»Alte Synagoge« Essen Haus jüdischer Kultur

»Alte Synagoge« Essen Haus jüdischer Kultur


Die 1913 erbaute ehemalige Essener Synagoge ist seit 1980 eine Gedenkstätte, Diskussionsforum und Veranstaltungsort. Vor 1933 lebten in Essen mehr als 4.500 Juden, etwa 2.500 kamen in den Ghettos und Vernichtungslagern in Osteuropa ums Leben.

Geschichte

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Essen reicht zurück bis in das Jahr 1291, in dem Juden in Essen zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurden. Während des 14. Jahrhunderts wurden die Juden aus der Stadt vertrieben. Im 18. Jahrhundert siedelten sich einzelne Juden wieder an, bis im 19. Jahrhundert zahlreiche jüdische Familien in das Essener Stadtgebiet zogen. Die eigenständige Synagogengemeinde wurde 1858 gegründet. Da die Zahl der Mitglieder stetig stieg, baute die Gemeinde eine neue Synagoge an der Steeler Straße 29, die 1913 als »Neue Synagoge« eingeweiht wurde. Die Gemeinde wuchs weiter: 1925 gab es in Essen etwa 4.500 Juden.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die schrittweise Verdrängung der Essener Juden aus dem öffentlichen Leben, viele konnten ihren Berufen nicht mehr nachgehen. Bis 1938 waren etwa 80% aller jüdischen Unternehmen »arisiert«, ihre Besitzer mussten sie deutlich unter Wert verkaufen. Am 10. November 1938, während des Novemberpogroms, steckten Nationalsozialisten die Synagoge in Brand, der Innenraum brannte aus. Etwa 700 jüdische Männer wurden in das Konzentrationslager Dachau verschleppt, bis 1939 jedoch wieder entlassen. Mehr als die Hälfte aller Essener Juden wanderte bis 1941 aus. Die in Essen verbliebenen Juden deportierte die SS 1941 und 1942 in Ghettos und Vernichtungslager im Osten.

Opfergruppen

Über die Hälfte der Essener Juden konnte sich von 1933 bis 1941 durch Auswanderung retten. Die in Essen verbliebenen Juden wurden zwischen 1941 und 1942 in die Ghettos und Vernichtungslager in Osteuropa deportiert. Etwa 2.500 von ihnen kamen dort um.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Den Zweiten Weltkrieg überstand das Äußere der Essener Synagoge weitestgehend unversehrt, der Innenraum jedoch blieb in dem zerstörten Zustand von 1938. Nach 1945 stand das Gebäude als ungenutzte Ruine leer. 1959 erwarb die Stadt Essen das Gebäude von der jüdischen Nachkriegsgemeinde, die sich eine neue, kleinere Synagoge errichtet hatte. Die Stadt ließ das Gebäude entkernen und präsentierte dort eine Ausstellung über Industriedesign. Seit dem 9. November 1980 ist die Alte Synagoge eine Gedenkstätte. Der Innenraum wurde von 1987 bis 1988 restauriert. Die Alte Synagoge versteht sich als Gedenkstätte und Dokumentationszentrum, aber auch als Ort des Lernens und der Begegnung. Im Juli 2010 eröffnete die »Alte Synagoge« nach einer Umbauphase als Haus jüdischer Kultur. Neben Ausstellungen zur jüdischen Geschichte und jüdischen Kultur finden regelmäßig Veranstaltungen zu diesen Themen statt.

Angebote

Ausstellungen, Führungen, Audio-Guide, Archiv zur Geschichte der Essener Juden, Veranstaltungen, Bibliothek

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag: 10.00 bis 18.00
Am 1. Januar, 1. Mai, 24. und 31. Dezember geschlossen.

Kontakt

http://www.alte-synagoge.essen.de

alte-synagoge@essen.de

+49 (0)201 884 521 8

Steeler Straße 29
45127 Essen