• Erinnerung an die ermordeten Juden von Botoschan
In Botoschan (rumänisch: Botoșani) erinnern zwei jüdische Friedhöfe und eine Synagoge an die einst reiche jüdische Kultur der Stadt.
Bild:Botoschan, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei
Botoschan, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei

Bild:Botoschan, 2015, Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Botoschan, 2015, Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Botoschan, im Nordosten Rumäniens in der historischen Region Moldau gelegen, wurde 1439 das erste Mal namentlich erwähnt. Juden lebten dort ab Anfang des 17. Jahrhunderts.
Am Ende des 19. Jahrhunderts waren etwa die Hälfte der Einwohner Juden, die jüdische Gemeinde war eine der größten in der Region. Gleichzeitig gab es auch starke antijüdische Stimmungen in der Bevölkerung, die im Bauernaufstand von 1907 ihren Höhepunkt erreichten, als Gruppen von Bauern jüdische Geschäfte und Häuser verwüsteten und die jüdische Gemeinde terrorisierten.
1930 zählte die jüdische Gemeinde 11.840 Mitglieder, was etwa 37 Prozent der Einwohner entsprach. Die Zahl stieg durch den Zuzug jüdischer Flüchtlinge nach dem deutschen Angriff auf Polen 1939 leicht an.
Nach der Machtübernahme durch General Ion Antonescu im September 1940, der zunächst auch die faschistische Eiserne Garde an der Regierung beteiligte, traten eine Reihe antijüdischer Verordnungen in Kraft. Juden mussten in Zwangsarbeit Straßen und Brücken bauen oder für die Armee arbeiten. Davon waren in Botoschan bis zu 8.000 Juden betroffen. Außerdem wurden Juden zur Abgabe von Kleidung gezwungen, was sich viele ärmere Juden jedoch nicht leisten konnten. Es blieb an der jüdischen Gemeinde von Botoschan hängen, die Forderungen durch Geldzahlungen zu begleichen.
Nach dem Angriff der Achsenmächte auf die Sowjetunion, an der sich auch Rumänien beteiligte, schwappte eine Welle der antisemitischen Gewalt über das Land. Viele Juden flohen vom Land nach Botoschan. Daher gründete die jüdische Gemeinde mehrere neue Wohlfahrtseinrichtungen und Schulen. Während des Krieges deportierten rumänische Behörden viele Juden ins rumänisch besetzte Gebiet Transnistrien deportiert, so auch aus Botoschan.
Mit dem Anrücken der Roten Armee 1944 herrschte Chaos in der Stadt. Juden wurden gezwungen, Verteidigungsanlagen zu errichten. Als die rumänische Armee aus der Stadt abrückte, übernahm die jüdische Gemeinde den Großteil der kommunalen Aufgaben. Sie gründete eine Bürgerwehr und verwaltete städtische Einrichtungen wie das Krankenhaus.
Bild:Botoschan, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei
Botoschan, o.D., Alte Ortsansicht, gemeinfrei

Bild:Botoschan, 2015, Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Botoschan, 2015, Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Unter der Herrschaft Antonescus (ab September 1940) wurden viele Juden verschleppt, gefoltert oder zur Zwangsarbeit gezwungen. Ihre Zahl wird auf etwa 8.000 geschätzt.
Etwa 148 Juden wurden nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 nach Transnistrien, in das von Rumänien besetzte Gebiet der Ukraine, verschleppt und dort aller Wahrscheinlichkeit nach später von rumänischen oder deutschen Einheiten ermordet.
Bild:Botoschan, 1930er Jahre, Eine jüdische Hochzeitsgesellschaft, Yad Vashem
Botoschan, 1930er Jahre, Eine jüdische Hochzeitsgesellschaft, Yad Vashem

Bild:Botoschan, 2015, Jüdischer Friedhof, Christian Herrmann
Botoschan, 2015, Jüdischer Friedhof, Christian Herrmann
Die Rote Armee eroberte die Stadt am 7. April 1944. Nach dem Krieg, als viele Juden aus Transnistrien zurückkehrten und viele Juden vom Land in die Stadt zogen, zählte die jüdische Gemeinde über 19.000 Mitglieder. Die Mehrheit wanderte kurze Zeit später nach Israel aus. 1969 blieben noch 500 jüdische Familien in der Stadt. Heute existiert in Botoschan noch eine kleine jüdische Gemeinde.
Von den ursprünglich vier Synagogen ist heute nur noch die Synagoge »Hoihe Sil« (heute auch »Mare«, also Große Synagoge genannt) erhalten geblieben. Sie wurde 1834 erbaut und ist somit eine der ältesten in der Region. Die Inneneinrichtung im Stil der Neorenaissance besteht aus Gemälden und Deckenfresken, die Szenen aus Jerusalem und religiöse Symbole darstellen. Ein fein gearbeiteter Kronleuchter hängt von der hohen Decke. Die Synagoge, die von hohen Neubauten aus sozialistischer Zeit umgeben ist, wurde von 2008 bis 2012 restauriert.
Zwei jüdische Friedhöfe sind noch erhalten. Auf ihnen prägen Grabmale aus Metall das Bild, viele haben jedoch durch Witterung und Vandalismus gelitten. Die Datierungen der Grabsteine auf dem neueren Friedhof gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück, das Entstehungsdatum des älteren Friedhofs lässt sich nicht mehr genau bestimmen.
Bild:Botoschan, 2015, Die Synagoge »Hoihe Sil«, Christian Herrmann
Botoschan, 2015, Die Synagoge »Hoihe Sil«, Christian Herrmann

Bild:Botoschan, 2015, Jüdischer Friedhof, Christian Herrmann
Botoschan, 2015, Jüdischer Friedhof, Christian Herrmann
Bild:Botoschan, 2012, Die Wände der Synagoge sind mit bunt bemalt, Boris Khaimovich, Center for Jewish Art
Botoschan, 2012, Die Wände der Synagoge sind mit bunt bemalt, Boris Khaimovich, Center for Jewish Art
Bild:Botoschan, 2012, Kunst in der Synagoge, Boris Khaimovich, Center for Jewish Art
Botoschan, 2012, Kunst in der Synagoge, Boris Khaimovich, Center for Jewish Art
Bild:Botoschan, 2012, Kunst in der Synagoge, Boris Khaimovich, Center for Jewish Art
Botoschan, 2012, Kunst in der Synagoge, Boris Khaimovich, Center for Jewish Art
Bild:Botoschan, 2017, Von der Decke der Synagoge hängt ein imposanter Kronleuchter, George Dumitriu
Botoschan, 2017, Von der Decke der Synagoge hängt ein imposanter Kronleuchter, George Dumitriu
Name
Memoria evreilor uciși din Botoșani
Adresse
Sinagoga Mare, Strada Marchian 1
710210 Botoșani
Web
http://cja.huji.ac.il/browser.php?mode=treefriend&id=5693&f=origin
Öffnungszeiten
Die Synagoge und die Friedhöfe sind zu ihren jeweiligen Öffnungszeiten zugänglich.