• Denkmal an die Kindertransporte
In der ehemaligen Hansestadt Danzig (polnisch: Gdańsk) erinnert seit Mai 2009 ein Denkmal vor dem Hauptbahnhof an die etwa 140 jüdischen Kinder, die von 1938 bis 1939 mit sogenannten Kindertransporten vor der Verfolgung der Nationalsozialisten nach Großbritannien fliehen konnten.
Bild:London, 1939, Jüdische Flüchtlingskinder aus Danzig mit ihrem Gepäck auf dem Liverpool Street Bahnhof in London, Bundesarchiv, Bild 183-S65257
London, 1939, Jüdische Flüchtlingskinder aus Danzig mit ihrem Gepäck auf dem Liverpool Street Bahnhof in London, Bundesarchiv, Bild 183-S65257

Bild:Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer
Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer
Nach der Machtübernahme 1933 begannen die Nationalsozialisten damit, Juden systematisch aus dem gesellschaftlichen Leben auszugrenzen und zu entrechten. Jüdische Geschäfte wurden boykottiert, diskriminierende Gesetze verboten Juden die Ausübung öffentlicher Ämter und die Eheschließung mit Nichtjuden. Die meisten der gut integrierten deutschen Juden entschieden sich zunächst dafür, in ihrer Heimat zu bleiben. Die Nationalsozialisten versuchten, die Auswanderung von Juden aus Deutschland durch ihre diskriminierende Politik voranzutreiben, zugleich machten bürokratische Hürden und die erzwungene Zahlung hoher Geldsummen es für viele Juden nahezu unmöglich, das Land zu verlassen. Im November 1938 steckten Nationalsozialisten überall in Deutschland Synagogen und jüdische Geschäfte in Brand, Juden wurden angegriffen und überfallen. Die Gestapo verhaftete tausende jüdische Männer und verschleppte sie für einige Wochen in das KZ Dachau. Fortan verboten die Nationalsozialisten jüdischen Kindern den Besuch staatlicher Schulen. Durch das Ausmaß der Pogrome konnten jüdische Hilfsorganisationen vor allem in Großbritannien eine Lockerung der Einreisebeschränkungen für jüdische Flüchtlinge erreichen, besonders für Kinder und Jugendliche. Von November 1938 bis September 1939 konnten jüdische Organisationen insgesamt etwa 10.000 jüdische Kinder nach Großbritannien bringen. Die Eltern der Kinder sollten später nachkommen und mit ihnen von dort in andere Länder auswandern.
Bild:London, 1939, Jüdische Flüchtlingskinder aus Danzig mit ihrem Gepäck auf dem Liverpool Street Bahnhof in London, Bundesarchiv, Bild 183-S65257
London, 1939, Jüdische Flüchtlingskinder aus Danzig mit ihrem Gepäck auf dem Liverpool Street Bahnhof in London, Bundesarchiv, Bild 183-S65257

Bild:Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer
Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer
Insgesamt konnten durch die Transporte über 10.000 jüdische Kinder aus dem Deutschen Reich – einschließlich Wien und Prag – gerettet werden. Nach ihrer Ankunft in Großbritannien wurden die Kinder direkt in Pflegefamilien oder in Auffanglagern untergebracht. Schätzungen zufolge lebten etwa 4.000 unmittelbar nach ihrer Ankunft in Heimen. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 konnten die jüdischen Kinder kaum noch Kontakt zu ihren Eltern in Deutschland aufnehmen. Etwa neun von zehn Kindern sahen ihre Eltern nie wieder. Für viele wurde die rettende Flucht zur traumatischen Erfahrung von Isolation und Einsamkeit.
Bild:Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer
Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer

Der israelische Künstler Frank Meisler errichtete bereits in London und Berlin Denkmäler, die an die Kindertransporte von 1938/39 erinnern. Meisler selbst war im August 1939 als zehnjähriger Junge mit einem der letzten Transporte vor Beginn des Zweiten Weltkriegs aus Danzig nach England gebracht worden. Seine Eltern wurden später deportiert und ermordet. Auf Wunsch des Danziger Bürgermeisters Paweł Adamowicz errichtete Meisler im Mai 2009 ein Denkmal vor dem Bahnhof Gdańsk Główny (deutsch: Danzig Hauptbahnhof). Die Bronzeplastik zeigt fünf Jungen und Mädchen verschiedenen Alters mit Gepäck. Sie stehen an einem stilisierten Gleis. Auf dem Sockel des Denkmals befinden sich die Namen von deutschen Großstädten, aus denen Kindertransporte nach England abfuhren.
Bild:Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer
Danzig, 2009, Denkmal vor dem Hauptbahnhof, Dora Schirmer

Bild:Danzig, 2009, Hebräische Inschrift am Denkmal, Dora Schirmer
Danzig, 2009, Hebräische Inschrift am Denkmal, Dora Schirmer
Name
Pomnik Kindertransportów
Adresse
Podwale Grodzkie 1
80-895 Gdańsk
Öffnungszeiten
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.