Denkmal für die Helden des Ghettos und Denkmal der Großen Synagoge in Bialystok

Pomnik Bohaterów Getta i Pomnik Wielkiej Synagogi w Białymstoku


In Bialystok (polnisch: Białystok), heute im Nordosten Polens an der Grenze zu Weißrussland gelegen, errichtete die deutsche Militärverwaltung am 1. August 1941 ein Ghetto für die etwa 50.000 Juden aus der Stadt und ihrer Umgebung. Nach und nach wurden die jüdischen Bewohner des Ghettos in verschiedene Vernichtungslager und Arbeitslager verschleppt, bis das Ghetto endgültig aufgelöst wurde. Heute erinnern mehrere Denkmäler an die jüdischen Opfer aus Bialystok. Besonders bekannt ist das Denkmal der Großen Synagoge. Es erinnert an die etwa 2.000 Juden, die am ersten Tag der deutschen Besatzung in die Synagoge gesperrt und bei lebendigem Leib verbrannt wurden.

Geschichte

In Bialystok waren vor dem Zweiten Weltkrieg über die Hälfte der 107.000 Einwohner Juden. Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht wurde Bialystok am 15. September 1939 besetzt. Wenige Tage später marschierte die sowjetische Armee in Ostpolen ein und besetzte – in Übereinstimmung mit dem im August geschlossenem Hitler-Stalin-Pakt – große Teile des Landes, so auch Bialystok. Als am 22. Juni 1941 das Deutsche Reich das Abkommen mit dem Angriff auf die Sowjetunion brach, besetzte die Wehrmacht Ende Juni Bialystok erneut. Um den von der Führung erträumten »Lebensraum im Osten« für das Deutsche Reich zu schaffen, sollte der im August 1941 gebildete »Bezirk Bialystok« wirtschaftlich ausgebeutet, die Bevölkerung als Arbeitskraft ausgenutzt und schrittweise ausgesiedelt bzw. ermordet werden. Seit Beginn der Besatzung am 27. Juni 1941 ermordeten SS-Einsatzgruppen, verschiedene Polizeibataillone, Einheiten der Sicherheitspolizei und der Wehrmacht Juden in der Region. Gleich am ersten Tag sperrten Angehörige des Polizeibataillons 309 etwa 2.000 Juden in der Großen Synagoge ein und setzten das Gebäude in Brand, alle starben. Anfang August 1941 richtete die deutsche Militärverwaltung ein Ghetto für 50.000 Juden ein. Ephraim Barasz, der Vorsitzende des von den Besatzern eingesetzten Judenrates, machte das Ghetto zu einem Standort der Textilindustrie in der Hoffnung, dass die zur Arbeit eingesetzten Juden geschützt werden könnten.
Mit dem Verlauf des Krieges im Osten und der Zunahme von Aktivitäten russischer Partisanen im Bezirk Bialystok wurde Mitte Juli 1943 die endgültige Auflösung des Ghettos beschlossen. Die Produktionsstätten sollten nach Lublin verlagert werden. Soldaten, Polizisten und eine Hilfstruppe der SS umstellten das Ghetto am 16. August 1943, woraufhin sich etwa 200 Mitglieder der Untergrundbewegung zum Aufstand erhoben. Das Gefecht dauerte nur kurz. Nach der Niederschlagung des Aufstands verschleppte die SS etwa 30.000 Juden in Arbeits- und Vernichtungslager.

Opfergruppen

Zu Beginn der deutschen Besatzung wurden im gesamten »Bezirk Bialystok« zwischen Juni und September 1941 etwa 31.000 Juden ermordet, vor allem bei Massenerschießungen. Allein in der Stadt Bialystok waren es etwa 4.000 Juden.
Das Ghetto in Bialystok existierte länger als alle anderen im Bezirk, denn die meisten der zahlreichen anderen Ghettos wurden ab Anfang Oktober 1942 in rascher Folge aufgelöst. Im Februar 1943 wurden über 10.000 Juden aus Bialystok nach Auschwitz und Treblinka deportiert. Etwa 1.000 wurden im Ghetto erschossen.
Nach der endgültigen Auflösung des Ghettos im August 1943 wurden etwa 17.000 bis 19.000 Juden in den Vernichtungslagern Sobibor, Treblinka und Auschwitz ermordet, darunter 1.264 Kinder, die über Theresienstadt in Böhmen nach Auschwitz deportiert wurden. 11.000 weitere Juden wurden in Arbeitslager nach Lublin verschleppt. Die meisten von ihnen wurden dort bei der »Aktion Erntefest«, einem Massenmord am 3./4. November 1943, von SS- und Polizeiangehörigen erschossen. Die endgültige Auflösung des Ghettos fand am 16. September 1943 statt. Etwa 1.200 bis 2.000 Juden wurden nach Majdanek deportiert, auch sie fielen dort der »Aktion Erntefest« zum Opfer.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren nur noch 300 bis 400 Juden aus Bialystok am Leben.

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Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Das Denkmal für die Helden des Ghettos (polnisch: Pomnik Bohaterów Getta) entstand bereits kurz nach dem Ende des Krieges und erinnert an die Aufständischen im Ghetto Bialystok. Zum 50. Jahrestag des Aufstandes wurde das Denkmal 1993 restauriert.
1958, zum 15. Jahrestag des Aufstands im Ghetto wurde an einem Haus in der Nähe des ehemaligen Standortes der Großen Synagoge eine Gedenktafel in polnischer und jiddischer Sprache angebracht, die an die ermordeten Juden der Stadt erinnert.
Ein größeres Denkmal entstand 1995: Bialystoker Juden aus der ganzen Welt sowie die Stadt stifteten das Denkmal der Großen Synagoge (polnisch: Pomnik Wielkiej Synagogi). Es erinnert auch an die etwa 2.000 Juden, die am 27. Juni 1941 bei lebendigem Leib in der Synagoge verbrannten. Das Denkmal ist der im Feuer zerstörten Kuppel der Synagoge nachempfunden.
Die Denkmäler sind in dem Projekt »Weg des Jüdischen Erbes in Bialystok« (polnisch: Szlak Dziedzictwa Żydowskiego w Białymstoku) vertreten. 2008 erarbeitete eine Gruppe von Studenten und Doktoranden der Universität Bialystok sowie Freiwillige ein Projekt zur jüdischen Geschichte der Stadt zwischen 1685 bis 1945. In einer Landkarte markierten sie Orte, die mit der Geschichte der Juden in Bialystok verbunden sind.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

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