• Denkmal für die Juden von Baraschi und Umgebung
Seit Herbst 2019 erinnert ein Denkmal an die ermordeten Juden des Ortes Baraschi. Das Denkmal entstand im Rahmen des internationalen Projekts »Erinnerung bewahren«, das vom Auswärtigen Amt gefördert wird.
Bild:Baraschi, 2015, Massengrab mit Zaun aus dem Jahr 1946, Stiftung Denkmal
Baraschi, 2015, Massengrab mit Zaun aus dem Jahr 1946, Stiftung Denkmal

Bild:Baraschi, 2019, Denkmal und Informationsstele am Massengrab, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Baraschi, 2019, Denkmal und Informationsstele am Massengrab, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Baraschi ist ein Dorf in der Region Wolhynien etwa 50 Kilometer nordwestlich von Shitomir entfernt. Die früherste schriftliche Erwähnung von Baraschi stammt von 1566. Um 1750 gab es bereits eine kleine jüdische Gemeinde. Nach der Teilung Polens 1793 gehörte Baraschi zum Russischen Zarenreich. 1897 hatte Baraschi etwa 2.250 Einwohner, darunter 338 Juden – 15% der Bevölkerung.
Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Baraschi zur Ukraine, beziehungsweise zur Sowjetunion. 1939 lebten 320 Juden im Ort, was einem Zehntel der Bevölkerung entsprach. Darüber hinaus lebten einige Hundert weitere Juden in den umliegenden Dörfern.
Die deutsche Wehrmacht nahm Baraschi etwa einen Monat nach ihrem Angriff auf die Sowjetunion am 20. Juli 1941 ein. Zu diesem Zeitpunkt blieben nur noch etwa 43 Juden im Ort, alle anderen waren geflohen. Sofort nach dem Einmarsch der Wehrmacht mussten Juden ein Erkennungszeichen tragen und Zwangsarbeit leisten. Ende August wurde eine Gruppe von etwa 30-40 jüdischen Frauen und Männern aus der nahegelegenen Stadt Jemiltschyne in die Nähe von Baraschi gebracht und dort erschossen. Viele der Täter waren Volksdeutsche aus der Region.
Im September 1941 wurden alle Juden aus der Umgebung in Baraschi angesiedelt, so dass ihre Zahl auf 166 anstieg. Vermutlich am 1. November wurde die überwiegende Mehrheit von ihnen, mindestens aber 95 Personen, erschossen. Zuerst mussten 20 bis 25 jüdische Männer auf einer Wiese einige Kilometer westlich von Baraschi teilweise mit den bloßen Händen eine Grube ausheben. Später wurden die jüdischen Kinder, Frauen und Männer in kleinen Gruppen zur Erschießungsstätte geführt, wo sie sich entkleiden und in die Grube legen mussten. Anschließend wurden sie erschossen. Die Täter waren vermutlich Angehörige von deutschen Gendarmerieeinheiten, die beim Morden von ukrainischen Hilfspolizisten unterstützt wurden.
Bild:Baraschi, 2015, Massengrab mit Zaun aus dem Jahr 1946, Stiftung Denkmal
Baraschi, 2015, Massengrab mit Zaun aus dem Jahr 1946, Stiftung Denkmal

Bild:Baraschi, 2019, Denkmal und Informationsstele am Massengrab, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Baraschi, 2019, Denkmal und Informationsstele am Massengrab, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Ende Oktober oder Anfang November 1941 erschossen deutsche Einheiten mindestens 95 Juden aus Baraschi und Umgebung. Insgesamt wurden mehr als 170 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Baraschi und Umgebung ermordet. Vermutlich wurden viele Juden, die vor der Ankunft der Wehrmacht aus Baraschi hatten fliehen können, ebenfalls im Holocaust ermordet.
Bild:o.O., o.D., Chinia Kipnis aus Suschki, die vermutlich im November 1941 in Baraschi ermordet wurde, Yad Vashem
o.O., o.D., Chinia Kipnis aus Suschki, die vermutlich im November 1941 in Baraschi ermordet wurde, Yad Vashem

Bild:Baraschi, 2019, Weg zum Denkmal, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Baraschi, 2019, Weg zum Denkmal, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Nur einzelne Juden überlebten den Holocaust in Baraschi. Mindestens ein jüdisches Kleinkind überlebte, weil es von einer ukrainischen Familie versteckt wurde, während sich seine Mutter den Partisanen anschloss.
Die Rote Armee befreite Baraschi am 1. Januar 1944. Kurz darauf sammelte eine sowjetische Untersuchungskommission Beweise über die Verbrechen der deutschen Besatzer und strengte Verfahren gegen lokale Kollaborateure an.
1946 wurde das Massengrab der etwa 100 Juden, die um den 1. November 1941 erschossen wurden, durch Bewohner des Ortes und überlebende Juden mit Aufschüttungen markiert und umzäunt. Dasselbe geschah mit einem weiteren Massengrab, bei dem es jedoch bis heute unklar ist, welche Opfer dort verscharrt liegen.
Anfang der 1990er Jahre lebten noch eine Handvoll Juden in Baraschi. Mittlerweile gibt es dort keine jüdische Gemeinde mehr.
Im April 2017 wurden im Rahmen des Projekts »Erinnerung bewahren«, das bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas angesiedelt ist, nicht-invasive archäologische Untersuchungen an den beiden Massengräbern durchgeführt. Mit ihrer Hilfe konnte die genaue Lage und Größe der Massengräber ermittelt werden. Da die jüdische Tradition die Störung der Totenruhe verbietet, werden die Massengräber im Rahmen des Projekts nicht geöffnet. Im September 2019 wurde im Rahmen von »Erinnerung bewahren« ein Denkmal eingeweiht und eine Informationsstele aufgestellt, die in ukrainischer, englischer und hebräischer Sprache die Geschichte der Juden von Baraschi und Umgebung erzählt.
Bild:Baraschi, 2017, Nicht-invasive archäologische Untersuchung einer vermuteten Massenerschießungtsstätte, Stiftung Denkmal
Baraschi, 2017, Nicht-invasive archäologische Untersuchung einer vermuteten Massenerschießungtsstätte, Stiftung Denkmal

Bild:Baraschi, 2019, Denkmal am Massengrab, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Baraschi, 2019, Denkmal am Massengrab, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Name
Меморіал євреям Барашів і околиць
Web
https://www.erinnerungbewahren.de/baraschi/
E-Mail
info@erinnerung-bewahren.de
Öffnungszeiten
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.