Denkmal für die ermordeten Juden von Rhodos und Kos

Mnimeío gia tous dolofonithéntes Evraíous apó ti Ródo kai tin Ko


Im Sommer 1944 deportierten die deutschen Besatzer die Juden der griechischen Inseln Rhodos und Kos nach Auschwitz-Birkenau. Es war der letzte Transport mit griechischen Juden ins Vernichtungslager. In der Stadt Rhodos erinnern ein Denkmal sowie ein Jüdisches Museum an das Schicksal der einstigen jüdischen Gemeinden von Rhodos und Kos. Hier befindet sich auch die älteste Synagoge Griechenlands.

Geschichte

Rhodos und Kos gehören zu der Inselgruppe Dodekanes und befinden sich in der südöstlichen Ägäis. Bis 1944 lebte eine jüdische Gemeinde auf den Inseln. Sie waren Sepharden: sie stammten von Juden ab, die gegen Ende des 15. Jahrhunderts aus Spanien eingewandert waren. Auf Rhodos lebten etwa 1.800 Juden vor dem Zweiten Weltkrieg, auf Kos 150. 1941 wurden die Inseln italienisch besetzt, in der Folge entschlossen sich einige jüdische Familien zu emigrieren. Nach dem Sturz Mussolinis 1943 marschierten deutsche Truppen unter dem Kommando von Generalleutnant Ulrich Kleemann auf Rhodos ein. Auf anderen ägäischen Inseln, unter anderem auf Kos, positionierten sich kurz nach dem Abzug der Italiener britische Einheiten, bis sie im Oktober 1943 von einer Division der deutschen Wehrmacht vertrieben wurden.
Obwohl Juden in anderen Teilen Griechenlands bereits seit 1943 massenweise deportiert wurden, wurden die ägäischen Juden von den deutschen Besatzungsbehörden lange in dem Glauben gelassen, dass ihnen nichts geschehen würde. Im Juni 1944 traf jedoch ein Mitarbeiter des Berliner Reichssicherheitshauptamtes auf Rhodos ein, um die Deportation der Juden vorzubereiten. Am 13. Juli 1944 befiehl Generalleutnant Kleemann den Juden von Rhodos, sich innerhalb von vier Tagen an bestimmten Sammelplätzen einzufinden. Einige Juden entgingen der Deportation, weil ihnen der türkische Generalkonsul auf Rhodos, Selahattin Ülkümen, türkische Pässe ausgestellt hatte. Die anderen wurden zusammen mit den Juden aus Kos mit Frachtschiffen nach Piräus auf dem griechischen Festland verschleppt. Zuvor mussten sie ihr Geld und ihre Wertgegenstände an die Wehrmacht abliefern. Von Piräus aus wurden sie in das Sammellager Chaidari bei Athen gebracht. Hier stellte die SS die Deportationszüge zusammen, die wenige Tage später in das Vernichtungslager Auschwitz fuhren.

Opfergruppen

Am 24. Juli 1944 wurden etwa 1.670 Juden von Rhodos und etwa 85 Juden von Kos nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Die meisten wurden sofort nach ihrer Ankunft, vermutlich am 16. August 1944, in den Gaskammern ermordet. Etwa 150 ägäische Juden, die die SS bei der Selektion zum Arbeitseinsatz einteilte, überlebten den Krieg.

