KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch

KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch


In Springhirsch, einem Ortsteil der Gemeinde Nützen, befindet sich seit 2000 eine Gedenkstätte auf dem ehemaligen Gelände des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen. In diesem Lager mussten bis zu 1.000 Häftlinge von 1944 bis 1945 Zwangsarbeit leisten.

Geschichte

Auf Betreiben der Luftwaffe richtete die SS im August 1944 im Ort Springhirsch bei Kaltenkirchen ein Außenlager des Konzentrationslagers (KZ) Neuengamme ein. Hierzu diente ein bereits bestehendes Barackenlager der Luftwaffe in der Nähe des Militärflugplatzes Kaltenkirchen. Die Wehrmachtsführung hatte beschlossen, den Flugplatz umbauen zu lassen und hatte dazu bei der SS Arbeitskräfte angefordert.
Im August 1944 traf ein erster Transport mit etwa 500 Häftlingen aus Neuengamme in Kaltenkirchen ein. Die Häftlinge wurden durch den Ort in das 10 Kilometer entfernte Springhirsch getrieben und in das neu eingerichtete Außenlager Kaltenkirchen gebracht. Die Häftlinge mussten in Kaltenkirchen Zwangsarbeit leisten: Sie mussten die Start- und Landebahnen des Flugplatzes für den Einsatz eines neuen Jagdflugzeuges verlängern und nahmen vor allem Ausschachtungs- und Planierarbeiten vor. Die schwere körperliche Arbeit, der tägliche lange Marsch zur Baustelle und die mangelhafte Versorgung führten zu vielen Krankheiten und Todesfällen im Lager. Anfang 1945 löste SS-Hauptsturmführer Bernhard Waldmann den bisherigen Lagerkommandanten Otto Freyer ab. Er verschärfte die Bedingungen für die Häftlinge erheblich: Die Lebensmittelrationen wurden gekürzt, die tägliche Arbeitszeit von acht auf zehn bis elf Stunden erhöht. Die Zahl der Toten stieg. Zu den Wachmannschaften gehörten nur zwei weitere SS-Männer, die Bewachung der KZ-Häftlinge wurde von etwa 58 Luftwaffensoldaten übernommen. Am 17. April 1945 ließ die SS das Lager räumen. Die Häftlinge mussten zu Fuß Richtung Norden marschieren. Von dort aus wurden sie in Viehwaggons in das KZ Wöbbelin gebracht.

Opfergruppen

Die größten Gruppen im Außenlager Kaltenkirchen bildeten die sowjetischen und französischen Häftlinge. Außerdem kamen Gefangene aus Polen, Deutschland sowie einige wenige aus Belgien, Italien und Jugoslawien. Wie viele Menschen insgesamt das Außenlager Kaltenkirchen durchliefen ist unklar: Die Belegung lag meistens bei 500, aufgrund der hohen Kranken- und Sterberate kamen immer wieder neue Häftlinge aus dem Stammlager Neuengamme an. Kurz vor der Räumung des Lagers befanden sich bis zu 1.000 Häftlinge dort. 171 Todesopfer des Außenlagers Kaltenkirchen sind namentlich bekannt. Nach Aussagen von Überlebenden kann jedoch von über 500 Todesopfern ausgegangen werden.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach dem Krieg wurden die Baracken des Außenlagers abgerissen, die Gräberstätte in Moorkaten, wo viele der KZ-Häftlinge begraben liegen, wurde als »Kriegsgräberstätte« angesehen. 1975 bildete sich eine »Historische Arbeitsgruppe« unter der Leitung von Gerhard Hoch. Die Gräberstätte Moorkaten wurde 1978 umgestaltet, der Name »Kriegsgräberstätte« jedoch erst 1992 in »Gräberstätte für Kriegsgefangene und KZ-Opfer« geändert. 1994 wurde durch Zufall eine Betonplatte auf dem Gelände des ehemaligen Außenlagers gefunden, das bis zu diesem Zeitpunkt von einem Wald überwuchert war. Daraufhin wurden Fundamente von Gebäuden des ehemaligen Lagers entdeckt. Seitdem engagierten sich Bürger für den Bau einer Gedenkstätte, im Juli 1999 konnte mit Hilfe der Stadt Kaltenkirchen der »Trägerverein für die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch« gegründet werden. Am 30. April 2000 eröffnete die Gedenkstätte. Seit 2002 gibt es ein »Dokumentenhaus« und mehrere Steinskulpturen von Ingo Warnke auf dem Gelände.

Angebote

Ausstellungen, Führungen

Öffnungszeiten

Das Gelände der Gedenkstätte ist jederzeit zugänglich.

Öffnungszeiten des Dokumentenhauses:

Vom 1. November bis 28. Februar Dienstag bis Samstag 10.00 bis 16.00, Sonntags und Feiertags geschlossen.
Vom 1. März bis 31. Oktober Dienstag bis Samstag 10.00 bis 18.00, Sonntags und an den meisten Feiertagen 11.00 bis 17.00

Kontakt

http://www.kz-kaltenkirchen.de

nachricht@kz-kaltenkirchen.de

+49 (0)4191 723 428