeten Juden von Schytomyr eingeweiht.

Geschichte

Schytomyr, eine Stadt im Norden der Ukraine, ist einer der ältesten slawischen Ansiedlungen und wurde vermutlich im 9. Jahrhundert gegründet. Juden lebten hier seit dem späten 18. Jahrhundert. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Schytomyr etwa 30.000 Juden, sie machten damit etwas mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung der Stadt aus. Damit war Schytomyr ein wichtiges Zentrum der jüdischen Kultur.
Als die deutsche Wehrmacht am 9. Juli 1941 in Schytomyr einmarschierte, waren bereits viele Juden geflohen. Zusammen mit der Wehrmacht traf ein Vorauskommando des SS-Sonderkommandos 4a in Schytomyr ein. Sofort begannen die SS-Einheiten damit, jüdische Männer zu erschießen. Im August 1941 verhaftete das von Paul Blobel befehligte Sonderkommando 4a zwei jüdische Gerichtsmitarbeiter. Ihnen wurde vorgeworfen, vor der deutschen Besatzung mit dem sowjetischen NKWD zusammengearbeitet zu haben und für den gewaltsamen Tod von 1.300 Ukrainern verantwortlich zu sein. Die Hinrichtung der beiden Männer inszenierte die SS als Spektakel auf dem Marktplatz von Schytomyr: Hunderte Zivilisten und Wehrmachtssoldaten verfolgten, wie sie erhängt wurden. Später am Tag erschoss das Sonderkommando 4a außerhalb von Schytomyr weitere Juden, die ebenfalls verhaftet worden waren. Die überlebenden Juden mussten in ein Ghetto umziehen. Da das Gebiet um Schytomyr für die Ansiedlung von Deutschen vorgesehen war, drängte die nationalsozialistische Führung darauf, das Gebiet von Juden »säubern«: Am 19. September wurde das Ghetto in Schytomyr aufgelöst und Einheiten der SS erschossen, unterstützt von der Wehrmacht, mehr als 3.100 Juden an Gruben außerhalb der Stadt.

Opfergruppen

Insgesamt mehr als 5.000 Juden aus Schytomyr wurden 1941 von Angehörigen der SS-Einsatzgruppen bei mehreren »Aktionen« erschossen.

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Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ließen sich wieder Juden in Schytomyr nieder, viele kehrten aus dem Exil zurück. 1959 lebten mindestens 14.000 Juden in der ukrainischen Großstadt. Nach der Wende Anfang der 1990er Jahre wanderten viele Juden aus Schytomyr nach Israel oder nach Deutschland aus. Heute leben noch etwa 5.000 Juden dort. An die Opfer der Erschießungsaktionen 1941 erinnern mehrere Denkmäler. Ein Denkmal befindet sich am Prospekt Mira am Eingang in ein Waldstück. Es wurde 1996 errichtet und stammt von Bildhauer Josef Tabachnyk und von Architekt Peter Biryuk. Tiefer im Wald befindet sich ein neueres Denkmal. Einen weiteren Gedenkstein errichtete die jüdische Gemeinde in der Nähe der Denkmäler 2001.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

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