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Im April 1941 marschierte die Wehrmacht in das Königreich Griechenland ein. Das Land wurde zwischen dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten Italien und Bulgarien aufgeteilt. Die anschließende Plünderung der Landwirtschaft und der wenigen industriellen Anlagen des Landes verursachte im Winter 1941/42 eine Hungersnot, die vermutlich über 100.000 Griechen das Leben kostete. In der deutschen Besatzungszone bestimmten Raub, öffentliche Misshandlungen, Verhaftungen, Mord und Zwangsarbeit den Alltag der Juden. Zwischen dem 15. März und Mitte August 1943 organisierte ein SS-Sonderkommando – von den örtlichen Militärverwaltungen unterstützt – 19 Transporte mit etwa 46.000 Juden von Saloniki in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Treblinka. Bereits Anfang März hatten die Behörden im bulgarischen Besatzungsgebiet, der griechischen Provinz Thrakien, über 4.000 Juden verhaftet, die die SS daraufhin nach Treblinka verschleppte. Im Herbst 1943 – nach der Kapitulation Italiens – rückte die Wehrmacht in die italienisch besetzte Zone Griechenlands ein. Im März 1944 deportierte die SS auch die dort ansässigen über 8.500 Juden – aus Athen, Ioannina oder von der Insel Rhodos – nach Auschwitz-Birkenau, deren Auslieferung Italien verweigert hatte. Die Zahl der ermordeten griechischen Juden liegt bei etwa 59.000. Das deutsche Besatzungsregime führte zu einer immer stärkeren griechischen Widerstandsbewegung, die 1943/44 von der Wehrmacht durch zahlreiche, brutale Übergriffe, Vergeltungsaktionen und Massenerschießungen bekämpft wurde. Ganze Dörfer, wie zum Beispiel Kalavrita und Distimo, wurden ausgelöscht. Insgesamt fanden wahrscheinlich über 100.000 griechische Zivilisten den Tod. Bereits während der deutschen Besatzung, ab 1944, hatten sich rechte, königstreue und linke, kommunistische Gruppierungen in Griechenland bekämpft. Diese Auseinandersetzung wurde von 1946 bis 1949 in einem Bürgerkrieg fortgeführt. Die siegreiche – von Großbritannien und den USA unterstützte – Rechte verfolgte einen strikt antikommunistischen Kurs. Um einem drohenden Wahlsieg der Linken zuvorzukommen, putschte sich 1967 das Militär an die Macht und regierte das Land in den folgenden sieben Jahren. Erst nach der Aufnahme Griechenlands in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1981 kam es zur Anerkennung auch des linken Widerstandes im Zweiten Weltkrieg und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1990/91 schließlich zur Überwindung des gespaltenen Gedenkens und zu einer Aufarbeitung des Bürgerkriegs 1946–1949. Die griechische Gedenkkultur ist heute in weiten Teilen noch immer durch das Gedenken an den Widerstand gegen die Deutschen dominiert. Inschriften beziehen die Bezeichnung »Holocaust« nicht selten auf den Mord an der Zivilbevölkerung, beispielsweise als »Holocaust von Kalavrita«. Das Gedenken an die Ermordung von 85 Prozent der griechischen Juden blieb lange Zeit den jüdischen Gemeinden überlassen. In Saloniki, der Stadt mit der früher größten Gemeinde, stand bis 1997 auf dem jüdischen Friedhof das einzige Denkmal zur Erinnerung an den Holocaust. Mit den Feierlichkeiten anlässlich der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 1997 errichtete die Stadt an zentraler Stelle ein Holocaustdenkmal, das 2005 an eine andere Stelle umgesetzt wurde. 2010 wurde auch in Athen ein neues Holocaustdenkmal enthüllt. Ein Holocaustmuseum in Saloniki, an dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland mit zehn Millionen Euro beteiligt, ist im Bau.

Erinnerung

Das Denkmal zur Erinnerung an die ermordeten Juden von Rhodos und Kos wurde 2002 eingeweiht. Es entstand in Zusammenarbeit der griechischen Regierung und der Jüdischen Gemeinde von Rhodos. Die sechs Seiten der schwarzen Granitstele stellen symbolisch einen Davidstern dar. Auf den sechs Seiten steht in sechs verschiedenen Sprachen (Hebräisch, Griechisch, Englisch, Ladino, Französisch und Italienisch) die Widmung: »Niemals Vergessen. In ewiger Erinnerung an die 1.604 jüdischen Märtyrer von Rhodos und Kos die in den Vernichtungslagern der Nazis ermordet wurden. 23. Juli 1944«. Das Denkmal steht auf dem »Platz der Jüdischen Märtyrer« in der Altstadt von Rhodos.
Bereits 1997 wurde auf Initiative der Rhodes Jewish Historical Foundation in Los Angeles und der Jüdischen Gemeinde von Rhodos ein Jüdisches Museum eröffnet.
In der Nähe befindet sich die älteste noch erhaltene Synagoge Griechenlands, die 1577 gebaute Kahal-Shalom-Synagoge.

Kontakt


85107 Rhodos