In Gleiwitz (polnisch: Gliwice) erinnert seit 2019 ein kleines Museum an die Geschichte der Juden Oberschlesiens. Die ehemalige Zeremonienhalle des jüdischen Friedhofs, in der es sich befindet, ist selbst ein herausragendes Zeugnis der Geschichte der jüdischen Kultur in der Region.
Die oberschlesische Stadt Gleiwitz (polnisch: Gliwice) wurde das erste Mal im 13. Jahrhundert erwähnt. Zwischen 1526 und 1742 gehörte Gleiwitz zu Habsburg, danach zu Preußen.
Die zunächst kleine jüdische Gemeinde war 1750 gegründet worden. Nachdem Juden 1808 das Recht erhielten, sich in schlesischen Städten niederzulassen, wurde die erste Gleiwitzer Synagoge um 1811 eingeweiht. Die politische Gleichstellung der Juden erfolgte 1847. Die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg war in ganz Oberschlesien vom wirtschaftlichen Wachstum geprägt, auch jüdisches Leben erlebte seine Blütezeit. Unter den Gleiwitzer Juden gab es zahlreiche Beamte, Stadträte und Unternehmer.
Im Ersten Weltkrieg fielen 57 Gleiwitzer Juden in deutscher Uniform. Nach dem Krieg wurde Oberschlesien zwischen Deutschland und Polen geteilt. Nach einer 1921 durchgeführten Volksabstimmung, bei der auch die Mehrheit der Juden für Deutschland stimmte, verblieb Gleiwitz beim Deutschen Reich und befand sich fortan in unmittelbarer Nähe zur polnischen Grenze. Es brachen wirtschaftlich schwierige Jahre an, auch viele Juden zogen aus Gleiwitz fort.
Nach ihrem Machtantritt führten Nationalsozialisten am 1. April 1933 auch in Gleiwitz Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte durch. Juden wurden schrittweise aus dem öffentlichen Leben und aus ihren Berufen gedrängt. Ende der 1930er Jahre wanderten viele von ihnen aus. Im November 1938 brannten Nazis die Synagoge nieder, zerstörten alle jüdischen Geschäfte und verhafteten etwa 230 jüdische Männer, die sie anschließend in Konzentrationslager verschleppten. 1939 lebten noch etwa 900 Juden in Gleiwitz. Mit Ausnahme derer, die in sogenannten »Mischehen« lebten, wurden die Gleiwitzer Juden 1942/43 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die meisten von ihnen ermordet wurden.
1944 wurden in und um Gleiwitz mehrere Außenlager des Lagerkomplex Auschwitz eingerichtet. Die meisten Gefangenen, die in diesen Lagern Zwangsarbeit leisten mussten, wurden im Januar 1945 ermordet.
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, lebten etwa 1.800 Juden in Gleiwitz, das damals um die 110.000 Einwohner hatte. Bis 1939 wanderte etwa die Hälfte von ihnen aus. Ende 1940, als der Weg der Auswanderung bereits versperrt war, wurden 692 Juden in Gleiwitz statistisch erfasst. Die meisten von ihnen wurden 1942/43 in verschiedenen Transporten ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Lediglich 25 jüdische Personen, die in sogenannten Mischehen lebten, überlebten den Holocaust in Gleiwitz.
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Seit 1945 ist Gleiwitz polnisch. Die meisten Deutschen flohen oder wurden vertrieben. In der unmittelbaren Nachkriegszeit lebten etwa 1.000 Juden in Gleiwitz, die meisten von ihnen Überlebende des Holocaust aus ehemals polnischen Gebieten. Bis 1950 verließen die meisten von ihnen die Stadt wieder, aber eine kleine jüdische Gemeinde mit einem eigenen Gebetshaus blieb auch seither weiterhin bestehen.
Die 1861 eingeweihte Neue Synagoge wurde am 9. November 1938 durch die Nazis zerstört. Dort, wo sie stand, wurden 2003 zwei Gedenktafeln angebracht.
Der jüdische Friedhof existiert bis heute, trotz Pläne in den 1970er Jahren, das Gelände für Neubauten freizugeben. Auch sind viele alte Grabsteine noch erhalten. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg sollten zwar alle deutschen Grabinschriften zerstört werden, dies wurde jedoch durch die jüdische Gemeinde verhindert.
In der 1903 erbauten Begräbnishalle des jüdischen Friedhofs eröffnete 2019 das Haus der Erinnerung der Juden Oberschlesiens als Zweig des Gleiwitzer Museums. Das neogotische Gebäude des Wiener Architekten Max Fleischer (1841–1905) war zuvor auf Initiative der Stadtregierung aufwendig restauriert worden. Auf 150 Quadratmetern erzählt die Dauerausstellung die Geschichte der Juden Oberschlesiens, insbesondere in der Zeit zwischen 1800 und 1945.
Dauerausstellung, wechselnde Ausstellungen, Seminarraum
Dienstag bis Freitag 10.00 bis 16.00, Samstag 11.00 bis 17.00, Sonntag 10.00 bis 15.00
info@muzeum.gliwice.pl
+48 (0) 32 428 16 09
ul. Księcia Józefa Poniatowskiego 14
44–100 Gliwice