Denkmal zur Erinnerung an den Judenmord und an das Ghetto Dünaburg
Mežciema Ebreju genocīda un Daugavpils geto upuru piemiņas memoriāls
In Dünaburg erinnert ein Gedenkstein an die 1941/42 ermordeten Juden der Stadt und 16 weitere an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in ganz Europa.
Geschichte
Dünaburg (lettisch: Daugavpils, russisch: Dwinsk), im Südosten Lettlands gelegen, ist die zweitgrößte Stadt des baltischen Staates. Bis 1918 gehörte das Land zum Russischen Reich, danach war Lettland bis zur Besetzung und Annexion durch Stalins Sowjetunion 1940 ein unabhängiger Staat. Zwischen 1941 und 1944 unter deutscher Kontrolle, war Lettland von 1944 bis 1991 erneut Teilrepublik der Sowjetunion.
Vor dem Zweiten Weltkrieg war ein Viertel der über 45.000 Einwohner Dünaburgs jüdisch. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht im Sommer 1941 richtete die deutsche Militärverwaltung in der Festung am Ufer der Düna ein Ghetto für etwa 16.000 Juden aus Dünaburg und Umgebung ein. Gleichzeitig begannen ein SS-Kommando und lettische Hilfspolizisten mit Erschießungen von etwa 9.000 Juden aus dem Raum Dünaburg in Wäldern vor der Stadt. Ende August 1941 lebten nur noch 7.000 Juden im Ghetto. Anfang November erschossen SS-Angehörige und lettische Helfer weitere 5.000, vor allem Alte, Kranke und Kinder. Am 1. Mai 1942 wurde das Ghetto aufgelöst und die übrig gebliebenen Juden ermordet. Nur ganz wenige wurden am Leben gelassen, sie wurden 1943/44 in Konzentrationslager deportiert. Als die Rote Armee am 27. Juli 1944 Dünaburg zurückeroberte, lebten in Verstecken nur noch etwa 20 Juden in der Stadt.
Opfergruppen
Etwa 16.000 Juden aus Dünaburg und seinem Umland wurden 1941/42 von deutschen und lettischen Einheiten ermordet oder deportiert.
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Lettland
1940 wurde das seit 1918 unabhängige Lettland gemäß einem deutsch-sowjetischen Vertrag – dem so genannten Hitler-Stalin-Pakt – von der Roten Armee besetzt. Am 22. Juni 1941, als deutsche Truppen die Sowjetunion angriffen, lebten noch etwa 70.000 Juden im Land. Über 23.000 waren – wie Zehntausende andere Letten – kurz zuvor vom sowjetischen Geheimdienst NKWD nach Sibirien verschleppt worden oder hatten in das Landesinnere fliehen können. Der kämpfenden Wehrmacht folgte die SS-Einsatzgruppe A, die unter aktiver Beihilfe von Angehörigen des lettischen »Selbstschutzes« zwischen Juli und Anfang Dezember 1941 etwa 30.000 Juden erschoss. Die Ortskommandanturen der Wehrmacht richteten noch im Spätsommer 1941 zwei Ghettos ein: in der Hauptstadt Riga mit 30.000 und in Dünaburg (Daugavpils) mit 14.000 jüdischen Häftlingen. In zwei großen Massenerschießungen Ende 1941 im Wald von Rumbula bei Riga ermordeten deutsche und lettische Sondereinheiten 25.500 Juden aus dem dortigen Ghetto. Das leergeräumte »Große Ghetto« in Riga war ab Dezember 1941 Ziel von Deportationszügen mit 25.000 deutschen, österreichischen und tschechischen Juden. Anfang 1942 fanden erneut Massenerschießungen im Wald von Bikernieki bei Riga statt, denen Tausende Juden zum Opfer fielen. Bis Kriegsende kamen 95 Prozent der jüdischen Vorkriegsbevölkerung Lettlands und etwa 120.000 nichtjüdische Zivilisten gewaltsam zu Tode.
