• Ehemalige Synagoge Kippenheim
Die 1852 erbaute denkmalgeschützte Synagoge von Kippenheim wird heute als Bildungsstätte genutzt.
Bild:Kippenheim, vor 1938, Innenraum der Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, vor 1938, Innenraum der Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim

Bild:Kippenheim, 2007, Ehemalige Synagoge Kippenheim, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, 2007, Ehemalige Synagoge Kippenheim, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim ist eine Gemeinde im Landkreis Ortenau in der Region Oberrhein, die bereits 762 urkundlich erwähnt wurde. Juden lebten spätestens seit dem 17. Jahrhundert in Kippenheim. Damals durften sich Juden nicht in Städten ansiedeln, so dass sich in der Region eine eigentümliche Kultur des Landjudentums entwickelte. Im 19. Jahrhundert lebte in Kippenheim eine relativ große jüdische Gemeinde, deren Bevölkerung im Jahr 1871 mit 323 Personen ihren Höchststand erreichte – damals war fast jeder sechste Kippenheimer jüdisch. Danach ging die Zahl der in Kippenheim lebenden Juden kontinuierlich zurück. Mittelpunkt jüdischen Lebens war die 1852 in neoromanischen Stil erbaute Synagoge.
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, lebten 144 Juden in Kippenheim bei einer Gesamtbevölkerung von 1.856. Zuvor hatten Juden regen Anteil am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben der Gemeinde; Betriebe wie Gasthöfe, Viehhandlungen und Bäckereien sicherten die Existenz jüdischer Familien. Unter dem NS-Regime wurde ihre Lage zunehmend prekär: auf Boykottaufrufe folgten Rassegesetze und eine zunehmende Verdrängung aus dem öffentlichen Leben. Am 10. November 1938 zerstörten Mitglieder der Hitlerjugend aus Lahr die Inneneinrichtung der Synagoge. Aufgrund der judenfeindlichen Stimmung verließen die meisten jüdischen Einwohner Kippenheim, viele von ihnen verließen Deutschland ganz.
Am 22. und 23. Oktober 1940 wurden in der »Wagner-Bürckel-Aktion« alle Juden aus der Saar-Pfalz und aus Baden, darunter alle noch 31 in Kippenheim lebenden jüdischer Frauen und Männer, nach Südfrankreich deportiert und in Gurs in einem Lager eingesperrt. Diese »Aktion« war die erste große Deportation von Juden aus dem Deutschen Reich. Die meisten Deportierten starben in Gurs oder wurden später ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet.
Bild:Kippenheim, vor 1938, Innenraum der Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, vor 1938, Innenraum der Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim

Bild:Kippenheim, 2007, Ehemalige Synagoge Kippenheim, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, 2007, Ehemalige Synagoge Kippenheim, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Im Oktober 1940 deportierten die nationalsozialistischen Behörden alle 31 noch in Kippenheim lebenden Juden nach Gurs. 29 von ihnen überlebten den Holocaust nicht. 12 starben in Gurs, 17 wurden 1942/43 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.
Insgesamt wurden etwa 400 Juden aus dem Landkreis Ortenau im Holocaust ermordet.
Bild:Kippenheim, 1935, Jüdische Schuljugend Kippenheim, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, 1935, Jüdische Schuljugend Kippenheim, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim

Bild:Kippenheim, 1938, Der verwüstete Innenraum der Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, 1938, Der verwüstete Innenraum der Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Am 10. November 1938 verhinderten lokale Einwohner die Niederbrennung der Synagoge, weil sie befürchteten, dass die Flammen auf die umliegenden Gebäude übergreifen könnten. Die Führung der Gemeinde wollte die Synagoge abreißen lassen, doch dazu kam es in den folgenden Jahren nicht. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude noch weiter geplündert, weil französische Kriegsgefangene, die in der unmittelbaren Nähe untergebracht waren, das Material für Heizung brauchten.
Nach 1945 wurde die Synagoge auf Betreiben der Alliierten beschlagnahmt und jüdischen Organisationen zurückerstattet, doch sie hatten keine Verwendung mehr dafür und verkauften sie bald wieder. Das Gebäude wurde als Lagerhalle genutzt und war immer weniger als ehemalige Synagoge erkennbar. Auch die beiden Türme wurden in den 1950er Jahren entfernt.
In den späten 1970er Jahren mehrten sich die Stimmen, die ehemalige Synagoge der Vergessenheit zu entreißen. 1981 wurde die Synagoge in den Rang eines »Kulturdenkmales von nationaler Bedeutung« erhoben. 1983 kaufte die Gemeinde Kippenheim das Gebäude und ließ die ursprüngliche Fassade wiederherstellen. Der 1996 gegründete Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V. ließ 2003 die ehemalige Synagoge einer aufwändigen Innenrenovierung unterziehen. Das vom Förderverein entwickelte Renovierungskonzept versucht die Spuren der Geschichte sichtbar zu halten, um die unterschiedlichen Verwendungszwecke seit der Erbauung des Gebäudes so weit wie möglich erkennbar zu machen. Der Förderverein bietet Führungen und andere Bildungsaktivitäten für Jugendliche und Erwachsene an. Eine Dauerausstellung auf den Emporen informiert über die Kultur und Geschichte der Ortenauer Landjuden.
Bild:Kippenheim, 1956, Damaliger Zustand der als Lagerhalle benutzten ehemaligen Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim
Kippenheim, 1956, Damaliger Zustand der als Lagerhalle benutzten ehemaligen Synagoge, Förderverein ehemalige Synagoge Kippenheim

Bild:Kippenheim, 2014, Ehemalige Synagoge, Daniela Schaffart
Kippenheim, 2014, Ehemalige Synagoge, Daniela Schaffart
Name
Ehemalige Synagoge Kippenheim
Adresse
Poststraße 17
77971 Kippenheim
Telefon
+49 (0)7807 957 612
Web
http://www.ehemalige-synagoge-kippenheim.de/
E-Mail
buero@ehemalige-synagoge-kippenheim.de
Öffnungszeiten
Mai bis Ende September Sonntags 14.00 bis 17.00
Führungen auf Anfrage
Angebot
Dauerausstellung, Führungen, Bildungsangebote, Kulturveranstaltungen