Mit der Rückeroberung Lettlands durch die Rote Armee 1944 wurde das Gebiet erneut Teilrepublik der Sowjetunion. Es entstanden zahlreiche Denkmäler zur Erinnerung an den »Sieg« im »Großen Vaterländischen Krieg«. Erst 1990/91 erkämpfte Lettland seine staatliche Unabhängigkeit von Moskau auch gegen sowjetische Panzer. Anschließend wurden viele sowjetische Monumente abgebaut, die jahrzehntelange Besatzung und der Widerstand rückten ins Zentrum der nationalen Erinnerung. Die Annexion Lettlands durch die Sowjetunion 1940/41 sowie 1944 bis 1990 und die deutsche Besetzung wurden gleichgesetzt; wie in Litauen und Estland Okkupationsmuseen eingerichtet, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Jahre des sowjetischen Terrors ist.
Während des Krieges hatten um die 160.000 Letten – freiwillig oder gezwungen – in der Lettischen Legion der Waffen-SS gedient und waren bei Massenerschießungen, Brandschatzungen und der Bewachung von Lagern, aber auch im Krieg und gegen Partisanen eingesetzt. Zu sowjetischen Zeiten ausgegrenzt und verfolgt, wurden die früheren »Legionäre« nach 1990/91 von vielen als Freiheitskämpfer gegen die kommunistische Fremdherrschaft angesehen und geehrt. Gegen diese einseitige Sichtweise regte sich Protest im Ausland. Ende 1998 wurde eine internationale Historikerkommission zum Thema »Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der zwei Okkupationen 1940–1956« beim Präsidenten der Republik eingerichtet.
Stätten des Gedenkens an den Holocaust gibt es vor allem auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Salaspils seit 1967 und seit 2001 in Bikernieki. Im Wald von Rumbula stellten jüdische Dissidenten bereits 1962 einen Davidstern zur Erinnerung auf. Das Gedenkzeichen wurde von den sowjetischen Behörden beseitigt und durch ein Ehrenmal für die »Opfer des Faschismus« ersetzt. Im November 2002 konnte ein neues Denkmal eingeweiht werden. In der Hauptstadt Riga gründeten Holocaustüberlebende 1989 ein jüdisches Museum. 2005/06 entstand auf den Fundamenten der ehemaligen Choralsynagoge in Riga eine Gedenkstätte zur Erinnerung an alle Opfer des Holocaust und an alle Juden, die auf lettischem Boden ermordet wurden. Seit 2010 gibt es ein Museum des Rigaer Ghettos.
Erinnerung
Das erste Denkmal für die ermordeten Juden Dünaburgs wurde am 27. Juni 1960 im Wald von Poguļankā (Mežciems) im Stil des sozialistischen Realismus errichtet und 1976 bis 1979 von Indulis Folkmanis restauriert. Es trug die lettisch-russische Inschrift: »Ewiges Angedenken den Opfern des Faschismus 1941–1944«. Nach der Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit 1990/91 entfernten die zuständigen Behörden die Skulptur bis auf ihr Fundament und weihten bereits am 10. November 1991 eine neue Gedenkanlage des Künstlers Oleg Marinoha ein. In ihrem Mittelpunkt befindet sich ein künstlerisch abgewandelter Davidstern mit der Widmung: »In Erinnerung an die Söhne Israels«. Darüber hinaus gibt es eine Art Grabstein für die ermordeten Dünaburger Juden mit der – zu hohen – Zahl 30.000 und in seiner Umgebung 16 weitere Gedenksteine mit den jeweiligen Opferzahlen für die deutsch besetzten Länder Europas.
Bereits seit Mitte der 1960er und seit 1992 am 4. Juli, dem offiziellen Holocaustgedenktag Lettlands, finden jährlich Gedenkveranstaltungen statt.
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Am 4. Juli, dem offiziellen Holocaustgedenktag Lettlands, finden Gedenkveranstaltungen statt.